Leseprobe Die perfekte Ehefrau | Der nervenaufreibende Domestic Thriller mit Suchtpotential

Erstes Kapitel

Chloe

Als ich aus der Toilettenkabine in den Vorraum des Badezimmers trat, stand eine kurvige Rothaarige an einem der Porzellanwaschbecken, blickte in den geschwungenen Spiegel und trug Lippenstift auf. Ihr Mund formte ein perfektes O, während sie ihren Kupidobogen färbte. Der blutrote Farbton passte perfekt zu ihrem Kleid, das aussah, als sei es maßgeschneidert. Es schmiegte sich an ihre schmale Taille, umschmeichelte dabei die Rundung ihres Pos und erinnerte mich an Jessica Rabbit.

Ich stand neben ihr und fuhr mit einer Hand vorsichtig über mein sandblondes Haar, wollte nichts anderes, als es aus dieser Spange zu befreien, in der es eingeklemmt war. Meinem Mann, Tom, gefiel es, wenn ich mein Haar hochsteckte. Er sagte immer, ich sähe damit stilvoll und souverän aus. Mir gefiel es nicht. Es störte mich, dass die tiefen Kuhlen meiner Schlüsselbeine in dem schwarzen schulterfreien Kleid, das Tom für mich ausgesucht hatte, so offensichtlich zur Schau gestellt wurden. Meine Befürchtung bestätigte sich: Neben dieser ätherischen Schönheit sah ich aus wie ein Kind im Kleid seiner Mutter.

Die Rothaarige sprach nicht, lächelte aber höflich. Ich wusch mir die Hände und konnte den Blick nicht ganz von ihr abwenden. In ihren Händen lag ein Los, auf dem die Zahl Neun aufgedruckt war. Sie warf einen Blick darauf, bevor sie es im tiefen Ausschnitt ihres Kleides verschwinden ließ.

„Wofür ist das Los?“, fragte ich und erinnerte mich vage, dass Harry Poulter, CEO und Eigentümer von Middeon, den Direktoren kleine Zettel überreicht hatte, als sie auf Glenthorne Manor, dem Ort des Firmenessens, angekommen waren.

Die Rothaarige warf ihr Haar zurück, wodurch die glänzenden Wellen über ihre milchweißen Schultern wippten. Sie kicherte. „Das ist für mich, Darling“, sagte sie mit einem sanften südirischen Akzent, verstaute ihren Lippenstift in einer goldenen Handtasche und betrachtete sich noch einmal im Spiegel.

„Sie?“, fragte ich und runzelte die Stirn. Es war seltsam, neben jemandem zu stehen und sich dennoch mit seinem Spiegelbild zu unterhalten. Als wäre diese Person nicht ganz real.

Ihr Blick wanderte über meinen Körper und ließ mich völlig ungeschützt zurück. „Du bist zum ersten Mal hier, habe ich recht?“

Ich nickte mit den Kopf. Auch Tom war noch nie bei einer dieser vierteljährlichen Veranstaltung gewesen, zu der nur die oberste Riege des Technologieunternehmens eingeladen wurde. Tom war erst kürzlich zum Finanzdirektor befördert worden und galt nun als Harrys aufsteigender Stern. Mit seinem zarten Alter von sechsunddreißig Jahren war er der jüngste Direktor in der Geschichte von Middeon, und die Einladung war für ihn natürlich eine große Sache.

Ein Drei-Gänge-Galadinner in Harrys imposantem Zuhause in Turners Hill, einem gemütlichen Dorf in Mid Sussex, etwa fünfzehn Minuten von unserem Wohnort Copthorne entfernt. Ich hatte keine Ahnung, was Middeon machte – sie stellten Computerchips her oder so –, auf jeden Fall wurden sie immer besser darin.

„Haben Sie noch einen schönen Abend“, sagte die Rothaarige, strich sich ein letztes Mal durchs Haar und ließ mich allein im Waschraum zurück. Nur das leiser werdende Klicken ihrer Absätze war noch zu hören. Ich verzog das Gesicht, denn ich wusste immer noch nicht, was es mit dem Los auf sich hatte. Was in aller Welt hatte sie damit gemeint?

Verwirrt trocknete ich meine Hände an einem der weichen Handtücher und ging zurück zu Tom.

Vierzehn Gäste saßen an einem großen, lang gezogenen Tisch in einem Raum, den man nur als Ballsaal bezeichnen konnte. Die Wände waren mit Eichenholz getäfelt, eine Seite des Saals wurde von raumhohen Bogenfenstern dominiert, durch die die sanften Strahlen der untergehenden Sonne fielen. Über den Köpfen der Gäste schwebte ein riesiger Kronleuchter und in einer Ecke thronte ein Konzertflügel aus Ebenholz.

Die Direktoren waren alle männlich, mit Ausnahme der Leiterin der Personalabteilung, einer steifgesichtigen Frau in den Fünfzigern, die genau wie Graham Spectre, der technische Leiter, ohne Begleitung gekommen war. Die anderen wurden von ihren ordentlich frisierten Ehefrauen begleitet.

Ich ließ mich auf meinem Platz nieder und versuchte so auszusehen, als gehörte ich dazu, obwohl ich – wie auch Tom – mindestens zwanzig Jahre jünger war als der Rest der Gruppe. Ich hatte mich den ganzen Abend brav an die Regeln gehalten: erst sprechen, wenn man mich anspricht, gerade sitzen, Kinn hoch, Schultern zurück und Hände im Schoß, wenn ich nicht gerade etwas esse.

Tom warf mir einen Seitenblick zu, als ich die Serviette wieder in meinen Schoß legte, verärgert, dass ich meinen Platz verlassen hatte. Doch der Champagner, den wir zur Begrüßung bekommen hatten, war geradewegs in meine Blase geflossen.

„Tut mir leid, ich musste warten“, erklärte ich.

Tom lächelte knapp und nahm sein Gespräch mit der Frau von Jim Robbins, dem Marketingdirektor, der rechts von ihm saß, wieder auf.

Ich griff nach meiner Gabel, um mich dem Filet Mignon zu widmen. Drei Bissen hatte ich noch, bevor ich mein Limit von zehn erreichte. Mir war klar, dass er mitzählte. Das tat er immer.

Als ich den Saum meines Kleides ordnete, weil er sich am Stuhl verfangen hatte, bemerkte ich auf dem Boden zu meiner Linken einen Loszettel. Unter dem Vorwand, meinen Rock zu richten, griff ich nach unten. Es war die Nummer neun. Das Gegenstück zum Los der Frau im Bad. Ob es das Gewinnerlos war? Niemand hatte eine solche Aktion erwähnt, geschweige denn welche Preise man hätte gewinnen können. Allerdings hatte Tom erzählt, dass Harry für seine überschwänglichen Gesten berüchtigt war, also nahm ich an, dass etwas Besonderes passieren würde.

Mein Sitznachbar Graham, ein dicklicher Mann mit einem polternden Lachen, das mich zusammenzucken ließ, hatte nicht bemerkt, dass sein Los zu Boden gefallen war. Mit dem kleinen Abriss in meiner feuchten Handfläche trank ich einen Schluck Wein und schielte unauffällig auf Toms Los, das er unter sein Glas geklemmte hatte. Er war viel zu sehr in sein Gespräch vertieft, um zu bemerken, dass ich die Zettelchen vertauschte. Sie müssen verteilt worden sein, als ich auf der Toilette war. Stand mir auch eins zu oder gab es nur ein Los pro Paar?

Ich scannte den ganzen Tisch und entdeckte dabei die geheimnisvolle Rothaarige – neben Harry Poulter. Sie warf ihren Kopf zurück und lachte über etwas, das er ihr ins Ohr geflüstert hatte. Von Tom wusste ich, dass Harry verwitwet war, aber sollte sie wirklich seine aktuelle Geliebte sein? Harry ging auf die Sechzig zu, er trug einen enormen Bauch mit sich herum, hatte tiefe Geheimratsecken und Rosacea im Gesicht. Mir war klar, dass sich manche Frauen zu starken und vor allem reichen Männern hingezogen fühlen, doch mein Instinkt sagte mir, dass die Rothaarige keine solche Frau war.

„Schmeckt dein Steak, mein Schatz?“, fragte Tom und unterbrach meine Gedanken.

„Es ist köstlich“, antwortete ich mechanisch, obwohl es mir zu blutig war. Mit jedem Bissen, den ich abschnitt, sammelte sich mehr rote Flüssigkeit am Rand meines Tellers.

„Iss nicht zu viel, es kommt noch ein Gang.“ Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. Das tat es schon lange nicht mehr.

Ich gab auf, legte meine Gabel zurück auf den Teller und die Hände in den Schoß, meine Wangen brannten.

Ich beobachtete, wie sein Blick dorthin flackerte, wo meiner Sekunden zuvor gewesen war – und wie sich seine Lippen öffneten. Er hatte schon immer eine Vorliebe für Rothaarige gehabt, konnte sich selbst bei einer Schauspielerin im Fernsehen kaum einen Kommentar verkneifen, und sie war exquisit.

Ein paar Minuten später wurden unsere Teller abgeräumt und man servierte das Dessert, ein winziges Stück Käsekuchen mit dunkler Schokolade. Die Gäste stöhnten vor Vergnügen angesichts der Dekadenz auf ihren Tellern. Ich nahm einen kleinen Bissen – den ersten von zehn, die mir erlaubt waren –, sofort schmiegte sich die reichhaltige Creme an meinen Gaumen. Es fiel mir schwer, sie zu schlucken. Ich betupfte meine Lippen mit der elfenbeinfarbenen Serviette, beobachtete die anderen Gäste und lauschte den verschiedenen Gesprächsfetzen.

Tom hatte den ganzen Abend kaum mit mir gesprochen, doch ich wusste, dass er Kontakte knüpfte. Er versuchte, seinen Platz in den obersten Rängen zu finden. Er fummelte gelangweilt an seinen Manschettenknöpfen herum, während er der Frau des Marketingdirektors zuhörte, die mir noch nicht vorgestellt worden war. Die Mitte 50-jährige Frau hatte vogelähnliche Gesichtszüge, trug an jedem Finger einen Ring und an jedem Handgelenk mehrere Reifen, die hell klingelten, als sie Tom von ihrem letzten Besuch in Südfrankreich erzählte.

Eine Sekunde später drehten sich alle Köpfe in Richtung eines klirrenden Glases. Harry Poulter schob seinen Stuhl zurück, sein Bauch spannte gegen die Knöpfe seines weißen Hemdes.

„Ich danke Ihnen, meine wunderbaren Gäste, für Ihre Anwesenheit heute Abend. Es ist Tradition, dass sich die Direktoren nun in den Salon zurückziehen, um ein, zwei Gläser Bourbon zu genießen. Meine Damen, lassen Sie sich derweil gern an der Bar in unserer Bibliothek verwöhnen. Wir haben einen exzellenten Barkeeper, der Ihnen jeden Wunsch erfüllen wird.“

Nach und nach erhob sich die Gesellschaft, Stühle rutschten über das Parkett.

„Kommen Sie, Liebes. Wir besorgen Ihnen jetzt einen Bellini.“ Die Frau, mit der mein Mann während des Essens geplaudert hatte, erschien an meiner Seite und tippte mir sanft auf den Arm, während die anderen den Raum verließen – die Männer in die eine, ihre Ehefrauen in die andere Richtung.

Tom nickte mir zu, bevor er seiner Gruppe folgte. Das Los, das ich ausgetauscht hatte, klemmte nicht mehr unter dem Glas, es lag in seiner Hand.

Ich erhob mich mit wackeligen Beinen, die Aussicht auf Small Talk mit Fremden machte mich nervös.

„Ich bin Anita“, stellte sich die Frau vor, hakte sich bei mir unter und führte mich zum Ausgang.

