Prolog
Dummes Mädchen.
Ich hätte mich fernhalten sollen.
Die letzten Jahre waren völlig umsonst. Mit meiner Abwesenheit habe ich absolut nichts erreicht, außer einem größeren Misstrauen und einer tieferen Kluft im Herzen, die dadurch entstanden ist, dass ich tatsächlich Hoffnung hatte. Doch diese ist nun verloren.
Er steht hinter mir und streicht mir mit dem Zeigefinger das zerzauste Haar aus dem Rücken. Diese Geste lässt mich erschauern. Nicht vor Lust, wie es bei Denham der Fall ist, sondern vor Abscheu. Ein Schauer, der sich tatsächlich durch meinen Magen und die ganze Wirbelsäule hinaufzieht. Ich glaube, ich muss mich übergeben. Ich versuche, die Angst zu vertreiben, und presse die Lippen fest aufeinander. Ich werde stark sein. Er wird mich nicht noch einmal brechen.
Aber ich weiß um die Macht, die er über mich hat.
Die Macht, die mich zu Staub verwandeln kann.
„Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich gehen lassen?“, fragt er mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme. „Hast du das?“ Er kommt noch näher, berührt mich aber nicht. „Mein dummes, schönes Mädchen …“
Seine Nase berührt meine Schulter. Er zieht sie an meinem Hals entlang nach oben und atmet dabei ein. Das bringt mich zum Würgen.
„Ich kann den Geruch eines anderen Mannes riechen, Arianna.“ Er hält inne und ich halte den Atem an, bereite mich auf das vor, was als Nächstes kommen könnte. „Du stinkst … nach Sex.“
Es mag eine Weile her sein, dass ich ihn zuletzt gesehen habe, aber ich kann mich an seine Züge erinnern. Vor meinem inneren Auge sehe ich den wilden Blick in seinen Augen und wie er die Lippen kräuselt. Als er mich grob am Hinterkopf packt, schreie ich auf. Jede Haarwurzel wimmert, als ich spüre, wie sich sein Griff verstärkt.
„Wie konntest du nur glauben, ich würde dich nicht finden? Wie konntest du nur glauben, du wärest frei?“ Er singt die Worte beinahe, ein quälendes Wiegenlied, kaum mehr als ein Flüstern, aber laut genug, um in meinem Kopf widerzuhallen. „Geld regiert die Welt, Arianna. Und in deinem Fall war das Geständnis billig.“
Das Klingeln in meinem Kopf wird lauter. Es hallt weiter. Mein Blick verliert den Fokus. Der Schmerz in meinem Kopf übernimmt die Kontrolle. „Bitte …“, bringe ich wimmernd hervor. Ich hasse es, so verzweifelt zu klingen, aber ich weiß keinen anderen Ausweg.
„Mein. Dummes. Schönes. Mädchen.“ Jedes Wort wird von einem Hauch abgestandener Luft auf meiner Haut unterstrichen.
Er legt den Arm von hinten um meinen Hals und übt gerade so viel Druck aus, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich spüre die Panik aufsteigen, aber mein Körper bleibt vor Angst wie gelähmt. Gedanklich suche ich nach Wegen, um hier herauszukommen, nach Möglichkeiten, dieses Intermezzo zu beenden, doch dann durchdringt ein scharfer Schmerz meinen Oberschenkel, gefolgt von einem brennenden Gefühl. Die Mischung aus seinem festen Griff und der Erkenntnis, dass er mir gerade eine Nadel ins Bein gejagt hat, bringt mich völlig aus dem Gleichgewicht.
Wird er mich umbringen? Ich mobilisiere jedes Quäntchen Kraft, das ich in meinem Körper finden kann, und kralle die Fingernägel in seinen Arm. Er lockert den Griff, lässt mich fluchend los und ich renne. Ich renne so schnell und soweit ich kann von ihm weg. Ich schaffe es bis zum Schlafzimmer, doch dann verengt sich mein Blickfeld und die Sicht verschwimmt. Das Adrenalin treibt die Substanz, die er mir injiziert hat, mit Höchstgeschwindigkeit durch meinen Körper. Sie wirkt schnell, meine Beine verlieren an Kraft und knicken unter mir weg.
