Leseprobe Leichen und Lavendel | Der unterhaltsame Cosy Crime aus dem Blumenladen

KAPITEL 1

Kingston stürzte sich aus dem blauen Sommerhimmel herab und landete auf dem Dach des Ladens. Sein langer, schwarzer Schnabel schwang hin und her wie der Pfeil einer Wetterfahne, während er die Umgebung nach anderen Krähen absuchte. Es schien, als hätte er heute Morgen kein Glück. Mein Handy klingelte, als ich mein Fahrrad an der Seite des Gebäudes abstellte.

Meine Mutter schaffte es immer, mich genau dann zu erwischen, wenn ich zur Arbeit ging oder von der Arbeit kam, sogar heute, wo sie und mein Vater nur noch wenige Stunden von ihrem Besuch in Port Danby entfernt waren. »Hey, Mom, ich bin gerade bei der Arbeit angekommen. Habt ihr schon gepackt?«

»Schon gepackt? Wir sind längst am Flughafen.«

»Warum? Euer Flug geht erst in fünf Stunden.« Ich nahm meinen Rucksack, meine Fahrradreisetasche, wie ich ihn gerne nannte, von den Schultern und kramte in der Vordertasche nach meinen Schlüsseln.

»Nun, wir wussten nicht, wie viel Zeit die Sicherheitskontrolle in Anspruch nehmen würde. Da ist die ganze Sache mit dem Ausziehen der Schuhe und dem Sicherstellen, dass wir keine Flaschen mit Flüssigkeit dabei haben.«

»Wenn ihr fünf Stunden braucht, um eure Schuhe aus- und wieder anzuziehen, dann müssen wir uns nach einem dieser besonderen Heime für euch zwei umsehen.«

Kingston krächzte und ließ sich auf den Bürgersteig fallen. Er hatte mehr Zeit mit Menschen als mit Vögeln verbracht und war irgendwie zu dem Schluss gekommen, dass es angemessener sei, in ein Gebäude hineinzugehen, als zu fliegen.

»Ach, sei still, du Klugscheißer«, trällerte Moms Stimme durch das Telefon. Im Hintergrund war der übliche Flughafenlärm zu hören. »Wir wollten sichergehen, dass wir früh dran sind, falls sie den Flug vorverlegen.«

Kingstons Krallen klackerten auf dem Boden des Ladens, als er zu seiner Stange im Fenster marschierte.

»Mom, in diese Richtung funktioniert das nicht. Sie sagen nicht plötzlich: ›Hey, wisst ihr was? Der Himmel ist klar und der Pilot ist früh hier, also steigt ein, wir fliegen los.‹ Sie verzögern Flüge. Sie ziehen sie nicht vor.« Ich knipste das Licht an. Das Innere meines farbenfrohen, duftenden und, wenn ich das selbst sagen durfte, schick gestalteten Blumenladens wurde sichtbar. »Hey, Mom, ich muss mit der Arbeit anfangen. Wir sehen uns heute Abend.« Ich hoffte, dass dies der perfekte Übergang zum Auflegen war, allerdings war das am anderen Ende der Leitung immer noch meine Mutter.

»Warte, Lacey, ich habe dich aus einem anderen Grund angerufen als wegen deinem süßen, liebenswerten Sarkasmus«, sagte sie, wobei ihr Tonfall vor eben jenem Sarkasmus nur so triefte. »Also, falls dein Dad und ich irgendwo über dem Ozean in einem riesigen Feuerball sterben sollten …«

»Ihr kommt nicht von einem anderen Kontinent. Das ist unmöglich, es sei denn, der Pilot entscheidet sich für die landschaftlich reizvolle Route. Fliegen ist sehr sicher, Mom. Es wird schon gut gehen.« Ich ging in mein kleines Hinterzimmer, um meinen Rucksack wegzuräumen und meinen Computer hochzufahren.

»Du hast leicht reden, du fliegst ja nicht mit dem Mann, der vergessen hat, seine Tabletten gegen Blähungen einzupacken.«

Der genervte Tonfall meines Vaters erklang von irgendwo in der Nähe. »Klar, Peggy, erzähl dem ganzen Flughafen von meinen Tabletten gegen Blähungen.«

Ich wandte mein Gesicht ab und unterdrückte ein Lachen.

»Mom, ich muss meinen Tag beginnen. Wir sehen uns bald. Ich freu mich drauf. Guten Flug.« Ich versuchte erneut aufzulegen, aber ohne Erfolg.