Zweites Kapitel

Tom

Graham klopfte mir auf die Schulter, als wir den Salon betraten, der in weiches Dämmerlicht getaucht war. Der hintere Teil des Raumes, wo Harry sich an einem verzierten Getränkeschrank zu schaffen machte, wurde von Büchern dominiert, die in Mahagoniregalen aufgereiht standen. Der Raum wirkte einschüchternd, was jedoch eher an der Gesellschaft als an der Einrichtung lag. In dem offensichtlichen Versuch, Gemütlichkeit zu schaffen, hatte man den Wänden ein verschlungenes bordeauxfarbenes Muster gegeben, das seine Bewohner doch eher zu erdrücken schien. Eine Sitzecke aus marineblauen Sofas und Sesseln stand um einen tropfenförmigen Couchtisch herum, ein paar Direktoren hatten ihre Plätze dort bereits eingenommen.

„Jetzt gibts das gute Zeug“, sagte Graham und trat direkt auf Harry zu, der sich aus einem großen Dekanter Bourbon einschenkte.

Ich schloss mich ihm an.

„Natürlich, Tonya. Kein Problem, haben Sie noch einen schönen Abend“, sagte Harry zu der Personalchefin, die sich offenbar anschickte, zu gehen.

„Sie verschwindet immer früh – nicht sehr gesellig, die Dame“, flüsterte Graham in mein Ohr, als sie an uns vorbeirauschte.

In dieser Runde war sie offensichtlich unterlegen, die einzige Frau im Vorstand, trotzdem war ich mir sicher, dass Harry ihre Teilnahme an diesem Abendessen vorausgesetzt hatte. Sie konnte es wahrscheinlich kaum erwarten, der männlichen Kameradschaft zu entkommen.

Harry verteilte Gläser mit Bourbon an diejenigen, die noch keins in der Hand hatten, währenddessen erklärte Graham, dass Tonya unverheiratet, karrierebesessen und keine Frau sei, mit der man sich anlegen sollte.

Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, als mir Harrys Rothaarige auffiel, die in den Saal schlüpfte und sich neben ihm niederließ. Dass er unverheiratet war, wusste ich – war sie sein Date für heute Abend? Wie hatte er es geschafft, diese Frau an Land zu ziehen? Grahams Stimme verschwand im Hintergrund, als sie mich direkt ansah und ihre vollen Lippen ein Lächeln formten. Ich konnte meinen Blick nicht von ihrer Schönheit abwenden und zuckte zusammen, als Harry in die Hände klatschte und sich räusperte.

„Willkommen, Gentlemen. Ich hoffe, Sie haben das Abendessen genossen. Lassen Sie uns auf ein weiteres erfolgreiches Quartal anstoßen.“

Jeder hob sein Glas, in dem die bernsteinfarbene Flüssigkeit herumwirbelte, und nahm einen Schluck.

„Und nun: Zeit für die Verlosung!“

Ich beobachtete, wie sich die anderen sechs Männer gespannt aufrichteten, als Harry mit voller Konzentration seine Mannschaft anstachelte. Ich kramte in meiner Hosentasche nach dem Los und betrachtete stirnrunzelnd die Nummer. Hatte Harry mir nicht die Nummer vier gegeben, als wir ankamen? Wie kam es, dass ich jetzt Nummer neun in den Händen hielt?

„Unsere reizende Savannah hat einen Gewinner gezogen“, gestikulierte er in ihre Richtung, als sie ihm den kleinen Zettel präsentierte. Dann verkündete er laut: „Die Nummer neun!“

Leises Gemurmel ging durch den Raum, die Direktoren prüften ihre Lose. Meine Ohren färbten sich rosa, als mir bewusst wurde, dass ich gewonnen hatte.

Savannah musterte unsere Gesichter in Erwartung des Gewinners.

„Hier“, sagte ich und hielt mein Los in die Höhe.

„Ah, der junge Tom Beswick.“ Harry winkte mich nach vorn und alle Augen richteten sich auf mich.

Als ich neben ihn trat, schüttelte Harry meine Hand und reichte mir einen Umschlag, von dem ich dank Graham wusste, dass er einen Scheck enthielt.

„Ausgezeichnet, ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch, Tom. Dann überlasse ich Sie jetzt Savannahs fähigen Händen.“ Er wies auf Savannah und widmete sich dann wieder dem Raum.

„Also, Gentlemen, wer hat Lust auf eine Runde Poker?“

Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als Savannah ihren Arm unter meinen schob und mich zur Tür führte.

„Verdammter Glückspilz“, murmelte Graham im Vorbeigehen und schaute grimmig auf sein Los. Wie großzügig war dieser Scheck? Graham lebte wirklich nicht am Existenzminimum, trotzdem wirkte er leicht verärgert. Es sei denn, es war mehr zu gewinnen, als ich angenommen hatte.

„Wohin gehen wir?“, fragte ich leise und beugte mich zu Savannah, um ihr süßes Parfüm einzuatmen.

Ein Lächeln tanzte auf ihren Lippen und sie drückte verschwörerisch meinen Arm. „Du wirst schon sehen.“

Drittes Kapitel

Chloe

„Also, was machen Sie so …?“, fragte Anita und reichte mir einen Bellini von der Bar. Winzige Altersflecken übersäten ihren Handrücken. Ihre sehnigen Arme waren schlank, die Haut faltig von zu viel Sonne.

„Chloe“, fügte ich hinzu, „und, na ja, ich war mal Lektorin, aber jetzt … würde ich sagen, stehe ich zwischen den Stühlen.“

„Ich arbeite schon seit Jahren nicht mehr – aber ein paar der Ehefrauen tun es noch. Marcus’ Frau Jill ist Trauerbegleiterin und Antons Frau Victoria arbeitet in einer Auffangstation für Straßenhunde.“ Anita hielt kurz inne, um den Träger ihres marineblauen Kleides zu richten.

„Sie sind Jims Frau?“, fragte ich, weil sie neben ihm gesessen hatte. Tom hatte mich über Jim aufgeklärt, als wir angekommen waren. Wir hatten einander angelächelt, als wir unsere Plätze einnahmen, doch Tom hatte es nicht für nötig gehalten, uns einander vorzustellen. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, den Kellner heranzuwinken, um ein Glas Merlot zu bestellen.

„Genau, wir sind seit dreißig Jahren verheiratet. Weiß der Himmel, warum ich ihn immer noch ertrage.“ Sie lachte trocken, wobei sich ihre Krähenfüße vertieften, Puder saß in den Falten.

„Wann findet denn die Verlosung statt?“ Ich nippte an meinem Cocktail und hoffte inständig, dass ich locker klang. Der Drink war viel zu stark.

Anita zuckte nicht einmal, als sie antwortete. „Die findet im Salon nach dem Dinner statt, hat Jim mir erzählt. Sie ziehen Lose, trinken und pokern, vielleicht eine Stunde lang. Wir Ehefrauen schmieden derweil hier unsere eigenen Pläne.“

„Was gibt es zu gewinnen?“

„Normalerweise ist es ein Scheck – ein Bonus, wenn Sie so wollen. Falls Tom gewinnt, stellen Sie sicher, dass er alles für Sie ausgibt.“ Anita stieß ihr Glas an meines.

„Im Bad habe ich eine Rothaarige getroffen, die ich hier nicht sehe“, sagte ich und ließ meinen Blick über die Frauen im Saal schweifen.

„Oh, Sie meinen Savannah, Harrys neueste Errungenschaft. Sie verkehrt nicht mit uns“, sagte Anita verächtlich und rümpfte die Nase.

Ich wollte unbedingt mehr erfahren, doch eine Stimme hinter uns unterbrach mich.

„Hallo, Neuling.“ Ein Trupp aus vier Frauen scharte sich um uns, jede mit perfekt frisiertem Haar und bodenlangem Kleid aus Seide und Satin. Mein Kleid war aus schwarzem Satin. „Einfach und klassisch“, hatte Tom gesagt, trotzdem fühlte ich mich underdressed.

„Hallo“, antwortete ich und spürte, wie mir Hitze in die Wangen stieg.

„Es ist schön, Sie kennenzulernen – Sie sind Toms Frau, richtig?“

„Chloe“, antwortete ich und wusste nicht, ob ich ihre Hände schütteln oder einen Knicks machen sollte. Stattdessen verharrte ich hilflos in meiner Position und klammerte mich an meinen Bellini, als könnte er diese Frauen abwehren.

„Ich sehe, Sie haben Anita bereits kennengelernt. Ich bin Jill“ – die Brünette mit Lippenstift auf den Zähnen legte eine Hand auf ihre Brust – „und das sind Hannah, Sara und Victoria.“ Sie deutete auf die Frauen neben sich.

„Victoria ist Antons Frau, sie arbeitet in einer Art Tierheim“, warf Anita ein.

Victoria lächelte herzlich, sie wirkte am zugänglichsten. „Irgendjemand muss sich ja um diese armen Kreaturen kümmern“, sagte sie.

Ich lächelte ebenfalls und nickte allen höflich zu.

„Ich werde sicher noch das ein oder andere Mal nach Ihren Namen fragen müssen“, gab ich mit glühenden Wangen zu.

„Ach, das ist schon in Ordnung, Sie werden uns ganz bald besser kennenlernen.“ Hannahs leises Lachen erinnerte mich an die Hexen von Macbeth, wie sie über ihrem Kessel kauerten.

„Es ist schön, junges Blut hier zu sehen“, entgegnete Jill und betonte das „jung“ ganz besonders. „Wie alt sind Sie, Liebes?“

„Sechsundzwanzig“, antwortete ich mit möglichst selbstbewusster Stimme.

„Wie lange sind Tom und Sie schon verheiratet?“, fragte Sara.

„Drei Jahre.“ Langsam fühlte ich mich wie bei der spanischen Inquisition.

„Ah, dann sind Sie ja quasi noch in den Flitterwochen – Ladys, erinnert ihr euch noch?“ Jill lachte, als alle zustimmend nickten.

Ich fummelte an meinem Ehering herum und war dankbar, als Anita mir zu Hilfe kam und Sara ein Kompliment zu ihrer Halskette machte.

Cocktail um Cocktail ging über den Tresen, und die Gespräche verwandelten sich schnell in Klatsch und Tratsch. Wer wurde bei Middeon bald gefeuert, wer hatte das Management mit seinen Umsatzzahlen im ersten Quartal beeindruckt und welcher Direktor schlief mit seiner Assistentin. Als die Männer zurückkamen, um ihre Frauen einzusammeln, schwirrte mein Kopf von dem ganzen Geplapper.

„Du musst mir deine Nummer geben“, sagte Anita, als Jim an ihre Seite glitt und den Geruch von Zigarrenrauch mitbrachte. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, ich füge dich hinzu.“

Ich runzelte die Stirn bei der Vorstellung, was in dieser Gruppe besprochen wurde: die neueste Mulberry-Handtasche im Sale oder vielleicht die Ankündigung der nächsten Wohltätigkeitsauktion, zu der wir alle gehen mussten. Nein, danke.

„Ich habe kein Telefon.“ Ich biss mir auf die Lippe und wünschte, der Boden unter mir würde sich auftun. „Also, ich habe eins, aber es ist ein wirklich altes Ding ohne Apps und so.“

„Hallo, du.“ Tom erschien, drückte seine Lippen an meine Schläfe und legte den Arm um meine Taille.

Ich drehte mich zu ihm um, seine Haut strahlte und er roch sehr frisch, holzig – nicht nach seinem Aftershave. Hatte er geduscht?

„Um Himmels willen, Tom, besorg deiner Frau ein Smartphone. Wie soll ich sie sonst per WhatsApp erreichen?“, stöhnte Anita mit einem übertriebenen Augenrollen.

„Chloe hasst Technik, aber vielleicht können wir uns zusammentun und sie bekehren“, Tom beugte sich verschwörerisch vor, ein charmantes Lächeln umspielte seine Lippen.