Der Boden scheint sich mir entgegen zu heben, und mein Kopf schlägt mit solcher Wucht auf, dass ich das Bewusstsein verliere. Die Welt wird schwarz. Der letzte meiner Sinne, der mich verlässt, ist mein Gehör. Alles klingt, als wäre mein Kopf unter Wasser. Ich höre ihn, schwere Schritte, die neben mir zum Stillstand kommen. Ein böses Lachen dringt aus seinem Innersten, und ich versuche, gegen meinen Körper anzukämpfen, versuche, die letzten Bewusstseinsreste zusammenzukratzen, aber es ist zwecklos.
„Du versuchst immer noch zu fliehen, Arianna. Du wirst es nie lernen.“
Ich werde zur Seite gerissen, und ein letzter bewusster Atemzug verlässt meinen Körper, als sein Stiefel meine Rippen trifft. Meine Muskeln verkrampfen. Alte Verletzungen schmerzen. Ich bin mir dessen bewusst, aber ich spüre nichts.
Ich spüre nichts mehr, nehme nur noch Geräusche wahr, doch auch diese werden langsam leiser … verklingen …
„Du gehörst mir. Du wirst immer mir gehören.“ Seine Stimme ist kontrolliert. Berechnend. Doch sie schwindet mit jeder verstreichenden Sekunde. „Du wirst zu mir zurückkommen. Du gehörst mir. Du wirst schon sehen.“
Dummes. Schönes. Mädchen.
Kapitel 1
Denham
Ich kann solchen Mist heute wirklich nicht gebrauchen. Diese Woche gab es jeden Tag Probleme.
Probleme mit dem Personal. Probleme mit dem Casino. Und jetzt, zum dritten Mal in dieser Woche, Probleme mit den Überwachungskameras. Man sollte meinen, dass sie für die Summen, die ich Dom und seinem Team bezahle, einwandfrei funktionieren müssten, aber nein.
Und zu allem Überfluss muss ich auch noch meine Freundin allein lassen, um mich darum zu kümmern.
Meine Freundin. Die Frau, die ich an diesem Morgen nur mit einer Decke um ihren weichen, sexy Körper gewickelt in meinem Penthouse zurücklassen musste. Die mich mit einem brennenden Kuss verabschiedete, der voller Versprechen war, sodass ich noch immer eine Wahnsinns-Erektion habe.
Ich könnte also wirklich darauf verzichten, mich hier um Dinge zu kümmern, für die ich anderen Leuten verdammt viel Geld bezahle.
„Jack!“, brülle ich in meinem Büro, ohne zu wissen, ob er in Hörweite ist, aber was soll’s. Dann schreie ich eben lauter. „Jack!“
Er stößt die Tür auf, sein freundliches Gesicht strahlt Ruhe aus. „Ja, Sir?“
Verdammt, jetzt fühle ich mich wie ein Arschloch. Jack ist einer meiner langjährigsten Mitarbeiter, er ist wie ein Bruder. Tatsächlich ist er mein engster Freund. Er kommt zu Familienessen und besonderen Anlässen. Und für mich fühlt es sich so an, als gehöre er dorthin. Aber ich bin mir sicher, dass er das anders sieht. Für ihn ist es Teil seiner Arbeit.
„Das System hat wieder eine Störung“, knurre ich gereizt. „Wo zum Teufel ist Dom?“
„Ich werde ihn rufen lassen, Sir.“
„Ich will keinen seiner verdammten Handlanger. Ich will ihn in zehn Minuten hier haben. Wenn er länger braucht, ist er gefeuert. Verstanden?“
„Ja, Sir.“ Jack nickt, dann geht er und schließt die Tür leise hinter sich. Ich habe nicht einmal die Gelegenheit, mich zu bedanken, was mir Gewissensbisse verursacht. Ich will Jack nicht anschreien. Er muss sich wirklich einiges von mir gefallen lassen, aber er weiß auch, was für mich auf dem Spiel steht. Er arbeitet seit mindestens fünfzehn Jahren für The Kingdom. Er war die rechte Hand meines Vaters, und jetzt ist er meine. Ich nehme mir vor, mich ihm gegenüber nicht mehr wie ein Arschloch aufzuführen. Ich muss ihm nichts beweisen, und ich weiß, dass er mich nicht ausnutzen würde, so wie es einige der anderen Angestellten wahrscheinlich täten.