»Ja, aber falls das nicht der Fall ist, denk einfach daran, dass die wichtigen Unterlagen im Metallschrank im Flurschrank liegen.«

»Ja, alles klar. Hab euch lieb. Tschüss.« Ich legte auf, bevor sie alle alten Familienrezepte aufzählen konnte, die sonst mit ihr in den Flammen untergehen würden. Es schien, als stünde mir eine anstrengende Woche bevor.

Die Türglocke läutete, als ich mich am Computer anmeldete.

»Ich bin hier, Boss.« Ryder steckte seinen Kopf ins Büro. Mein absolut perfekter Assistent hatte sich kürzlich für eine erwachsenere Frisur entschieden. Seine üblichen langen Stirnfransen hingen ihm nicht mehr in die Stirn. Der neue Look betonte seine blauen Augen und sein verspieltes Lächeln. »Ich dachte, ich entwerfe ein paar rot-weiß-blaue Blumensträuße für den Feiertag. Was hältst du davon?«

Ich zeigte ihm einen Daumen hoch, ganz im Stil der Neunziger. »Wann habe ich jemals Nein zu deinen Ideen gesagt, vor allem zu den wunderbaren? Die dunkelblauen Ritterspornstiele, die von der Hochzeitsfeier übrig geblieben sind, wären perfekt.«

»Das ist genau meine Meinung. Zwei Dumme, ein Gedanke.«

»Bitte«, sagte ich, »als ob ich auch nur halb so viel Verstand und Gedächtnis hätte wie du. Ich habe zehn Minuten gebraucht, um mich daran zu erinnern, wo ich heute Morgen meine Tasse Kaffee abgestellt habe. Ich hab sie schließlich auf Kingstons Käfig gefunden. Da war der Kaffee aber schon kalt.«

Ryder trat weiter ins Büro hinein. »Du bist nur aufgeregt, weil Mom und Pop Pinkerton zu Besuch kommen. Ich kann es kaum erwarten, sie kennenzulernen.«

Ich erhob mich von meinem Schreibtischstuhl. »Ich freue mich darauf, ihnen Port Danby zu zeigen.« Ich folgte ihm zurück zum Eingang des Ladens.

»Und Pink’s Flowers«, fügte er enthusiastisch hinzu.

»Eigentlich ist der Laden der einzige Ort, den ich auf der Tour gern auslassen würde.«

Mit einem überraschten Blick wirbelte Ryder wieder zu mir herum. Jetzt erst fiel mir auf, dass er schöne, ausdrucksstarke Augenbrauen hatte. Der lange Pony hatte sie immer verdeckt. »Warum denn das?«

Ich seufzte und sah mich um. »Ich liebe es, wie mein Laden aussieht, aber meine Mom wird daran viel auszusetzen haben. Merk dir meine Worte.«

»Ich wette mit dir um ein kostenloses Stück Kuchen im Diner, dass sie hereinkommen und voller Ehrfurcht sein wird.«

Ich streckte meine Hand aus. »Abgemacht. Ich denke, ich werde Frankis neue Erdnussbutter-Schokoladenspezialität probieren.«

»Wir werden sehen.« Ryder ging hinter die Arbeitsinsel und schnappte sich Kingstons Leckerli-Dose. Er holte ein paar heraus, woraufhin der Vogel seine übliche Gesangs- und Tanznummer zum Besten gab. »Hast du schon ein Date für die Port Danby Unabhängigkeitstagsfeier?«, fragte er, während er der Krähe die Leckerlis reichte und dann schnell und klugerweise seine Finger aus Kingstons Schnabel zog.

Ich holte die Bestellungen vom Vortag unter der Theke hervor und setzte mich auf den Hocker, um sie durchzugehen. »Mir war nicht klar, dass ein Date erforderlich ist. Was wahrscheinlich deine Frage beantwortet.« Ich überprüfte die Bestellungen und vergewisserte mich, dass ich alles hatte, was ich brauchte. »Was ist mit dir?«, fragte ich, ohne von meiner Aufgabe aufzuschauen.

Sein Schweigen erregte meine Aufmerksamkeit. Ich hob wieder den Kopf. Ryder vermied es, in meine Richtung zu schauen.