Anita schmolz förmlich dahin, und ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals hinunter. Es stimmte nicht, dass ich Technik hasste, doch ich hatte seit Monaten kein Smartphone mehr – seit es in ein Becken voller Schmutzwasser gefallen war. Deshalb nutzte ich ein uraltes Nokia-Handy von Tom, aber das konnte ich in dieser Gesellschaft natürlich nicht zugeben.

Wir verabschiedeten uns und liefen auf die weitläufige Kiesauffahrt hinaus, wo eine ganze Kolonne schwarzer Mercedes darauf wartete, die Gäste einzusammeln und nach Hause zu bringen.

Tom seufzte, als er neben mir auf den Rücksitz rutschte, die Beine weit gespreizt. Der Fahrer hatte nicht einmal das Gelände verlassen, als er seinen Kragen lockerte, die Fliege herauszog und in den Ledersitz sank.

„Na, das hat Spaß gemacht.“

„Das hat es“, antwortete ich, auch wenn ich jetzt unbedingt nach Hause und aus diesem Kleid herauswollte.

Tom nahm meine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander.

„Ich habe die Verlosung gewonnen“, sagte er und zog einen von Harry unterzeichneten Scheck über fünftausend Pfund hervor.

„Herzlichen Glückwunsch“, antwortete ich und legte verwirrt die Stirn in Falten, als ich an mein Gespräch mit der Rothaarigen zurückdachte.

„Ich habe Savannah auf der Toilette getroffen, sie zieht den Gewinner, nicht wahr?“

Tom räusperte sich, schluckte. Sein Adamsapfel hüpfte, und ich hatte den Eindruck, dass er seine Worte sorgfältig wählte.

„Ja, sie zieht das Gewinnerlos im Salon.“ Er sah nervös aus und spielte mit seiner Uhr, während ich ihn musterte. Er verheimlichte mir etwas, dessen war ich mir sicher. Sein Auftreten in der Bibliothek, der Duft, der ihm anhaftete und nicht sein übliches Aftershave war.

„Du hast dich heute Abend gut geschlagen. Sie waren beeindruckt“, sagte er in die Stille hinein.

Ich errötete und freute mich über sein Lob. „Danke. Anita ist nett.“

Toms Miene verfinsterte sich ganz leicht. „Hmmm, ja, wegen des Telefons. Vielleicht können wir da was machen.“

Ich versuchte, mir die Aufregung, die in mir hochstieg, nicht anmerken zu lassen. Tom hatte immer wieder versprochen, das kaputte Telefon zu ersetzen, doch wann immer ich fragte, bot er mir seines an. Er erwartete, dass ich es in seiner Gegenwart benutzte und dann zurückgab, statt mir einfach ein eigenes zu besorgen. Vielleicht würde er einlenken, wenn ich mich mit den Ehefrauen anfreundete. Diese Kreise würde er sicher gutheißen.

Zu Hause ließ ich mir bewusst Zeit damit, mich auszuziehen und mein Make-up zu entfernen. Ich war immer noch damit beschäftigt, die Ereignisse der Nacht zu verarbeiten. Ganz sicher war der Scheck mit fünf Riesen nicht das Einzige, das mein Mann gewonnen hatte. Wussten die Ehefrauen, dass es bei der Verlosung nicht nur um Geld ging, sondern womöglich um etwas Schmutziges? So etwas würden sie doch sicher nicht dulden.

Als ich das Bad verließ, war Tom bereits eingeschlafen und schnarchte leise, wie ich gehofft hatte. Ich schlüpfte vorsichtig ins Bett, um ihn nicht zu wecken, erleichtert, dass ich keine Pflicht mehr erfüllen musste. Wahrscheinlich hatte Savannah das erledigt. Überrascht stellte ich fest, dass ich nicht eifersüchtig war. Eher sollte ich ihr danken, dass sie mir die Mühe erspart hatte.

Meine Ehe mit Tom war nicht mehr glücklich. Als wir uns kennenlernten, war ich dreiundzwanzig, unsere Beziehung eine rasante Romanze, die entstand, nachdem er mich in einer Buchhandlung angesprochen hatte. Ich stöberte durch die Gänge und suchte nach Titeln, die dem Buch ähnelten, das ich betreuen sollte. Damals war ich in der Lektoratsabteilung bei Oakley, einem kleinen Verlag im Süden Londons. Tom hatte gerade Mittagspause und fragte nach Vorschlägen für ein gebundenes Buch, das er seiner Mutter schenken konnte. Schließlich gab er zu, dass er in seinem Leben nur ein einziges belletristisches Buch gelesen hatte – von Stephen King.

Er war charmant, ein wenig kokett, und ich war von Anfang an hin und weg. Er hatte ein markantes Kinn und Augen von der Farbe tiefer, dunkler Seen. Und mit den zehn Jahren, die er älter war als ich, wusste Tom, was er wollte, und hatte keine Angst zu fragen. An diesem Abend gingen wir gemeinsam essen. Er versprach mir die Welt, und ich glaubte ihm. Drei Monate später flogen wir auf die Seychellen – ein Urlaub, der in einer intimen Strandhochzeit mündete, zu der unsere Eltern nicht eingeladen waren.

Innerhalb von sechs Monaten verließen wir seine Wohnung, um in sein neu gekauftes, ruhiges Haus in Sussex zu ziehen, dreißig Meilen weit weg. Meine Freunde und Eltern sah ich immer seltener. Tom hatte ständig Pläne parat, arrangierte irgendetwas, um meine Tage zu füllen, sodass wenig Zeit für andere Menschen blieb. Wie leicht es für ihn gewesen war, mich langsam zu isolieren. Ich hatte mich so wahnsinnig in ihn verliebt, dass ich alle Warnzeichen übersehen und geglaubt hatte, dass es die Liebe sei, die ihn dazu brachte, jeden Augenblick mit mir und niemandem sonst verbringen zu wollen.

Als mir endlich klar geworden war, dass es gar nicht um Liebe, sondern um Kontrolle ging, war es längst zu spät.

Viertes Kapitel

Tom

Am Sonntagmorgen erwachte ich voller Energie. Ich hatte eine tolle Zeit mit Savannah, und Chloe ahnte nicht im Geringsten, was passiert war, während sie sich mit den Ehefrauen betrunken hatte. Ich hatte ihr Harry Poulters Fünftausend-Pfund-Scheck gezeigt, meinen großzügigen Gewinn, doch der schien sie kaum zu interessieren. In letzter Zeit war meine Frau immer schwieriger zufriedenzustellen. Ob ihr überhaupt bewusst war, wie hart ich arbeitete, um das Leben zu ermöglichen, an das wir uns gewöhnt hatten? Die kleine Auszeit mit Savannah war kein Verbrechen gewesen, für mich sogar das unerwartete Highlight des Abends.

Graham, der technische Leiter, hatte mir den groben Ablauf des Abends erklärt, das Drei-Gänge-Dinner, den Scheck … Savannahs Rolle beim Gewinnspiel hatte er ausgelassen. Als meine Beförderung bekannt geworden war, hatte er mich sofort unter seine Fittiche genommen und mir den Übergang vom Controller zum Manager erleichtert.

Vor vier Jahren war ich bei Middeon im Finanzbereich eingestiegen und hatte zunächst Schulungen für Rechnungs- und Budgetierungssoftware gegeben, dann wurde ich Controller. Ich wollte die Karriereleiter so schnell wie möglich hochklettern. Die Beförderung zum Manager war eine ziemlich große Sache und brachte mir zusätzliche Vorteile – ich bekam einen vom Unternehmen geleasten Range Rover und ein höheres Gehalt.

Außerdem wurde nur das Managementteam zu den vierteljährlichen Dinnerabenden eingeladen. Nur dort durfte man an der Verlosung teilnehmen und, sofern man diskret war, eine Stunde mit Savannah verbringen. Sie sei die Kirsche auf dem Bonus, hatte sie gesagt, als wir die Treppen von Glenthorne Manor hinaufstiegen.

Es war kaum zu glauben, doch die drängelnde Erregung in meiner Leistengegend hatte mich Lügen gestraft. Ob sich jemals einer geweigert hatte? War es verpönt, das zu tun? Ich hatte all diese Fragen stellen wollen, war aber kaum in der Lage gewesen zu sprechen, als sie mich in eines der Schlafzimmer führte.

Savannah war hinreißend, und obwohl ich meine Frau noch nie betrogen hatte, überlegte ich höchstens zehn Sekunden, ob ich es wirklich tun sollte, während ich ihr zusah, wie sie ihr Kleid auszog. Chloe würde es nie erfahren und Savannah war einfach zu sexy, um sie abzulehnen. Sie besaß Kurven an genau den richtigen Stellen und liebte es dreckig, wie sich kurz darauf herausstellte.

Als ich das Schlafzimmer verließ und zugeben musste, dass ich Blut geleckt hatte und mehr wollte, hatte sie mir ihre Visitenkarte in die Hand geschoben. Es war beschämend schnell vorbei gewesen und ich viel zu sehr in dem Moment gefangen, trotz meines Geständnisses, zu meiner ahnungslosen Frau zurückkehren zu müssen.

Eine Escort. Wer hätte das gedacht? Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, etwas so Schmutziges zu tun. Savannah war eine Prostituierte, wenn auch eine der gehobenen Klasse, und für Sex zu bezahlen, war in meinen Augen etwas für Verlierer. Als ich mich später im Salon umgesehen und an einem weiteren Bourbon genippt hatte, wurde mir flau bei dem Gedanken, wie viele von uns sie wohl schon „unterhalten“ hatte. War Graham einer von ihnen? Angesichts seiner Reaktion auf meinen Gewinn hielt ich das für unwahrscheinlich, zumal er nichts über Savannahs Rolle bei der Verlosung gesagt hatte.

Ich hatte mit wissenden Blicken und Schulterklopfen gerechnet, doch niemand hatte auch nur gezuckt, nicht einmal Harry. Waren sie alle schon an der Reihe gewesen? War ich für den nächsten Monat das Gesprächsthema im Büro, oder hatte Savannah recht und Diskretion war die einzige Regel, an die sich alle hielten? Wenn eine der Ehefrauen herausfand, was Harry organisierte, oder schlimmer noch die Personalabteilung, wäre das eine Katastrophe. Für diese Art von Schlagzeilen zahlten Zeitungen ein Vermögen. Was auf Glenthorne Manor geschah, blieb also auf Glenthorne Manor. Damit konnte ich mich anfreunden. Zumal Savannah ein Verlangen geweckt hatte, von dem ich nicht wusste, dass ich es in mir trug. Ich musste sie wiedersehen.

Beim Frühstück war Chloe recht still, während ich ihr unsere Pläne für den Tag erklärte. Ich ignorierte die Schuldgefühle, die mich quälten, sobald sie mich ansah. Meine Eltern würden zum Mittagessen kommen, also bat ich sie, das Haus herzurichten, während ich eine Lammkeule im Supermarkt besorgte. Ich konnte nicht leugnen, dass Chloe eine ausgezeichnete Ehefrau war, loyal und gut ausgebildet. Sie hielt das Haus blitzsauber, wie ich es erwartete, und hatte in dem Kochkurs, den ich bezahlt hatte, viel gelernt. Irgendwann hatte ich sie endlich überzeugt, dass ich sie zu Hause brauchte und nicht stundenlang in alberne Manuskripte vertieft. Ich verdiente das Geld, sie sollte sich um alles andere kümmern.

Ich hatte erwartet, dass sie inzwischen schwanger sein würde und einen starken, gesunden Jungen austrug, mit dem sie sich beschäftigen konnte, doch das war nicht der Fall. Aber sie war ja jung, wir hatten noch genügend Zeit. Chloe war süß und unschuldig gewesen, als ich sie kennenlernte. Ich wusste sofort, dass sie das perfekte formbare Mädchen war. Meine Eltern hatten der Hochzeit widerwillig zugestimmt, obwohl sie, im Gegensatz zu mir, eine öffentliche Schule besucht hatte.

