Interview Autorin Mirjam Wiesemann im Interview

Worum geht es in deinem Buch Orangenküsse und Meerliebe ?
Miranda, meine Protagonistin, ist eine junge Künstlerin, die gerade eine aufreibende Trennung hinter sich hat. Sie muss sich neu zurechtfinden und zum ersten Mal die alleinige Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Eine Auszeit auf Mallorca mit ihrer besten Freundin und Kollegin Clara und ihrem Seelenhund Mechthild wird zu einer intensiven und aufwühlenden Selbsterfahrungsreise. Durch ihren plötzlich im Vintage-Künstlerhotel auftauchenden ehemaligen Schulkameraden Oliver wird Miranda mit ihrer Vergangenheit und ihren persönlichen Schwächen und Ängsten konfrontiert.
Ihre zufällige Begegnung mit dem hochsensiblen und zutiefst verletzten Musiker Frederico in Valldemossa wächst zu einer zarten Liebe heran.
Auch ihr ambitioniertes Kunstprojekt „Vogelsterben“, das sie zusammen mit Clara entwickelt, wird entscheidend für ihre Zukunft sein.
Es geht also um Liebe, Kunst und Freundschaft, um Krisen und Wendepunkte, Loyalität und Aufrichtigkeit. Und nicht zuletzt auch um den respektvollen Umgang mit Tier und Natur.
Wie würdest du den Ton und die Atmosphäre deines Buches beschreiben – eher humorvoll, romantisch, nostalgisch?
Der Ton changiert zwischen Leichtigkeit und Tiefe, Humor und Romantik, inneren Monologen, Spannung und Sinnlichkeit.
Die Atmosphäre ist einerseits geprägt durch die Schönheit der Insel, die Besonderheit des Künstlerhotels und das bezaubernden Bergdorf Valldemossa. Andererseits lebt sie von den Gedanken, Gefühlen, Konflikten, Träumen, kreativen Prozessen und Erlebniswelten der Protagonist:innen.
Hatten deine Figuren von Anfang an ihre Eigenschaften – oder haben sie sich während des Schreibens verändert?
Die Eigenschaften meiner Charaktere waren im Exposé schon so angelegt. Aber im Laufe der Geschichte haben sie sich natürlich weiterentwickelt. Sie sind gewachsen, gereift, haben gehadert, Fehler gemacht, neue Erkenntnisse gewonnen und sich insofern stetig verändert. Ich habe den Weg, den sie gehen, im Großen und Ganzen zwar beibehalten, mich jedoch von manchen ihrer Impulse gerne überraschen lassen.
Mechthild ist mehr als nur ein Hund – sie wirkt wie eine kleine Kupplerin. Wie bist du auf diese Figur gekommen?
Ich hatte selbst einen Chihuahua, Kitty. Sie hat unsere Familie über zehn Jahre lang begleitet und uns bedingungslos geliebt. Allein durch ihre Anwesenheit und ihr Naturell hat sie für Zusammenhalt gesorgt und durch ihr verspieltes Wesen Spaß und Freude verbreitet. Sie lebt in mir und jetzt auch in dieser Geschichte weiter.
Gibt es eine Playlist oder bestimmte Songs, die dich beim Schreiben inspiriert haben – vor allem für Frederico als Musiker?
Ich höre beim Schreiben sehr gern Lofi-Playlists, vor allem solche, die die Konzentration fördern, den „Deep Focus“. Diese Musik, vor allem das Lofi-Girl, hilft mir sehr, in meine Geschichten einzutauchen und mich nicht ablenken zu lassen.
Für Frederico als Musiker habe ich mich eher von meinem Bruder inspirieren lassen, der unter anderem Gitarre spielt und singt. Hauptsächlich improvisiert er mit Freunden in einem kleinen Studio, ohne zu veröffentlichen. Manchmal bin ich auch dabei und singe. Wir machen das aus Liebe zur Musik und immer entsteht überraschendes Neues. Frederico hat genau diese tiefe Liebe zur Musik und auch zur Poesie.

Wie kam dir die Idee zu diesem Roman – war es zuerst der Schauplatz, die Figuren oder ein konkreter Moment?
Ich liebe das Künstlerhotel und die Kartause von Valldemossa. Beide Orte existieren wirklich. Ich bin mehrmals dort gewesen und sie haben mich sehr inspiriert. Sie sollten dann auch wesentliche Schauplätze meines Romans werden.
Hast du selbst eine Verbindung zur Insel Mallorca?
Oh ja! Zum ersten Mal war ich als Schülerin mit meiner damals besten Freundin in dem Bergdörfchen Fornalutx. Ich erinnere mich lebhaft an die ersten Eindrücke: Die Orangen- und Zitronenhaine, die Olivenbäume und pittoresken Gassen, die Herzlichkeit der Menschen, die Märkte und die Berglandschaft. Seitdem zieht es mich immer wieder auf die schöne Insel. Sie ist vielseitig und lebendig, rau, lieblich und romantisch. Insofern spiegelt sie auch die Vielschichtigkeit meiner Charaktere auf ideale Weise wider.

Was war für dich der größte Umstieg beim Wechsel von Bühne/Film zum Schreiben von Romanen?
Ich liebe die Begegnung und den Austausch mit Menschen. Was das betrifft, war mein Schauspielberuf ideal für mich. Allerdings wollte ich nicht länger nur Interpretin, sondern auch Schöpferin von Geschichten sein. Meine Arbeit als Schauspielerin hat mir sehr geholfen, mich in Charaktere hineinversetzen zu können. Das kommt mir sicher zugute bei der Entwicklung von lebendigen, vielschichtigen Figuren.
Es war zunächst allerdings sehr ungewohnt für mich, über weite Strecken allein zu arbeiten. Von daher schreibe ich besonders gern in Cafés und Büchereien, um von Menschen umgeben zu sein. Das beruhigt mich. Natürlich machen mir Lesungen sehr viel Freude. Der direkte Austausch und die Begegnung mit meinen Leser:innen und Zuhörer:innen beflügelt mich.
Schreibst du lieber über erste Liebe, zweite Chancen – oder über die große Liebe mitten im Chaos?
Das kann ich nicht so allgemein beantworten. Da kommt es auf die Geschichte an, die sich aus den Grundthemen entwickelt. Vielleicht liegt mir die große Liebe mitten im Chaos vom Temperament her etwas besser :-D

Gibt es Schreibrituale, ohne die du nicht in deine kreative Welt eintauchen kannst?
Ich brauche ein wenig Vorlauf. Kaffee machen, um den Laptop kreisen wie um den heißen Brei, nochmal kurz ins Bad gehen, eine WhatsApp-Nachricht schreiben. Dann meine Lofi- Deep-Focus-Concentration-Playlist starten – Handy ausschalten, weit weg legen und dann: Nicht noch die Wäsche aufhängen, den Anruf erledigen, putzen spülen, einkaufen, Freunde treffen, nach der Post sehen, sondern: Anfangen!! ;-D