»Oh, oh«, sagte ich. »Willst du mir etwa sagen, dass der attraktivste und begehrteste Mann der Stadt für die großen Feierlichkeiten kein Date hat?« Ich bereute meinen Spott in der Sekunde, in der ich ihn ausgesprochen hatte. Nachdem ich mehr als sechs Monate mit Ryder zusammengearbeitet hatte, wusste ich genau, was sein grüblerischer Gesichtsausdruck bedeutete. »Frag einfach Lola. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass sie nein sagt.« Die seltsame, unbeständige Beziehung zwischen Ryder und Lola spiegelte irgendwie die zwischen Detective Briggs und mir wider. Ich hatte also kein Recht, so selbstbewusst Ratschläge zu erteilen, aber ich konnte sehen, dass er verletzt war. Und leider war der zweite Vorname meiner besten Freundin Lola Button ›wankelmütig‹. Ich wusste, dass sie Ryder mochte, aber wenn er zu viel Interesse zeigte, neigte sie dazu, wie ein verängstigtes Reh davonzuhuschen.

Ryder sah erleichtert aus, als die Glocke ertönte. Elsie eilte herein, ein Tablett in den Händen mit etwas, das meine superfeine Nase augenblicklich überwältigte. Meine Hyperosmie, also mein extremer Geruchssinn, ermöglichte es mir, selbst die kleinsten Duftnoten zu erfassen und zu entschlüsseln. Normalerweise bemühte ich mich, meine Geruchszellen unter Kontrolle zu halten, um nicht jeden Tag mit pochenden Kopfschmerzen zu beenden. Aber immer wenn Elsie mit einer ihrer köstlichen Leckereien hereinkam, war es schwer, sich zurückzuhalten.

»Ich rieche definitiv Blaubeeren und Erdbeeren.«

Sie stellte das Tablett auf die Theke. Das Dessert war mit leuchtend blauen, dick glasierten Beeren bedeckt, prall und rund und köstlich.

Ich schnupperte noch einmal. »Frischkäse. Graham-Cracker.«

»Das ist das Blueberry Delight von meiner guten Freundin Nicole. Nur dass ich für den Feiertag Erdbeeren hinzugefügt habe, um es zu einem ›Red, White and Blueberry Delight‹ zu machen. Ich habe es für deine Eltern gemacht.«

»Dann hast du das Herz meines Dads schon gewonnen. Das meiner Mom auch, aber sie wird mit ihrem Lob weniger freigiebig sein.« Aus irgendeinem unerklärlichen Grund machte ich mir Sorgen, dass Elsie und meine Mutter nicht miteinander auskommen würden. Ich hoffte, dass es nur meine Intuition war, die durch die hektische Feiertagswoche durcheinandergebracht worden war.

Das Blueberry Delight-Tablett war zu groß für meinen kleinen Bürokühlschrank. »Kannst du es vorerst im Kühlschrank deiner Bäckerei aufbewahren? Ryder und ich haben unseren Minikühlschrank ziemlich mit Tee, Wasser und Limonade vollgestopft.«

»Aber sicher. Hast du nicht gesagt, du hättest heute ein Treffen mit dem Gartenverein?« Elsies Lächeln war eher stichelnd als amüsiert. Sie fand es witzig, dass ich irgendwie dazu überredet worden war, dem Port Danby Gartenverein beizutreten. Heute war mein erstes Treffen seit meinem Beitritt und tatsächlich freute ich mich darauf. Elsie schien zu denken, dass ich meine Entscheidung bereuen würde, aber sie neigte dazu, etwas zynisch zu sein. Warum dachte ich, dass Elsie und Mom sich nicht verstehen würden? Sie ähnelten sich wie ein Ei dem anderen.

»Das erste Treffen ist gleich nach dem Mittagessen. Es wird bestimmt lustig«, sagte ich zuversichtlich, um ihr zu versichern, dass ich immer noch positiv über meine neue Mitgliedschaft dachte.

Elsies Nasenrümpfen zeigte teils Skepsis, teils Humor. »Ich bin sicher, es wird schön. Solange Molly und Carla sich nicht wie üblich darüber streiten, wer die duftendsten Rosen züchtet. Natürlich werden sich die beiden im Moment eher über den Port-Danby-Kuchenwettbewerb streiten als über ihre Leistungen im Garten.«

»Nimmst du nicht am Wettbewerb teil?«, fragte ich.