Meine Mutter hatte mir eingetrichtert, dass keine Frau jemals gut genug sein würde. Von klein auf hatte sie mich auf ein Podest gestellt und erwartete nichts weniger als Perfektion. Sie hatte jede meiner Freundinnen verachtet und kritisiert – zu Recht, um ehrlich zu sein, da sie alle eine Menge Arbeit bedeuteten. Aber nicht Chloe, die leicht zu unterwerfen gewesen war. Es gefiel mir, dass sie, wenn meine Eltern zu Besuch kamen, eine tadellose Gastgeberin war, auch wenn sie gelegentlich eine Erinnerung daran brauchte, wie heute Morgen.

„Das ist nicht das Outfit, das ich für dich rausgelegt habe.“ Stirnrunzelnd betrachtete ich ihre Leggings und das T-Shirt über meine Zeitung hinweg.

„Ich kann in diesen Sachen nicht putzen, sie wären sofort ruiniert“, antwortete sie schnippisch.

„Natürlich.“ Ich lächelte knapp, wollte mich jetzt nicht auf einen Streit einlassen, wenn meine Eltern schon in ein paar Stunden hier sein würden. Außerdem wurden meine Gedanken immer noch von Savannah beherrscht.

„Also gut, dann gehe ich jetzt und besorge Fleisch“, verkündete ich nach dem Frühstück und stand auf, um mir Schuhe anzuziehen. Die Sonne war herrlich, perfekt für einen Nachmittagsspaziergang am Fluss. Ich steckte Schlüssel und Handy ein, dann hielt ich Chloe meine Wange für einen Kuss hin und trat zur Tür hinaus. Ich wollte allein sein, um Savannah eine Nachricht zu schreiben.

Fünftes Kapitel

Chloe

Meine Schultern entspannten sich, als die Tür ins Schloss fiel. Ohne Toms erdrückende Anwesenheit wich die ganze Anspannung aus meinem Körper. Kurze Zeit später schrubbte ich mit Gummihandschuhen die Küche, bis mir die Arme wehtaten. Tom erwartete Perfektion, und ich würde ihm nicht die Genugtuung geben, mit dem Finger über eine staubige Oberfläche streichen und eine Augenbraue heben zu können. Mit Wischmopp und Staubtuch lief ich von Zimmer zu Zimmer, lockerte Kissen auf und zündete Duftkerzen an.
Wie hatte es so weit kommen können?

Ich vermisste die Hektik und den Trubel meines Arbeitsplatzes in London. Den Nervenkitzel, das Manuskript eines neuen Autors zu lesen, von dem ich tief in meinem Inneren wusste, dass er erfolgreich sein würde. Ich hatte meinen Job geliebt und kam nicht darüber hinweg, dass seit meiner Kündigung schon zweieinhalb Jahre vergangen waren. Das lektorierte Manuskript eines erfolgreichen Autors hatte lange vor dem Erscheinungstermin seinen Weg von meinem Computer zu einer Internet-Streaming-Seite gefunden. Kurz darauf hatte man mich gezwungen, zu kündigen.

Tom hatte bei der Sache seine Finger im Spiel gehabt, dessen war ich mir sicher. Als seine freundlichen Vorschläge, ich solle meinen Job doch einfach aufgeben, um ein häuslicheres Leben zu führen, nicht fruchteten, fand er einen anderen Weg, meine Karriere zu sabotieren. Ich hatte es schon damals vermutet. Er war zu glücklich gewesen, mich zu Hause zu wissen, die pflichtbewusste Ehefrau spielend. Ich hätte abhauen, meine Sachen packen und den Ehering beim Rausgehen auf den Tisch knallen sollen. Doch es hatte niemanden mehr gegeben, an den ich mich hätte wenden können, ich konnte nirgendwohin – dank Tom.

Die Beziehung zu meiner Mutter war vorher schon schwierig gewesen, weil ich so schnell geheiratet hatte. Dad hatte die ganze Sache gelassen gesehen, aber Mum war untröstlich. Sie hatte mich gewarnt, dass das ein Fehler sei. Sie war nie mit Tom warm geworden und hielt ihn für arrogant. Die Hochzeit brachte das Fass schließlich zum Überlaufen. Ihr einziges Kind lud seine Eltern nicht einmal zur Hochzeit ein. Tom hatte natürlich beteuert, es sei eine romantische Überraschung für mich gewesen, aber inzwischen erkannte ich es als das, was es gewesen war: eine überstürzte Hochzeit ohne letzten Ausweg, an der meine Eltern weder beteiligt waren, noch hätten sie Einwände erheben können.

Meine Freunde hatten sich ebenfalls zurückgezogen oder waren ungewollt von mir weggestoßen worden. Sie wurden meiner Unerreichbarkeit überdrüssig, gaben auf und meldeten sich gar nicht mehr. Sie empfanden Tom als unfreundlich und hochmütig, zu sehr von seiner eigenen Wichtigkeit eingenommen. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen wir zusammenkamen, gab er sich keine Mühe – mit Absicht, wie ich später feststellte. Mein eigener sozialer Kreis hatte sich zwischen Toms Bedürfnissen in Luft aufgelöst, und Tom konnte mich ganz für sich allein haben. Er sagte, er liebte mich zu sehr, um mich zu teilen. Er überhäufte mich mit teuren Geschenken. Ich bekam alles, was ich wollte, nur meine Freiheit nicht. Tom wollte, dass ich völlig von ihm abhängig war, und ich – geblendet von der Liebe – bemerkte es nicht. Dann war es zu spät für eine Flucht, ich steckte zu tief drin.

Ich brachte es nicht über mich, bei meiner Mutter zu klingeln, nur mit den Kleidern, die ich am Leib trug, und einer Entschuldigung, dass ich mich in all das verstrickt und sie so verärgert hatte. Ich war mir so sicher gewesen, dass es kein Fehler war, wie sie gesagt hatte. Und obwohl ich wusste, dass sie mich nie abweisen würde, ertrug ich die Demütigung nicht, vor ihrer Tür zu stehen und sie zu fragen, ob ich wieder einziehen könnte. All das in dem Wissen, dass sie die ganze Zeit recht gehabt hatte. Es war einfacher gewesen, bei Tom zu bleiben und das Beste daraus zu machen.

Es hatte sich auch nie wie ein Gefängnis angefühlt, bis zu dem Tag, an dem Tom eiskalt sagte, der einzige Ausweg aus dieser Ehe sei in einem Sarg. Physisch verletzte er mich nicht – abgesehen von ein paar blauen Flecken an meinen Oberarmen, wo er mich zu fest gepackt hatte – doch in den letzten Monaten hatte er mir zunehmend die Luft zum Atmen genommen. Es war einfacher, gefügig zu sein, ihn bei Laune zu halten und seine Pläne und Regeln zu befolgen.

Ich war wie gelähmt bei dem Gedanken, selbst Entscheidungen zu treffen und ohne ihn, der sich um alles kümmerte, zu leben.

Es war zur Normalität geworden, dass Tom mir sagte, was ich zu tun hatte, auch wenn mir klar war, dass so keine normale, gesunde Beziehung aussah. Täglich suchte er meine Kleidung aus. Zuerst hatte ich das für romantisch gehalten, aber ich war nicht Julia Roberts in Pretty Woman. Er zog mich an wie eine Puppe, ging mit mir zum Friseur und zur Maniküre, wenn es nötig war, und kaufte all meine Kleider und Accessoires. Meinen früheren Hippiestil hatte er vollständig durch seinen bevorzugten Look ersetzt: den einer eleganten, gepflegten Dame.

Dann waren da die Finanzen, die er mittels meiner Kontoauszüge kontrollierte. Er behielt ständig im Blick, was ich – mit seiner Zustimmung – ausgegeben hatte. Tom entschied, was wir an den Wochenenden unternahmen, wo wir Urlaub machten und welche Veränderungen wir an unserem Haus vornahmen. Ich hatte nicht einmal einen Führerschein, geschweige denn ein Auto.

Die einzige Sache, die mir Erleichterung verschaffte, war das Laufen. Ich lief inzwischen fast immer, wenn Tom arbeitete – die einzige Zeit, in der ich mich frei fühlte. Er sagte immer, er liebe meinen athletischen Körper und meine Ausdauer im Bett. Und solange ich mein Telefon dabei hatte, um für ihn erreichbar zu sein, war er zufrieden. Mittlerweile sagte er das zwar nicht mehr, hielt mich aber nicht vom Laufen ab.

Zu behaupten, Tom habe Zwänge, wäre eine Untertreibung. Er wollte die Dinge auf genau eine Weise: Lebensmittel mussten mit dem Etikett nach außen im Schrank stehen, Bücher im Regal wurden nach Farbe und dann nach Größe geordnet. Seine Kleidung musste auf eine bestimmte Weise gefaltet und in der richtigen Reihenfolge in den Schrank gehängt werden. Alles hatte ordentlich, aufgeräumt und vor allem präzise zu sein. Schon in den ersten Tagen unserer Ehe erhielt ich eine Lektion in Sachen Tafelsilber und Platzierung des Bestecks. Ich hatte bloß eine Lasagne gekocht.

Seine Forderungen waren immer präsent, doch ganz vorn stand die Zehnerregel.

„Ich habe gehört, dass nur zehn Bissen von jeder Mahlzeit die optimale Menge sind“, hatte er eines Abends beim Essen gesagt. „Du solltest es versuchen.“ Es war eine Aufforderung im Gewand eines Vorschlags, und er fühlte sich an, als hätte ich keine Wahl. Also aß ich zehn Bissen Hühnerauflauf – was sich vielleicht nach viel anhört, es aber nicht ist, es sei denn, man macht die Gabel voll, und das missbilligte Tom.

Ich dachte, er wolle mir helfen. Ich hatte ein paar Pfunde zugelegt, ging noch nicht regelmäßig laufen und die Flitterwochen waren vorbei. Doch ich war glücklich und wollte, dass Tom es auch war. Also aß ich von jeder Mahlzeit zehn Bissen. Selbst wenn es ein Keks war, musste er in zehn Teile geteilt werden. „Achtsames Essen“, hatte er es genannt und die ersten Male mitgemacht, bevor seine Begeisterung nachließ. Danach breitete sich die Regel wie eine Krankheit auf andere Bereiche meines Lebens aus. Ich hatte zehn Minuten unter der Dusche, zehn Minuten, um mir die Haare zu machen, zehn Minuten für mein Make-up. Jede Kleinigkeit wurde in zehnminütige Einheiten geteilt. Was als Spaß begonnen hatte, wurde schnell zur Lebenseinstellung.

Als ich keinen Job mehr hatte, ging ich wochentags – wenn Tom bei der Arbeit, das Haus blitzsauber und alle Aufgaben erledigt waren – spazieren oder joggen. Es genügte mir schon, zufällig auf einer Parkbank einen Fremden zu treffen, mit dem ich mich unterhalten konnte. Ich war einsam und vermisste meine Freunde, meine Arbeitskollegen. Ich vermisste ziellose Unterhaltungen und Getratsche. An einem solchen Tag, als ich gerade unterwegs war, rief Tom an und bat mich, in zehn Minuten zu Hause zu sein, weil ein Paket geliefert wurde, für das jemand unterschreiben musste. An diesem sonnigen Tag war ich drei Meilen weit aus dem Dorf herausgelaufen und hatte den Postboten verpasst, obwohl ich gejoggt war. Tom war außer sich gewesen und hatte eine neue Regel aufgestellt. Ich durfte mich zu keiner Zeit weiter als zehn Minuten vom Haus entfernen.