Manchmal wünsche ich mir, ich hätte einen normalen Job, bei dem ich in irgendeinem Büro Zahlen eintippe oder in einem Club Drinks ausschenke. All das wäre verdammt viel einfacher als das hier. Aber es wäre nichts wert, es wäre nicht dasselbe.
Ehre und Stolz spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Es ist wirklich früh, zu früh, um sich mit solchen Angelegenheiten herumzuschlagen, und viel zu früh für einen Drink, auch wenn ich Lust darauf hätte, während ich auf Dom warte. Also lasse ich meine Frustration an den Tasten des Kamera-Systems aus und hämmere darauf herum, als würde es dadurch auf magische Weise wieder funktionieren. Tut es aber nicht.
Einen Moment lang habe ich befürchtet, das ganze System sei ausgefallen. Im Moment sieht es aber so aus, als wären nur die Kameras in der Lobby, im inneren Aufzug und an den Ausgängen betroffen.
Gerade als es schüchtern an der Tür klopft, klingelt mein Handy. Ich schalte es auf lautlos, ohne auch nur nachzusehen, wer da angerufen hat.
„Ja“, belle ich.
Vorsichtig drückt Dominic die Tür auf und macht ein paar zögerliche Schritte nach vorne. „Sie haben mich gerufen, Mr King?“
„Ja, Dominic. Komm rein und setz dich kurz zu mir.“
Ich habe tief durchgeatmet, für einen Moment meine innere Ruhe wiedergefunden und an meine Freundin gedacht. Ja, ich wäre viel lieber bei ihr, als mich mit diesem Scheiß herumzuschlagen. Aber Arianna hat an diesem Vormittag etwas zu erledigen, und wenn ich nichts hätte, womit ich mich beschäftigen könnte, würde ich die Zeit bis zu ihrer Rückkehr einfach vertrödeln. Mich mit dem Überwachungssystem auseinanderzusetzen macht zwar keinen Spaß, ganz im Gegenteil, aber zumindest habe ich etwas zu tun.
Dominic sitzt mit hängenden Schultern im Sessel vor meinem Schreibtisch. Er hält die Beine zusammengepresst und seine Hände liegen fest ineinander verschränkt auf den Knien. Irgendetwas an dieser Pose bringt mich dazu, ihn hochheben, schütteln und ihm sagen zu wollen, er solle sich zusammenreißen.
„Dominic … bezahle ich dich gut oder nicht?“, frage ich. Das ist keine Fangfrage.
„Ja, Sir, Sie bezahlen mich sehr gut.“
Ich stehe auf und gehe langsam um den Schreibtisch herum. Als ich mich rechts neben ihm auf die Lehne setze, rutscht er nervös hin und her. „Dann erkläre mir bitte, warum das Überwachungssystem, für dessen Betrieb ich dich und ein Team von vier weiteren Mitarbeitern bezahle, seit einer Woche jeden Tag nur Probleme macht.“
„Wir arbeiten rund um die Uhr daran, Mr King. Es scheint einen Fehler zu geben, aber bisher konnten wir ihn nicht finden.“
„Wäre es also einfacher, ein komplett neues System zu kaufen und zu installieren?“, frage ich ungeduldig.
„Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel das kosten würde, Sir?“
„Du beantwortest meine Frage mit einer Gegenfrage“, murre ich ungeduldig, weil er mir ausweicht. „Geld ist hier nicht das Problem. Ich möchte, dass das Kingdom wie ein Uhrwerk läuft.“
„Sir, ich glaube nicht, dass das die Lösung ist. Wir müssten die Sicherheitskameras für eine ganze Weile komplett herunterfahren, bevor das neue System einsatzbereit wäre. Wäre es nicht besser, wenn wir zumindest eine gewisse Abdeckung hätten, während wir an einer Lösung arbeiten?“
„Na gut. Brauchst du mehr Leute?“ Ich bin selbst überrascht, wie gelassen ich mit dieser Situation umgehe.
„Nein, Sir.“
„Dann schwing deinen Hintern aus meinem Büro und mach dich an die Arbeit. Ich gebe euch zwei Tage Zeit, um das zu regeln. Sonst hole ich mir ein anderes Expertenteam, das euren Platz einnimmt, verstanden?“
„Ja, Sir“, antwortet er, bewegt sich aber immer noch nicht.