Elsie folgte mir, als ich zu den Vasen im Pflanzbereich des Ladens ging. »Nein. Vor etwa fünf Jahren beschlossen die Verantwortlichen, ich weiß nicht genau wer, dass ich als professionelle Bäckerin meinen Kuchen nicht mehr einreichen durfte. Mein Buttermilchkuchen hat jedes Jahr gewonnen, also haben sich die meisten Leute gar nicht erst die Mühe gemacht, mitzumachen.«

»Ich schätze, das ergibt Sinn.« Ich nahm eine durchsichtige, zylinderförmige Vase und eine milchige weiße Soliflore-Vase aus dem Regal.

Elsie machte hinter mir ein spöttisches Geräusch. »Nur dass jetzt Molly Brookhauser jedes Jahr mit ihrem Zimt-Apfelkuchen gewinnt. Ich weiß nicht, inwiefern das anders ist. Wie auch immer, ich muss zurück in den Laden. Ich habe Brownies im Ofen. Ich verziere sie mit Fudge-Glasur und roten, weißen und blauen Fondant-Sternen. Ich bringe dir später einen, wenn ich den Nachtisch zurückbringe.«

»Und jetzt, wo du mir das gesagt hast, werde ich den ganzen Tag auf diesen Brownie warten. Danke, Elsie.«

Sie blieb an der Tür stehen und rief: »Machst du einen Korb für die Picknick-Auktion?«

»Darüber habe ich noch nicht viel nachgedacht.« Ich kehrte mit meinen Vasen zur Arbeitsinsel zurück. »Ich werde mir wahrscheinlich nicht die Mühe machen.«

»Schade. Ich wette, dieser gutaussehende Detective freut sich schon darauf, auf deinen Korb zu bieten.«

Ich verdrehte die Augen und scheuchte sie hinaus. Meine ursprüngliche Sorge war albern. Elsie und Mom würden sich wunderbar verstehen.

KAPITEL 2

Die Mittagssonne war heißer als ich erwartet hatte, als ich die Culpepper Road entlangfuhr. Normalerweise wehte nach dem Mittagessen eine Brise vom Meer herüber, um die Sommerhitze zu mildern, aber heute war die Luft so still, dass es fast unheimlich war. Selbst die heimischen Vögel hatten sich in die höheren Äste der Bäume zurückgezogen, um auf die erwartete erfrischende Brise zu warten.

Ob heiß oder nicht, ich liebte es immer, mit dem Fahrrad die Culpepper Road entlangzufahren. Die Straße befand sich am äußersten westlichen Rand der Stadt und war von kleinen, malerischen Bauernhöfen gesäumt. Jenny Ripley, Präsidentin und heutige Gastgeberin des Gartenvereintreffens, lebte in der Maplewood Road in einem charmanten gelben viktorianischen Haus, umgeben von einem herrlichen Grundstück. Sie war vor kurzem aus ihrem Beruf als Bibliothekarin in der Stadt Mayfield in den Ruhestand getreten. Nun beschäftigte sie sich mit ihrem Garten und mit Stickereien.

Ich bog von der Culpepper auf die Maplewood ab. Vor Jennys Haus standen bereits mehrere Autos. Der Verein war klein, deshalb wollten sie mich unbedingt als Mitglied aufnehmen. Ich dachte mir, dass es meiner Stellung in der Gemeinde nur helfen könnte, wenn ich mich einigen lokalen Gruppen anschloss. Vielleicht würde Bürgermeister Price eines Tages sogar lernen, mir zu vertrauen, und mich nicht mehr als Außenseiterin betrachten.

Als ich mit dem Fahrrad zur Veranda fuhr, konnte ich Jennys leuchtend gelbe Schürze im Hinterhof sehen. Jennys Haus war ein typisches Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert mit einer umlaufenden Veranda und einem Satteldach. Ein weißer Lattenzaun umgab ein schönes Stück Rasen und Blumen im Vorgarten. Die flatternden violetten, rosa und weißen Blütenblätter der Edelwicken schlängelten sich entlang des Geländers der Veranda und erfüllten die Luft mit ihrem süßen Duft. Das Grundstück selbst erstreckte sich weit hinter dem Haus. Eine alte Steinmauer zwischen ihrem Grundstück und dem des Nachbarn wurde gerade abgerissen. Seltsamerweise standen die Pfosten für den neuen Zaun mindestens einen Meter weiter links, wodurch Jennys Grundstück noch größer wurde.

Jenny blickte von dem Tisch auf, auf dem sie gerade grün karierte Tischsets aus Leinen platzierte. Ihre leuchtend gelbe Schürze war mit orangefarbenen Tabbykatzen bestickt. Zweifellos eine ihrer eigenen Kreationen.