Meine Welt schrumpfte immer weiter. Ich durfte die örtlichen Geschäfte und den Park besuchen, runter zum Bach gehen, aber das war alles. Wenn ich mich weiter entfernte, lief ich Gefahr, nicht mehr rechtzeitig zurückkehren zu können. Also trainierte ich intensiver, trieb mich an, weiter zu kommen, mich schneller zu bewegen. Tom rief ständig an und drängte mich aus lächerlichen Gründen zur Rückkehr, doch ich schaffte es immer rechtzeitig. Es war ein winziger Sieg, aber es war auch eine Art von Ausweg. Ein Weg, die Grenzen meiner Welt zu überwinden.

Heute gab es jedoch kein Laufen. Ich musste die Königin des Entertainments für meine Schwiegereltern sein. Die perfekte Ehefrau, mit der Tom vor seiner liebenden Mutter angeben konnte. Ich würde süß lächeln und ihre typischen verdeckten Versuche, alles zu durchdringen, ignorieren. Hoffentlich war es eines der letzten Male, das ich dieses Theater spielen musste, denn vielleicht hatte ich seit der letzten Nacht einen Plan.

Sechstes Kapitel

Savannah

Ich saß gerade am Esstisch und lernte, als mein Handy klingelte. Die Arbeit als Escort war nicht gerade ein Nine-to-five-Job, deswegen steckte ich, wann immer ich konnte, die Nase in ein Lehrbuch. Es war mein letztes Jahr an der Uni, ich arbeitete auf einen Bachelor-Abschluss in Jura hin und versuchte aktuell, eine Klausel zu verstehen, die ich für meine Arbeit zitieren musste, trotzdem konnte ich die Aussicht, Geld zu verdienen, nicht ignorieren.

„Hallo“, säuselte ich in den Hörer, nachdem ich den Anruf der unbekannten Nummer angenommen hatte.

“Savannah, hier ist Tom, von Freitagabend.”

Ich gab der Stille zwischen uns Raum, ich hatte mit seinem Anruf gerechnet.

„Das Middeon-Dinner auf Glenthorne Manor“, fuhr er fort. Ich konnte die Verzweiflung in seiner Stimme hören, er wollte in Erinnerung bleiben. Als würde auch nur einer von denen herausragen. Sie waren alle gleich: riesige Egos, die gestreichelt werden wollten.

„Tom, hi. Wie geht es dir?“, fragte ich freundlich und knickte ein Eselsohr in mein Lehrbuch, um die Seite nicht zu verlieren.

„Großartig, danke. Und dir?“

„Sehr gut. Was kann ich für dich tun?“ Eigentlich war es keine Frage, ich wusste, warum er anrief. Sein zufriedenes Lächeln von Freitagabend erschien vor meinem inneren Auge.

„Ich hatte gehofft, dass du diese Woche vielleicht … Kapazitäten hast?“

„Lass mich das checken, dann melde mich bei dir. Unter dieser Nummer?“

„Genau. Könntest du vielleicht eine Nachricht schicken?“

„Natürlich“, ich schmunzelte. „Ich werde diskret sein.“ Meine Stimme war samtweich.

„Vielen Dank.“ Ich hörte die Vorfreude in seiner Stimme, bevor er auflegte. Den Seufzer der Erleichterung, dass ich ihn nicht bloßstellen würde, während er zu Hause glückliche Familie spielte.

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und griff wieder nach dem Lehrbuch. Irgendwann würde ich in meinem Terminkalender nachsehen und sicherstellen, dass noch ein Platz darin frei war. Tom kannte meinen Preis noch nicht, bei dem er sicher nach Luft schnappen würde, doch ich war mir auch sicher, dass er nicht ablehnen würde. Ich genoss den Rausch seines Begehrens, die Macht, die mir das gab. Männer logen und betrogen und gingen Risiken ein, um Zeit mit mir zu verbringen. Ich fühlte mich schön und sexy, weil ich wusste, dass ich begehrenswerter war als die Frauen, mit denen sie zusammenlebten oder verheiratet waren. Doch was ich begehrte, war ihr Geld. Sobald ich den Bachelor hatte, würde ich meinen Terminkalender für immer schließen.

Dass ich Harry Poulter vor einem Jahr an der Bar seines Golfklubs kennengelernt hatte, war der Grundstein vieler heutiger Buchungen. Ich hatte ihm viel zu verdanken. Deswegen nahm ich nur zu gern an seinen regelmäßigen Dinnerabenden teil. Ich bekam fünf Riesen für diesen Abend, der meine Dienste für ihn und einen anderen Gewinner einschloss.

Der Schlüssel zum Erfolg war, all das zu sein, was seine Freundin oder Frau nicht war. Wenn sie sich also zu einem flüssigen Mittagessen trafen oder Wohltätigkeitsveranstaltungen organisierten, ging ich neben dem Studium ins Fitnessstudio und achtete darauf, dass mein Hintern beim Gehen nicht schwabbelt. Während sie knietief in Hausarbeit steckten, das perfekte Heim für ihre arbeitswütigen Ehemänner schufen oder die Windeln ihrer Sprösslinge wechselten, wurde ich gewachst, gezupft und manikürt. Das war alles eine Illusion. Es half natürlich, Sex zu genießen, was ich tat – wenn auch nicht mit alten, übergewichtigen Männern, auch wenn sie mein tägliches Brot waren. Aber ich konnte es genauso gut vortäuschen wie alle anderen.

Mein Ziel war es, nach dem Abschluss eine Firma zu finden, in der ich praktizieren konnte. Deswegen hatte ich Irland mit neunzehn Jahren verlassen, um nach England zu ziehen. Ich wollte unbedingt Abstand zu meiner kontrollsüchtigen Mutter gewinnen und ein wenig Freiheit genießen. Mein Vater war ein Säufer, der seinen Lohn versoff, bevor Mum die Miete zahlen konnte. Wir hatten nie viel Geld, weswegen mein Bruder Craig und ich arbeiten gehen mussten, sobald wir alt genug waren, um Essen auf den Tisch zu bringen. Das war nicht das Leben, das ich mir vorgestellt hatte, und ich wusste, dass ich abhauen musste, wenn ich nicht in demselben Kreislauf gefangen sein wollte.

Als ich in England ankam, arbeitete ich achtzehn Stunden täglich in schlecht bezahlten Jobs, um genug Geld für ein WG-Zimmer zusammenzukratzen. Ich lebte von Nudeln und alten Sandwiches und träumte von einem besseren Leben. Schließlich wurde ich an der Universität in Brighton für das Grundstudium der Rechtswissenschaften angenommen. Aber selbst mit Studiendarlehen und einem Barjob blieb mir kaum etwas zum Leben.

Kurz darauf lernte ich Natasha kennen. Ich hatte sie und ihren Begleiter den ganzen Abend in der Bar bedient und dabei Gesprächsfetzen aufgeschnappt, die mein Interesse weckten. Als ihr Freund nach draußen ging, um zu telefonieren, kam ich mit Natasha ins Gespräch, und ich fragte sie unverblümt, ob sie Sexarbeiterin war. Lachend erklärte sie mir, dass sie eine Escort war und die Männer für ihre Gesellschaft bezahlten, nicht für Sex. Selbst diese Vorstellung war mir zuerst zuwider, bis sie mir eröffnete, wie viel Geld sie verdiente – denn sie versuchte wie ich, ihr Studium zu finanzieren. Wir tauschten uns über die Intensität des Studentenlebens aus, über die schiere Menge an Informationen, die man aufnehmen musste, und darüber, dass kaum genug Geld blieb, um über die Runden zu kommen. Das war, bis sie anfing, als Escort zu arbeiten.

Natasha und ich wurden Freundinnen, manchmal lernten wir zusammen und ließen am Ende einer harten Woche die Korken knallen. Da sie ein paar Jahre älter war, kümmerte sie sich um mich. Sie gab mir einen Crashkurs in Sachen Escortarbeit und beteuerte immer wieder, dass ich mit meinem keltischen Aussehen und der quirligen Persönlichkeit ein Naturtalent sein würde. Sie vermittelte mir ein paar einfache Kunden, wenn sie sie nicht unterbringen konnte, und es dauerte nicht lange, bis ich genug Geld verdiente, um meinen Barjob aufzugeben und mehr Zeit ins Studium zu investieren. Als ich Harry kennenlernte, eröffnete er mir noch lukrativere Einnahmequellen, trotzdem behielt ich einige meiner Stammkunden.

Die meisten Männer, die meine Dienste erwarben, waren verheiratet und hatten sich dem Trott mittleren Alters hingegeben, sodass Tom eine willkommene Abwechslung war. Ich konnte nicht leugnen, dass ich ihn attraktiv fand. Er hatte breite Schultern, dunkle Haare auf seiner starken Brust, ein wohlgeformtes Kinn und auffallende mitternachtsblaue Augen. Er war reinlich, neugierig und mit ein wenig Überredungskunst präzise in Bezug auf das, was er von unserer gemeinsamen Zeit erwartete. Ich hatte ein paar meiner beliebtesten Tricks hervorgeholt, die vielleicht ein wenig zu gut funktionierten, wenn man bedachte, wie schnell er fertig gewesen war. Dennoch war ich sicher, dass er mit seinem Bonus zufrieden war.

Das muss er wohl gewesen sein, so früh, wie er anrief und mich wiedersehen wollte. Es sah so aus, als hätte ich einen neuen Kunden in meinen Büchern.

Siebtes Kapitel

Chloe

Toms Eltern kamen, wie es sich gehört, um Punkt zwölf Uhr. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Das Lamm war bereits im Ofen, während wir im Garten saßen und die warme Junisonne bei Tee und Keksen genossen.

„Oh, Thomas, diesen Baum mit den Blüten solltest du wirklich beschneiden“, sagte Gwen und schürzte die Lippen angesichts der tief hängenden Äste voller rosa Blüten, die still auf den gepflegten Rasen fielen.

Ich wollte gern sagen, dass die Farbtupfer hübsch waren, schwieg aber. Tom würde es für unhöflich befinden, wenn ich unseren Gästen widerspräche. Vor allem wäre es eine Todsünde, mit seiner Mutter zu diskutieren.

„Ich werde mich darum kümmern, Mutter“, seufzte Tom. „Wie auch immer, wie war deine Woche?“, setzte er an, um das Thema zu wechseln.

Sofort startete Gwen eine Tirade über ihren Optiker und den miserablen Service, den sie von jemandem erhalten hatte, der nicht einmal alt genug aussah, um angestellt zu sein, geschweige denn ein qualifizierter Augenspezialist. Das ging jedes Mal so, Gwen fand immer etwas, worüber sie sich beschweren konnte.

„Ich sehe kurz nach dem Lamm“, entschuldigte ich mich in einer kurzen Atempause.

Als ich aufstand, tätschelte Tom mir lächelnd den Hintern. „Gutes Mädchen“, sagte er, als wäre ich ein reinrassiges Rennpferd.

Mit zusammengebissenen Zähnen lächelte ich kokett und zog mich in den sicheren Hafen der Küche zurück.

Toms Eltern kamen in der Regel einmal im Monat zum Sonntagsessen – was für uns beide langwierig und anstrengend war, obwohl ich nur einmal den Fehler gemacht hatte, seine Mutter zu kritisieren. An jenem Sonntag hatte ich den ganzen Nachmittag damit verbracht, die Spuren der zerbrochenen Rotweinflasche zu beseitigen und das Rot aus den cremefarbenen Fugen zu bleichen, bis meine Hände brannten.

Heute war das Essen glücklicherweise zufriedenstellend, es wurde bloß bemängelt, dass meine Pastinaken etwas knuspriger hätten sein können.