„Nun?“
„Äh …“
„Raus hier.“
Hastig rappelt er sich aus dem Sessel auf und huscht zur Tür hinaus.
Nutzloser Mistkerl.
Wäre er nicht der Beste in seinem Fach, hätte ich ihn längst gefeuert. Aber Tatsache ist, wenn er es nicht reparieren kann, kann es keiner. Er braucht nur ab und zu einen Tritt in den Hintern.
Ich gehe zurück zum Schreibtisch und schaue aufs Handy. Zwei verpasste Anrufe von Beth.
Ich rufe sie zurück und warte, bis sie abhebt.
„King, wo zum Teufel bist du?“, fragt sie ungeduldig, und ich lache leise.
„Guten Morgen, Beth. Schön, deine Stimme zu hören.“ Ich lehne mich in dem schwarzen Ledersessel zurück und strecke mich.
„Hör auf damit, King. Wo ist dein Mädchen? Sie hätte vor einer halben Stunde hier sein sollen, aber sie ist nicht erschienen. Hat das etwas mit dir zu tun? Denn ich lasse es dir nicht durchgehen, wenn du sie in deinem Schlafzimmer festhältst und sie deshalb zu spät kommt …“
Ich spüre, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht, als ich abrupt aufstehe und zwischen meinem Schreibtisch und der Tür auf und ab gehe.
Sie ist nicht da? Wo könnte sie sein? Sie hat sich an diesem Morgen so auf das Treffen mit Beth gefreut.
„Hast du sie angerufen? Vielleicht hat sie auf dem Strip die Zeit vergessen, du weißt ja, wie leicht das passieren kann …“
„Das habe ich. Mehrmals. Deshalb frage ich ja dich. Wenn du sie vor mir findest, kannst du sie dann bitten, mich zurückzurufen? Es gibt noch viel zu besprechen, bevor sie anfängt.“
„Klar. Ich schaue mal in ihrem Apartment nach.“ Auch wenn es mir nicht lustig vorkommt, scherze ich: „Vielleicht sucht sie noch nach etwas Passendem zum Anziehen, bevor sie sich mit der bestgekleideten Schönheit von ganz Vegas trifft.“ Aus diesem Grund habe ich ihr ein Handy besorgt. Damit ich oder jeder andere sie jederzeit erreichen kann.
„Du bist aalglatt, King, aber das macht es nicht besser“, murrt sie.
„Ich weiß.“ Ich seufze. „Ich kümmere mich darum.“
Ohne sich zu verabschieden, legt sie auf, und ich murmele frustriert vor mich hin. Beth toleriert Verspätungen nicht, kein Wunder, dass sie wütend ist. Arianna wird hart arbeiten müssen, um diesen Fehlstart wiedergutzumachen.
Ich mache mich auf den Weg zum Penthouse und drücke ungeduldig auf die Aufzugsknöpfe. Keine Ahnung, warum es mich so irritiert, dass sie nicht zur Arbeit erschienen ist. Ich weiß, wie aufgeregt Arianna wegen des Jobs war, und hätte schwören können, dass nichts sie hätte aufhalten können. Sie hätte den Termin doch nicht vergessen, oder? Vielleicht kenne ich sie doch nicht so gut wie gedacht, und sie ist eine chronische Zuspätkommerin. Aber nicht einmal das erklärt, warum sie nicht ans Telefon geht. Oder liegt es daran, dass ich ihr so verfallen bin, dass ich es unerträglich finde, nicht zu wissen, wo sie ist, es hasse, dass sie nicht jede Minute des Tages bei mir ist, oder unter mir, oder auf mir.
Sobald sich die Tür öffnet, stürze ich in den Aufzug und stoße in meiner Eile fast jemanden um. Er hat eine Aktentasche dabei, die mit einem dumpfen Schlag zu Boden fällt.
„Scheiße“, fluche ich. „Tut mir leid, Mann“, sage ich und klopfe dem Mann auf den Rücken. Ich bücke mich, um seine Tasche aufzuheben, aber er ist schneller und drückt sie dann schützend an seine Brust.