Carla Stapleton kam mit einem Tablett Limonade aus der Hintertür. Carla war eine interessante Person. Ich hatte sie nur zweimal getroffen. Sie war groß für eine Frau, vielleicht 1,78 m oder 1,80 m, und hatte dazu noch ziemlich kräftige Schultern. Ihren Mann Vernon hatte ich noch nicht kennengelernt, aber Elsie hatte mich gewarnt, meinen Mund nicht allzu lang offenstehen zu lassen. Anscheinend war Vernon gut fünfzehn Zentimeter kleiner als seine Frau und in jeder Hinsicht deutlich kleiner als sie. Ich schätzte Carla auf Mitte vierzig. Sie hatte keine Kinder, es sei denn, man zählte ihre zwölf Chinchillas dazu. Was sie offenbar tat, denn ich hatte bereits zahlreiche Bilder ihrer pelzigen Babys gesehen, die sich mit allen möglichen Aktivitäten beschäftigten, denen ein Chinchilla nachgehen könnte. (Was nicht viel hieß.) Aber wer war ich schon, um darüber zu urteilen, wo ich doch gerade heute Morgen noch meine Krähe streng ermahnt hatte, alle Cornflakes aufzuheben, die sie auf den Teppich fallen gelassen hatte, so als würde ich mein Kind auffordern, sein Zimmer aufzuräumen.

»Lacey!« Jenny sang meinen Namen fast, als sie mich im Garten entdeckte. »Ich bin so froh, dass du es geschafft hast. Carla und ich waren gerade dabei, das Mittagessen vorzubereiten. Die anderen Mitglieder sollten jeden Moment eintreffen.« Jenny eilte zurück ins Haus.

»Kann ich helfen?«, rief ich ihr im Vorbeigehen zu.

»Nein, genieß einfach eine Erfrischung.« Die Fliegengittertür schlug zu, als sie im Haus verschwand.

Carla reichte mir ein Glas Limonade. »Hier, du siehst aus, als könntest du das gebrauchen. Bist du den ganzen Weg mit dem Fahrrad gefahren?«

»Ja. Ich hatte auf eine Meeresbrise während der Fahrt gehofft, aber heute verspätet sie sich.«

Carla blieb stehen, um sich Luft zuzufächeln. »Du hast Recht. Deshalb ist mir so verflixt heiß.« Ihr Lächeln verschwand und ihr kantiges Kinn schob sich nach vorne, als sich das Gartentor hinter mir öffnete und wieder schloss.

Ich drehte mich um, um zu sehen, wer gekommen war. Molly Brookhauser kam hinzu, auf dem Kopf eine glitzernde rot-weiß-blaue Baseballkappe. Es war eine schillernde Ansammlung von Pailletten, Strasssteinen und silbernen Sternnieten. Molly strahlte, als sie bemerkte, wie unsere Blicke sofort darauf fielen. Es gab keine Möglichkeit, dem überwältigenden Glitzern zu entkommen. Molly war eine geschiedene Frau in den Vierzigern mit Zwillingen auf dem College. Sie hatte kurzes braunes Haar, das sie gerne hinter die Ohren steckte, selbst wenn sie einen Hut trug. Jenny hatte erwähnt, dass Molly nur ein paar Häuser weiter wohnte.

Molly zeigte auf ihre Kappe, obwohl das kaum nötig gewesen wäre. »Wie gefällt sie euch? Ich habe sie im Mod Frock gekauft. Kate hat mir gesagt, dass sie ein Unikat ist. Ich werde sie zum Feuerwerk tragen.«

»Sie sieht schwer aus«, bemerkte Carla trocken. Elsie hatte Recht gehabt. Die Spannung zwischen den beiden war sofort spürbar, als Molly als Reaktion darauf ihre Lippen schürzte.

Die Fliegengittertür öffnete sich knarrend. »Oh mein Gott«, piepste Jenny von der Veranda aus. Ihr Blick war auf den Hut gerichtet, nur hatte ich nicht das Gefühl, dass sie beim Überqueren des Rasens dachte: ›Was für eine fantastische und prächtige Kappe!‹. »Wo hast du die her?«, fragte sie verärgert.

Molly zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. »Ich habe den Mädels gerade erzählt, dass ich sie bei Kate Yardley gekauft habe. Sie sagte, es sei ›ein Unikat‹.« Die letzten beiden Wörter sagten Jenny und Molly unisono.