Charles, Toms Vater, nutzte den anschließenden Spaziergang zum Bach, um seinen Sohn zu schelten, wie dünn ich geworden war. Normalerweise behielt er seine Meinung für sich, sie wurde sowieso von Gwen übertönt, die ihren Mann genauso klein hielt wie ihren Sohn. Tom hatte die herrschsüchtige Art seiner Mutter geerbt, trotzdem schien er ihr ebenso verzweifelt gefallen zu wollen, wie er sich von ihr zu befreien versuchte.

„Sie macht Lauftraining, Dad. Sie ist fit wie ein Turnschuh.“

„Ja gut, dennoch könnte das Mädchen eher gebärfreudige Hüften gebrauchen“, ätzte er zurück, während ich vor ihnen herging und tat, als hörte ich nicht jedes Wort.

Als sie endlich weg waren, nahm Tom einen doppelten Whisky mit ins Wohnzimmer und ich machte mich daran, die Spülmaschine einzuräumen, froh, mit meinen Gedanken allein zu sein. Vor ihrem Besuch hatte er gute Laune gehabt, was ich zweifellos Savannah zu verdanken hatte. Jetzt lamentierte er wahrscheinlich darüber, dass er es noch nicht geschafft hatte, mich zu schwängern. Die Beswicks wollten unbedingt ein Enkelkind, aber als Tom vor ein paar Monaten beschlossen hatte, dass ich die Pille absetze, vereinbarte ich heimlich einen Termin beim Arzt, um mir eine Spirale einsetzen zu lassen.

Schon wenige Monate nach unserem Einzug in das neue Haus, als Tom sich zu verändern begann, wurde mir klar, dass ich nicht die Mutter seiner Kinder sein wollte – deswegen die Spirale. Trotzdem brauchte ich einen Fluchtplan. Tom würde mich nicht so einfach gehen lassen. Er würde ganz sicher nicht in einer Sache wie der Ehe scheitern. Ich war völlig isoliert, hatte keinen Job, kein Einkommen und keine Freunde, ich saß in der Falle. Aber jetzt war Savannah wie ein Geschenk erschienen. Ich musste nur einen Weg finden, sie zu kontaktieren.

Später am Abend gesellte ich mich zu Tom ins Wohnzimmer, wir sahen uns ein Polizeidrama im Fernsehen an. Ich wünschte, ich könnte mir etwas Bequemeres anziehen. Die zitronengelbe karierte Caprihose, die Tom ausgesucht hatte, rutschte ständig hoch. Er streichelte mein Haar und redete durch den vielen Whisky schon leicht verwaschen.

„Ich glaube, du brauchst einen Haarschnitt, Liebes. Vielleicht ein paar Strähnchen?“

„Sicher“, antwortete ich gehorsam und hoffte, dass Tom bald auf dem Sofa einschlafen würde.

„Ich vereinbare einen Termin für dich“, sagte er und tätschelte mein Knie. „Wie wäre es, wenn du hochgehst und dich bettfertig machst. Zieh das Rote an.“ Seine Augen blitzten wie die eines Wolfes, der seine Beute umkreist.

Mit schweren Beinen erhob ich mich und ging wie ferngesteuert die Treppe hinauf. Das rote Negligé bedeutete, dass er heute Nacht die Hure wollte. Weiß war die Jungfrau, schwarz war keusch, aber sexy. Rot war oft an der Reihe, wenn er betrunken war. Er würde grob sein und ich morgen wund.

Wie erstarrt lag ich unter der Bettdecke und erwartete Schritte auf der Treppe, eine Gänsehaut überzog meinen Körper.

„Komm her, du kleine Schlampe“, lallte Tom und öffnete seinen Gürtel, als er das Schlafzimmer betrat. „Runter, auf die Knie.“

***

Als Tom geräuschvoll schnarchte, schlich ich nach unten, um Wasser und Paracetamol zu holen. Mein Kopf pochte, wo er an meinen Haaren gezogen hatte. Sein Portemonnaie lag dort neben den Schlüsseln, und ich überlegte kurz, ob ich aufschließen, Sportschuhe anziehen und in die Nacht hinauslaufen sollte. Dumme Chloe. Wie weit hatte ich es nur kommen lassen. Stattdessen griff ich nach der Brieftasche und nahm einen Zwanziger heraus, von dem ich wusste, dass er ihn nicht vermissen würde, und den ich zu den anderen legen würde. Dann suchte ich weiter.

Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, Savannahs Visitenkarte zu verstecken. Sie lag zwischen ein paar alten Quittungen, als würde er sich um nichts in der Welt kümmern. Keine Sorge, die Ehefrau findet schon nicht heraus, dass er die Dienste eines Escorts in Anspruch nimmt, und verlangt die Scheidung. Wenn ich das täte, würde er mich nur auslachen, genau wie beim letzten Mal, als ich sagte, ich würde gehen.

„Wo willst du hin, Chloe? Niemand will dich, nicht einmal deine Mutter“, hatte er gesagt, die Worte taten weh. „Ich werde dich finden, du wirst dich nicht vor mir verstecken können.“ Ein Schauer lief mir über den Rücken. Das war das Ende des Gesprächs.

Ich prägte mir Savannahs Nummer ein, da ich nicht das Risiko eingehen wollte, dass Tom sie irgendwo fand. Dann steckte ich die Karte wieder an ihren Platz und ging zurück ins Bett.

Achtes Kapitel

Chloe

„Hast du Pläne für heute?“, fragte Tom beim Frühstück. Ich war früh aufgestanden und hatte dafür gesorgt, dass Müsli und Kaffee auf dem Tisch bereitstanden. Nach dem Duschen hatte er zehn Minuten Zeit für sein Frühstück, sodass er um halb acht das Haus verlassen konnte, damit er pünktlich um acht bei Middeon war.

„Ich muss bügeln und das Unkraut in der Einfahrt jäten“, antwortete ich wahllos. Tom wusste mich gern beschäftigt, während er bei der Arbeit war. Untätige Hände bedeuteten wandernde Gedanken, und eine Frau, die zu viel nachdachte, gefiel Tom nicht. Ich erzählte ihm nicht, dass ich lange duschte und mir viel Zeit nahm, um mich fertig zu machen. Wenn Tom nicht da war, galt die Zehn-Minuten-Regel nicht. Ich las mittags die Zeitung und ging vor dem Abendessen joggen, wenn ich morgens keine Gelegenheit gehabt hatte. „Soll ich dir irgendwas besorgen?“, fragte ich in der Hoffnung auf einen Vorwand, um ins Dorf zu gehen.

„Ich brauche eine neue Flasche Whisky. Irgendeinen Single Malt, Glenfiddich, wenn sie ihn haben.“ Tom rückte seine Krawatte zurecht. „Und bring mir ein paar von diesen Crackern mit, die ich so gerne mag, die mit Sour Cream.“ Das war keine Frage, es war ein Befehl.

„Natürlich.“

Als er weg war, stand ich nackt vor dem Spiegel im Badezimmer, bevor ich duschen ging. Gestern Nacht hatte Tom mir in die linke Brust gebissen, wodurch sich wütende lila Blutergüsse gebildet hatten. Bestimmt hatte er mich nicht verletzen wollen, aber es gab für alles ein erstes Mal. Ich weigerte mich, noch mehr Tränen an ihn zu verschwenden, und stieg unter die Dusche, das Wasser so heiß, dass ich es gerade eben ertragen konnte. Heute würde ich Savannah kontaktieren und die Sache ins Rollen bringen.

Sobald ich angezogen war, überprüfte ich mein Versteck, schraubte den Knopf am Bettpfosten im dritten Schlafzimmer auf und fischte das in eine winzige Plastiktüte eingewickelte Geld heraus. Ich zuckte zusammen, als ich es vorsichtig in meinen BH schob.

Als ich ins Dorf lief, folgte ich dem gleichen Weg entlang des Baches wie gestern. Das Wasser glitzerte in der Morgensonne und Wildblumen füllten die Ufer, Bienen schwirrten von Hahnenfuß zu Hahnenfuß und sammelten Pollen.

Im Vorbeigehen lächelte ich einer Spaziergängerin mit einem aufgeregten Cockerspaniel zu und überlegte, ob ich sie grüßen sollte, doch ihr flüchtiger Blick streifte schon weiter. Ich wünschte mir einen Hund, etwas Gesellschaft zu Hause, wollte Tom aber nicht darum bitten. Er würde einen Weg finden, das Tier als Druckmittel zu benutzen. Er war nicht fähig zu lieben, nicht auf eine normale Weise, und ich ertrug den Gedanken nicht, dass er ein Tier schlecht behandelt würde, wenn er in einer seiner Launen nach Hause käme.

Die Frau hinter der Kasse kaute aggressiv auf ihrem Kaugummi herum, während sie Whisky und Cracker scannte, und brauchte trotzdem ewig, um mir die Summe zu nennen. Mein Telefon klingelte in meiner Tasche, aber ich konnte nicht rechtzeitig rangehen, da ich gerade bezahlte. Draußen rief ich meinen Mann zurück. Er war der Einzige, der mich anrief.

„Wo bist du?“, fragte er mit drohender Stimme.

„Ich bin im Laden, ich habe die Cracker und den Whisky gekauft“, antwortete ich, um ihn zu beruhigen.

„Ah ja, die Transaktion wurde gerade auf meinem Telefon bestätigt. Bringst du mir bitte noch ein paar Briefmarken mit?“

„Sicher“, sagte ich und drehte mich um, um wieder hineinzugehen.

„Was gibt es heute Abend zu essen?“, fragte Tom.

„Quesadillas.“

„Nein, ich glaube nicht. Wie wäre es mit der Hühnerpastete, die du öfter machst?“

„Okay“, gab ich zurück und überprüfte im Geiste, ob ich die Zutaten zu Hause hatte. „Wie läufts bei der Arbeit?“

„Oh, gut. Ich habe dir einen Friseurtermin für morgen bei Laura gebucht, um zehn Uhr.“

„Danke“, antwortete ich und berührte mein Haar, das mir fast bis zu den Schultern reichte. Ich vermutete, dass es wieder ein Bob sein würde.

Tom verabschiedete sich abrupt und legte auf, ich stellte mich derweil wieder in die Schlange für Briefmarken und Lauch.

Es gab nur eine funktionierende Telefonzelle im Dorf, sie war in einem schönen Waldgrün gestrichen. Die andere hatte man ausgeschlachtet und in eine Minibibliothek umgewandelt, in der die Leute ihre gebrauchten Bücher abgaben, damit andere sie lesen konnten. Es war eine echte Goldgrube, und ich hatte mir seit unserem Umzug viele Bücher ausgeliehen, weil ich die Zeiten als Lektorin vermisste, in denen ich stundenlang lesen durfte. Jetzt hatte ich kaum noch Zeit zum Lesen, Tom verlangte meine volle Aufmerksamkeit. Bevor ich die Telefonzelle entdeckt hatte, hatte ich mich nach einer erfüllenden Beschäftigung gesehnt, doch die Hauptbibliothek war zu Fuß kaum zu erreichen.

Das eine Mal, als ich es riskiert hatte, ohne Tom meinen Radius zu verlassen und einen Bus zur Bibliothek zu nehmen, hatte er Essen bestellt, um mich zu überraschen, und fand das Haus leer vor. Ich hatte es nach seinem Anruf nicht in zehn Minuten nach Hause geschafft, und als ich dann ankam, zwang er mich, die kalten, geronnenen Nudeln in zehn großen Bissen hinunterzuwürgen.

Die Telefonzelle befand sich am Ende der kleinen Hauptstraße. Ich schlüpfte hinein, schloss die Tür hinter mir und rümpfte die Nase über den muffigen Geruch. Von dem billigen Handy, das Tom mir gegeben hatte, konnten die Anrufe zurückverfolgt werden, deshalb wollte ich nicht riskieren, es zu benutzen. Selbst wenn ich meine Nummer unterdrückte, würde er mich zwingen, ihm zu verraten, wen ich anrufe. Ich fischte etwas Kleingeld aus meiner Tasche und wählte Savannahs Nummer. Nach dem vierten Klingeln ging sie ran, ihre Stimme war rau, aber offensichtlich aufgesetzt.