„Kein Problem“, antwortet er. Er wirkt nervös, seine dunklen Augen huschen umher, aber wir sind hier in Las Vegas und man weiß nie, wem man über den Weg läuft. Wenn ich nicht in solcher Eile wäre, würde ich ihn auf den Überwachungskameras beobachten lassen, nur um sicherzugehen, dass er nichts anstellt, aber im Moment habe ich nur Arianna im Kopf. Die Kameras würden momentan wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren.
Ich fahre hinauf ins Penthouse und stelle fest, dass mein Apartment leer ist. Wieder im Flur fällt mir auf, dass die Tür zu Ariannas Suite einen Spalt breit offen steht. Ich drücke sie weiter auf und auf einmal stehen mir die Haare im Nacken zu Berge. Irgendetwas stimmt hier nicht.
„Arianna!“, rufe ich. „Arianna!“, aber immer noch keine Antwort.
Ich gehe ins Schlafzimmer und mir kommt es vor, als träfe mich eine Abrissbirne in die Brust.
Bilder meines Vaters schießen mir durch den Kopf, zusammen mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und Verwirrung.
Mein Mädchen. Mein wunderschönes Mädchen.
Sie liegt auf dem Boden. Sie ist nackt. Sie ist … Atmet sie noch?
Ich renne zu ihr, lasse mich auf den Boden fallen, um sie auf meinen Schoß zu heben, stütze ihren Oberkörper und schiebe ihr die Locken aus dem Gesicht.
„Arianna? Süße …“ Ich spreche leise auf sie ein, während ich sie abtaste und herauszufinden versuche, was in der kurzen Zeit, in der ich weg war, passiert ist. Sie atmet, aber nur flach, und der Gedanke, sie zu verlieren, lähmt mich. Ich habe sie noch nicht lange genug, um sie jetzt schon zu verlieren.
Ein Kloß bildet sich in meiner Kehle, aber ich schlucke ihn hinunter und ziehe das Handy aus der Tasche.
„Jack. Ich brauche dich hier oben, sofort! In Ariannas Wohnung ist etwas passiert … Verdammt, ich weiß nicht, was passiert ist, aber sie ist bewusstlos und …“
„Ich bin sofort da, Sir“, versichert mir Jack in seiner ruhigen Art.
„Es ist okay, Süße … Wir bringen dich in die Notaufnahme, und alles wird gut“, flüstere ich ihr zu, bin mir aber unsicher, ob sie mich hören kann. Vielleicht dienen diese Worte eher dazu, mich selbst zu beruhigen.
Sie sieht so klein und hilflos aus. Ihre Glieder sind schlaff. Ihr Körper ist kraftlos. Da ist keine warme Zuneigung, die von ihrer Seele ausgeht.
Was zum Teufel ist passiert?
„Scheiße“, zische ich. Auf keinen Fall darf Jack sie so sehen. Egal wie die Situation ist, ich will nicht, dass ein anderer Mann ihren nackten Körper sieht.
Vorsichtig lege ich sie für einen Moment auf den Boden, dann nehme ich ein Kissen vom Bett und schiebe es unter ihren Kopf. Ich durchsuche die Schubladen und hole eine dieser kleinen Shorts heraus, die ihren Hintern so verdammt süß aussehen lassen, obwohl dieser Moment nichts auch nur annähernd Erotisches an sich hat. Gerade als ich den Aufzug kommen höre, ziehe ich sie ihr über die Beine. Es bleibt keine Zeit, ihr ein Oberteil zu suchen, also ziehe ich mein T-Shirt aus und stülpe es ihr über den Kopf. Als Jack den Raum betritt, ist sie so gut wie eben möglich bedeckt.
„Du musst uns in die Notaufnahme fahren.“
„Ja, Sir“, sagt er ruhig, aber seine Augen verraten Besorgnis.
„Ruf Spike an und sag ihm, dass er heute Nachmittag die Verantwortung hat. Er kann mich via Handy erreichen.“
Jack nickt. „Brauchen Sie Hilfe, um sie hochzuheben?“, fragt er.
„Nein“, fahre ich ihn an. Niemand fasst sie an, wenn sie in diesem verletzlichen Zustand ist. Nicht einmal Jack. „Ich schaffe das schon.“
Stur hebe ich sie in meine Arme, und Jack folgt mir aus der Wohnung hinunter zum wartenden Auto.