„Savannah hier.“

„Hi, hier ist Chloe, wir haben uns letzten Freitag beim Middeon-Dinner im Bad kennengelernt. Ich bin die Frau von Tom.“

Eine kurze Pause entstand.

„Hallo, Chloe, was kann ich für dich tun?“, fragte Savannah steif.

„Wäre es möglich, dass wir uns auf einen Kaffee treffen? Morgen vielleicht?“

„Ich mische mich nicht in die Ehen anderer Leute ein, Chloe.“

„Ich will dir ein Angebot machen“, antwortete ich und zwang meine Stimme, selbstbewusster zu klingen, als ich mich fühlte.

„Interessant, und wie würde das aussehen?“

„Es gibt ein Café in Copthorne, in der Star Lane. Kennst du das?“, erwiderte ich und ignorierte ihre Frage.

Sie lachte trocken. „Das tue ich leider nicht“, sagte sie. „Ich war noch nie in Copthorne, aber ich besitze ein Navigationsgerät, ich bin sicher, ich werde es finden. Um zwei habe ich Zeit.“

„Zwei passt perfekt. Wir sehen uns dann“, sagte ich und spürte, wie meine Knie aus Angst und Erleichterung weich wurden.

Neuntes Kapitel

Savannah

Ich konnte nicht leugnen, dass ich neugierig war, was Chloe besprechen wollte. Ich hatte bisher nur einen Ehefrauen-Anruf bekommen, und der war nicht angenehm gewesen. Ich ließ sie schimpfen und fluchen und mir sagen, wie widerlich sie mich fand, bevor ich sie freundlich bat, mich nicht mehr anzurufen, und ihre Nummer blockierte. Seltsamerweise sah ich diesen Kunden nie wieder. Vielleicht hatte Chloe angerufen, weil sie sich einen Dreier wünschte? Das wäre mal interessant. Es wäre mein erstes Paar, aber mit dem richtigen Preis würde ich es in Betracht ziehen. Chloe hatte ein frisches Gesicht, sie war attraktiv, klein und gertenschlank, ihr Aussehen klassisch wie eine blonde Audrey Hepburn.

Morgen früh hatte ich Kurse, aber am Nachmittag um vier Uhr traf ich Tom in dem Airbnb, das ich für die Arbeit in Brighton angemietet hatte. Nach meinem Kaffedate mit seiner Frau würde ich mich auf den Weg dorthin machen, um mich vorzubereiten. An unserem ersten Treffen beim Middeon-Dinner war er recht zurückhaltend gewesen, aber ich ahnte schon, dass etwas Verdorbenes in ihm schlummerte. Morgen durfte er sich austoben, und die Aussicht darauf faszinierte mich.

Das Quietschen eines Wasserhahns riss mich aus meinen Gedanken. Der Stadtrat war gerade im Bad. In Kürze würde er auftauchen und mich bitten, ihn mit Babypuder zu überziehen und wie ein Kleinkind zu wiegen, während er sich an meine Brust schmiegte. Ich machte alles Mögliche mit ihm, aber er war ein einfacher Kunde. Ich musste mir kaum die Hände schmutzig machen. Außerdem durfte ich mich nicht beschweren, schließlich bezahlte er damit meine Rechnungen.

Zehntes Kapitel

Tom

Dienstagnachmittag um vier Uhr. Dann würde ich Savannah wiedersehen. Sie hatte mir geschrieben, als ich gerade in der Budgetplanung steckte. Die war natürlich sofort vergessen, als mein Telefon summte und der Name Seth aufleuchtete. Ich hatte sie als Seth eingespeichert, für den Fall, dass Chloe etwas sah, aber Savannah war, wie sie versprochen hatte, diskret. Die Nachricht las sich, als käme sie von einem Kollegen, der mich darauf hinwies, dass die angeforderten Dateien bis Dienstagnachmittag um vier Uhr an eine Adresse in Brighton geliefert werden sollten.

Wir hatten noch keinen Preis ausgemacht, aber ich hatte Harrys Scheck, meinen Bonus vom Freitag, schon zur Bank gebracht und konnte mir nichts vorstellen, wofür ich ihn lieber eingelöst hätte. Ich lief in meinem Büro auf und ab, las die Nachricht noch einmal und stellte mir Savannahs lange rote Nägel vor, die über den Bildschirm tippten. Das Kribbeln in meiner Leiste meldete sich überdeutlich und ich war erleichtert, dass die Bürotür geschlossen war und ich Bella gesagt hatte, sie solle meine Anrufe zurückhalten.

Savannah hatte mich fast vierundzwanzig Stunden warten lassen, bevor sie meine Anfrage bestätigte. Ich hatte schon befürchtet, sie wolle mich nicht sehen. Vielleicht hatte ich es am Freitag nicht wirklich gebracht, aber verdammt noch mal, die Frau war eine Göttin. Ich konnte mich kaum beherrschen. Seit ich Chloe kennengelernt hatte, war ich mit keiner anderen mehr zusammen gewesen, weil ich mich meiner Ehe verpflichtet fühlte, doch bei Savannah war die Lust sofort übergekocht.

Die Erinnerung an Freitagabend ließ mich nicht mehr los. Der kurvige Hintern, das porzellanweiße Fleisch ihrer Hüften, das ich gepackt hatte, als ich tief in sie eindrang. Sie war ganz anders als Chloe, die in letzter Zeit nackt aussah wie ein Windhund, nur noch Knochen und Sehnen.

Jede Minute des Wochenendes hatte mich gequält, besonders der Sonntagmittag. Ständig fragte ich mich, wann ich sie wiedersehen würde. Ich musste mir das Gerede über die Augen meiner Mutter anhören, ganz zu schweigen von meinem Vater, der mich schalt, weil Chloe immer noch nicht schwanger war, obwohl wir es erst seit ein paar Monaten versuchten. Ich sollte mit ihr in eine Fruchtbarkeitsklinik gehen und sie testen lassen. Es musste doch etwas geben, was wir tun konnten. Meine Eltern erwarteten ein Enkelkind und ich wollte einen Sohn. Vielleicht sollte Chloe aufhören zu laufen und etwas mehr essen. Ja, das war das Problem, und es war leicht zu beheben.

Ich hatte das Gefühl, dass sie in letzter Zeit abgelenkt war, nicht so aufmerksam wie sonst. Vielleicht langweilte sie sich – ein Grund mehr, ein Baby zu bekommen. Es würde ihre Tage gut ausfüllen, und das Muttersein würde ihr guttun, solange sie mich nicht vergaß natürlich.

Meine Gedanken schlitterten zurück zu der Rothaarigen. Ich zählte die Minuten, bis ich sie wieder schmecken durfte. Wahrscheinlich würde Bella ein Meeting verschieben müssen, aber das war kein Problem. Ich würde ihr sagen, dass etwas Wichtiges dazwischengekommen war. Eine wichtige Verabredung, die ich nicht absagen konnte.

Elftes Kapitel

Chloe

Als Tom nach Hause kam, kauerte ich immer noch auf der kopfsteingepflasterten Einfahrt. Langsam arbeitete ich mich zur Haustür vor, die Sonne brannte mir im Rücken und meine Finger waren wund, ein Eimer voller Unkraut stand neben mir. Tom stieg grinsend aus dem Auto und hielt mir einen Strauß hübscher rosa Rosen hin.

„Für meine wunderschöne Frau“, sagte er und gab mir einen Kuss auf die Wange, als ich aufstand, um mich abzuklopfen.

„Danke, die sind schön“, antwortete ich und nahm sie ihm ab. „Hattest du einen guten Tag?“

„Ja, sogar gar nicht schlecht für einen Montag. Ist die Pastete im Ofen? Ich bin am Verhungern.“

„Ich schiebe sie jetzt rein“, sagte ich und folgte Tom in die Küche. Ich hatte das Abendessen sofort vorbereitet, als ich vom Einkaufen zurückkam, und alles in den Kühlschrank gestellt, bevor ich mit dem Unkrautjäten anfing.

Tom verzog das Gesicht.

„Es wird nur eine halbe Stunde dauern“, versicherte ich ihm. „Ich öffne erst mal eine Flasche Rotwein und wir setzen uns auf die Terrasse. Wie wäre das?“

„Bist du mit der Einfahrt fertig?“

„Fast, den Rest kann ich morgen machen“, schlug ich vor, während mein Rücken entschieden protestierte.

„Es wäre besser, es jetzt zu erledigen, findest du nicht? Wir können beim Abendessen ein Glas trinken.“ Tom lockerte die Krawatte und knöpfte sein Hemd auf, während ich versuchte, meinen Gesichtsausdruck zu kontrollieren.

In einem Anflug von Trotz ließ ich die Blumen absichtlich in ihrer Verpackung liegen und kehrte zur Einfahrt zurück, wo ich mich wieder auf meine Hände und Knie begab.

***

„Ich habe morgen ein wichtiges Meeting, ich brauche das blaue Nadelstreifenhemd“, sagte Tom später, als er den letzten Rest Hühner-Thymian-Pastete in sich hineinschaufelte.

Ich war beim achten Bissen und kämpfte gegen den Stein in meinem Magen, während ich mir das Gespräch mit Savannah vorstellte.

„Chloe, hörst du mir zu?“

Bei seinem scharfen Tonfall schoss mein Blick von meinem Teller hoch.

„Ja, es hängt schon in deinem Schrank. Ich habe es gestern gebügelt.“

„Ich habe nachgedacht“, sagte Tom und mein Herz machte einen ängstlichen Sprung. „Wir sollten einen Termin in einer Fruchtbarkeitsklinik vereinbaren, um herauszufinden, warum du noch nicht schwanger bist.“

Ein eiskalter Schlag traf meine Wirbelsäule, sofort setzte ich mich aufrechter hin und legte meine Gabel ab.

Tom beäugte sie und hob eine Augenbraue. Er hatte mitgezählt. Ich nahm sie wieder auf.

„Du könntest ruhig ein paar Pfunde zulegen, vielleicht ist das viele Laufen nicht gut für dich.“

Ich biss mir auf die Lippe und ignorierte die Tränen, die hinter meinen Lidern brannten. Laufen war meine Zuflucht, körperlich und mental. Ich hatte es heute nicht geschafft, joggen zu gehen, und war schon jetzt völlig angespannt. Das konnte er mir nicht auch noch nehmen.

„Ich werde etwas finden und einen Termin vereinbaren“, sagte ich und lächelte.

Es war so typisch für Tom, dass er annahm, ich sei das Problem in Sachen Baby. Sein Sperma war natürlich makellos, starkes Material, wie konnte er daran schuld sein. Natürlich hatte er auf gewisse Weise recht, der Fehler lag bei mir – er lag an der Spirale. Ich konnte nicht zu einem Arzt gehen, ein Ultraschall würde sofort zeigen, dass mir eine Spirale eingesetzt worden war, und das Spiel wäre aus. Ich musste mir etwas einfallen lassen.

„Dann überlasse ich dir das. Freust du dich schon auf deinen Haarschnitt? Sie sind ein bisschen lang geworden, nicht?“

Ich nickte, neun Bissen, noch einer übrig.

Tom nahm seinen leeren Teller, stellte sich neben mich und wartete auf meinen zehnten Bissen. Meine Kehle blockierte, als ich den Mürbeteig kaute, der mit trockenem Mund schwer zu schlucken war.

„Jetzt komm schon, iss den Rest“, sagte er ungeduldig und sah zu, wie ich den letzten Bissen der Pastete hinunterwürgte und meinen Teller leerte.

„Lass mich das machen“, sagte er und streckte die Hand aus.

Tom war in ritterlicher Stimmung. Er spülte ab und belud den Geschirrspüler, während ich den Tisch abwischte, danach setzten wir uns mit einem Glas Rotwein auf die Terrasse und beobachteten, wie die Sonne hinter den Hecken versank.

„Also, ich werde morgen etwas später kommen. Meine Besprechung könnte länger dauern“, sagte Tom, räusperte sich und blickte stirnrunzelnd auf den Blütenbaum. Ich tat mein Bestes, um meine Erleichterung zu verbergen, denn jedes Mal, wenn Tom länger arbeitete, fühlte es sich wie eine Gnadenfrist an.

„Okay, dann mache ich morgen Quesadillas, die sind schnell zubereitet.“

„Mach das“, sagte er, mit seinen Gedanken ganz woanders. Er strich mit dem Zeigefinger über den Rand seines Glases.

Mein Rücken schmerzte, weil ich mich mit dem Unkrautjäten beeilt hatte, um vor dem Abendessen fertig zu sein. Ich rutschte auf dem Eisenstuhl hin und her und spürte den brennenden Sonnenbrand auf meinen Schultern.

„Hättest du was dagegen, wenn ich ein Bad nehme?“, fragte ich, weil er normalerweise gerne in Gesellschaft fernsah.

„Nein, geh nur. Vielleicht gehen wir früh ins Bett. Lass uns ein Baby machen“, sagte er und drückte meine Hand. Ich widerstand dem Drang, sie unter der seinen wegzuziehen.

„Okay“, sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln, bevor ich mich zurückzog.

Zwölftes Kapitel

Chloe

Ich starrte auf die pastellfarbenen Rosen, die fein säuberlich in der Glasvase, die wir zur Hochzeit bekommen hatten, arrangiert waren. Mein Rücken schmerzte noch immer von der gestrigen Unkrautarbeit, aber wenigstens war Tom gestern sanft gewesen und hatte das weiße Negligé verlangt. Allerdings hatte er mich danach dreißig Minuten lang in einer unwürdigen Pose – meine Beine musste ich ans Kopfteil gelehnt hochhalten – sitzen lassen, während er auf seinem Handy das Internet durchsuchte. Offenbar erhöhte diese Stellung nach dem Sex die Chance auf eine Befruchtung. Wenn der nur wüsste.

Genau wie ich schien Tom heute besonders nervös zu sein. Er hatte kaum etwas gefrühstückt, und ich vermutete, dass es mit dem Termin zu tun hatte, der später anstand. An diesem Morgen hatte er mir ein gelbes Sommerkleid mit einer weißen Strickjacke für den Friseurbesuch zurechtgelegt. Ich freute mich nicht besonders auf den Termin. Laura, die mir immer die Haare schnitt, war der Überzeugung, dass die Sonne aus Toms Hintern schien. Sie verstand nicht wirklich, was es bedeutete, eine „ausgehaltene“ Frau zu sein, und schwärmte ständig davon, wie es als Toms Ehefrau sein musste. Sie hatte keine Ahnung, aber die hatten die wenigsten Menschen. Tom hatte eine Art, die selbst die skeptischsten Menschen bezauberte, alle fanden ihn absolut wunderbar.

Ich streckte mich am Küchentisch, dehnte meine schmerzenden Muskeln, bevor ich in die Laufschuhe schlüpfte. Ich dürfte mindestens fünf Kilometer schaffen, bevor ich zurückkehren und duschen musste. Ich wollte die nervöse Energie loswerden, die sich wegen des bevorstehenden Gesprächs mit Savannah in mir staute.

Draußen war es bewölkt, ich lief unten am Bach entlang, wich Spaziergängern mit Hunden und Kleinkindern auf Rollern aus, bevor ich auf der gegenüberliegenden Seite in den Wald einbog. Der Weg war schattig und schlammig, auch nach längerer Zeit ohne Regen wurde er nie ganz trocken. Trotz allem wurde er gut genutzt. Ich lief wie von selbst und nutzte die Zeit, um darüber nachzudenken, was ich Savannah sagen wollte. Was mein Plan war, um sie auf meine Seite zu ziehen.

Laufen löste die Anspannung in mir, und ich hatte schon vor langer Zeit festgestellt, dass es eine viel bessere Therapie war, als in ein Kissen zu schreien. Ich schaffte die fünf Kilometer in Rekordzeit, erreichte den Salon fünf Minuten vor zehn, trug das Sonnenkleid trotz der Wolken, und meine Wangen waren noch ein wenig rosa.

„Chloe, hallo! Pünktlich auf die Minute, willst du dich nicht setzen?“ Laura führte mich zu dem Stuhl am Fenster, den ich hasste. Niemand präsentierte sich gern mit einem halb in Folie eingewickelten Kopf den Passanten draußen.

„Das Übliche?“

„Tom wünscht sich ein paar mehr Strähnchen“, sagte ich lustlos.

„Gentlemen bevorzugen Blondinen, so sagt man doch.“ Sie zwinkerte mir zu und ich schmunzelte, Tom war kein Gentleman.

Drei Stunden später, nachdem ich Tom eine Nachricht geschickt hatte, wie sehr ich meine neue Frisur liebte, obwohl ich es unbedingt wachsen lassen wollte, stellte ich mich zu Laura an den Tresen und suchte in meiner Tasche nach meinem Portemonnaie.

„Nein, nein, Tom hat schon bezahlt. Sollen wir direkt einen neuen Termin ausmachen?“

„Nein, ist schon gut, danke. Tom wird mich dran erinnern, wenn es wieder so weit ist.“

„Meine Güte, er ist so aufmerksam, hoffentlich stiehlt ihn dir niemand.“ Sie kicherte, warf den Kopf zurück und schüttelte ihre wilde Mähne.

Ich schnaubte über Lauras Bemerkung und ging langsam die Hauptstraße entlang, während ich nachschaute, ob Tom angerufen hatte. Ich vermutete, dass er meine Nachricht gelesen hatte und dementsprechend wusste, wo ich war. Vor allem hoffte ich, dass er nicht anrief, während ich bei Savannah war. Wie peinlich wäre es, wenn ich mich entschuldigen und nach draußen eilen müsste, um den Anruf entgegenzunehmen. Er würde an meiner Stimme erkennen, dass etwas nicht stimmte. Zum Glück hatte Tom mir keine Aufgaben gegeben, die ich erledigen musste, bevor er nach Hause kam, also gab es nichts, weswegen ich mich beeilen musste.

Mir blieb noch eine Stunde, bis Savannah eintraf, also kaufte ich mir ein Käsebrötchen beim Bäcker und aß es im Gehen. Scheiß auf die zehn Bissen. In der Telefonzellenbibliothek gab es das neue Jane-Fallon-Buch, das ich sofort einsteckte und in einem Zug verschlingen würde. Mein Magen randalierte vor lauter Angst vor dem Treffen mit Savannah. Erwartete sie, dass ich sie mit ausgefahrenen Krallen attackieren würde, weil sie mit meinem Mann geschlafen hatte? Zweifellos fragte sie sich, was ich vorschlagen würde. Würde ich den Mut haben, zu fragen? Und was passierte, wenn Tom davon erfuhr? Das war ein Risiko, das ich eingehen musste.

Dreizehntes Kapitel

Savannah

Um ein klares Statement zu setzen, erschien ich zehn Minuten zu früh und setzte mich an einen Tisch im hinteren Teil des kleinen Cafés, wo man uns nicht belauschen konnte. Meine Vorlesung heute Morgen war ziemlich intensiv gewesen, weswegen mein Gehirn angesichts der Informationsflut immer noch auf Hochtouren lief, deshalb tat es gut, ein bisschen zu entspannen. Ich schmunzelte über mich selbst, da ich mir heute Morgen Zeit genommen hatte, um ein Outfit auszusuchen. Ich wollte schick, aber leger aussehen, als ob Chloe mir das Wasser reichen könnte. Es war lächerlich. Ich würde nie um einen Mann konkurrieren. Und erst recht nicht um einen, der seine Frau mit einer Escort betrog, egal wie hochklassig. Tom war ein Kunde, und ich war nur an seinem Geld interessiert.

Die Kellnerin kam zu mir, ungepflegt und in einer schmutzigen Schürze. Ich bestellte zwei Cappuccinos. Wenn ich Chloes Mann schon vögelte und mich dafür sehr gut bezahlen ließ, konnte ich wenigstens den Kaffee bezahlen.

Während ich wartete, checkte ich meine Nachrichten. Harry hatte sich gemeldet und einen Termin bestätigt, ebenso Ricardo, dem eine italienische Restaurantkette in Sussex gehörte.

Die Tür klingelte und Chloe trat ein. Sie hatte ihr Haar aufgehellt, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, es war auch kürzer, ein süßer Bob, der ihren elfenhaften Zügen schmeichelte.

Ich hob die Hand, worauf sie höflich lächelte und sich einen Weg durch das Café bahnte, bis sie meinen Tisch erreichte.

„Ich habe dir einen Cappuccino bestellt“, sagte ich zur Begrüßung und bedeutete ihr, sich zu setzen. Es war wichtig, von Anfang an die Kontrolle zu haben. Ich hatte schließlich keine Ahnung, wie das Treffen verlaufen würde. Würde sie mich wegen meiner Berufswahl beschimpfen, ihren Kaffee über mich kippen oder sonst was? Ich war wirklich neugierig, zumal sie gerade viel mehr nervös als empört wirkte.

„Danke, dass du dir Zeit nimmst, dich mit mir zu treffen“, sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme.

„Was möchtest du denn besprechen?“, erwiderte ich und kam gleich zur Sache.

„Savannah – ist das dein richtiger Name?“, fragte sie, und ich hob eine Augenbraue, wobei sich auch mein Mundwinkel nach oben bog.

„Das kann ich unmöglich beantworten.“

„Natürlich, entschuldige bitte. Ich habe mich nur gefragt, ob das ein Künstlername ist. Von wo in Irland kommst du?“

„Waterford, aber ich lebe hier, seit ich ein Teenager war. Noch irgendwelche Fragen?“, fragte ich spöttisch. Glaubte sie, dass ich mich ihr öffnen würde? Dass wir uns über unsere schwierigen Kindheiten näherkommen würden? Was erhoffte sie sich von diesem Treffen?

„Tut mir leid, ich plappere.“ Chloe knetete ihre Hände, an ihrem Schlüsselbein bildeten sich rosa Flecken.

„Ich nehme an, du bist wegen Tom hier“, sagte ich mit sanfterer, versöhnlicher Stimme.

„Ich weiß, was bei dem Dinner passiert ist. Ich weiß, dass ihr Sex hattet.“ Sie hielt inne, nahm mit zitternder Hand einen Schluck von ihrem Cappuccino.

Es war meine Schuld, ich war im Bad leichtsinnig gewesen und hatte die Katze aus dem Sack gelassen. Normalerweise war ich der Inbegriff von Diskretion, aber ich schätze, ihr Alter hatte mich aus dem Konzept gebracht. Für die Frau eines von Harrys Spitzenmännern war sie sehr jung. Ich hatte gar nicht realisiert, mit wem ich sprach.

„Er kam frisch geduscht mit einem Scheck über fünf Riesen aus dem Salon zurück. Man muss kein Genie sein, um eins und eins zusammenzuzählen.“

Ich atmete tief durch, erwartete Forderungen oder Betteln – sie sah aus, als wäre sie so eine. Bitte hör auf, mit meinem Mann zu schlafen. Ich liebe ihn, wir waren glücklich, bevor du aufgetaucht bist.

Was sie dann sagte, ließ mich fast an meinem Kaffee ersticken. Ihre großen blauen Augen blickten fest und flehend in meine, während sie sprach.

„Ich möchte, dass du ihn dazu bringst, sich in dich zu verlieben.“