Jenny drehte sich mit einem Schnaufen um und marschierte zurück ins Haus, nur um Sekunden später mit einer weiteren von Kates einzigartigen patriotischen Kappen wieder aufzutauchen.

Carla zuckte mit den Schultern. »Dein erster Fehler war wahrscheinlich, Kate zu glauben. Sie ist eine gewiefte Verkäuferin. Sie hat mich einmal zu einem Paar Halbstiefel überredet, die mindestens eine Nummer zu klein waren. Sie sagte mir, dass sie meine Füße zierlich aussehen lassen.«

Ich nickte. »Ja, Kate ist eine Meisterin der zweideutigen Komplimente.«

»Ich habe meine neuen Stiefel etwa zehn Minuten lang auf einer Party getragen, auf die Vernon und ich in Mayfield gegangen sind. Dann waren meine Füße voller Blasen und ich musste den ganzen Abend barfuß herumlaufen. Und sie wollte sie nicht zurücknehmen, weil sie sagte, sie seien ausgeleiert.«

Diese Bemerkung erntete ein Lachen von Molly. Und das Lachen brachte Carla dazu, die Augenbrauen finster zusammenzuziehen. Es schien mehr als nur ein wenig Feindseligkeit zwischen ihnen zu herrschen.

Ich trat als neues Mitglied an den Start, um zu zeigen, dass ich der Gruppe viel zu bieten hatte. »Da es keine Regel gibt, die besagt, dass man keine identischen Kappen tragen darf, finde ich, dass ihr beide mit strahlendem Patriotismus auftreten solltet. Außerdem könnte es Kate unangenehm sein, euch beide mit den Kappen zu sehen. Vielleicht wird sie das nächste Mal nicht mehr so hinterhältig sein.« (Ja, mein Hilfsangebot beinhaltete ein kleines bisschen Rache an Kate, aber das war nicht unverdient.)

Jenny und Molly schienen meine Kompromisslösung ganze zwei Sekunden lang zu überdenken, bevor sie beide gleichzeitig Nein sagten.

»Das geht überhaupt nicht«, sagte Molly. »Schließlich ist Jenny zwanzig Jahre älter als ich. Wie würde es aussehen, wenn wir mit dem gleichen Look auftauchen würden?«

Jenny sah nun wirklich verärgert aus, aber sie wischte es schnell beiseite. Sie schien die Vermittlerin und Friedensstifterin der Gruppe zu sein. »Wie wäre es, wenn wir uns beide darauf einigen, bei der Feier auf die Kappe zu verzichten? Es bleibt noch genügend Zeit, um sie im Juli zu tragen.«

Molly nickte widerwillig. »Ich nehme an, das ergibt Sinn.«

Zwei weitere Mitglieder kamen dazu, darunter Virginia Kent, eine ältere Dame, deren Nachbarin und Hauptkonkurrentin beim Kürbiswettbewerb, Beverly, im vergangenen Oktober bei einem schrecklichen Unglück ums Leben gekommen war. Sie kam mit einem Mann herein, der etwa Ende siebzig, also in ihrem Alter, zu sein schien. Sie hielten Händchen, was das Niedlichste war, was ich den ganzen Tag gesehen hatte.

»Hallo, alle zusammen«, rief Virginia fröhlich. Ich hatte sie seit dem Mord an ihrer Nachbarin nicht mehr oft gesehen, aber sie sah viel munterer aus. Das konnte an dem charmanten Mann neben ihr liegen, der weißes Haar und ein einschmeichelndes Lächeln hatte. »Ich hoffe, es macht euch nichts aus. Oscar wollte sich uns heute anschließen.«

Carla beugte sich vor, um mir ein paar Details zu erzählen, aber da sie einige Zentimeter größer war als wir anderen, war das unangenehm auffällig. »Sie haben sich auf einer Partnervermittlungsseite für Senioren kennengelernt. Er ist ein pensionierter Podologe. Seitdem benimmt sich Virginia wie ein errötendes Schulmädchen.«

»Wie schön.« Ich trat vor, um sie zu begrüßen. »Wie geht es euch? Ich bin Lacey Pinkerton. Mir gehört Pink’s Flowers

Virginia erkannte mich sofort. »Das hübsche Mädchen mit der beeindruckenden Nase«, sagte sie. »Wie geht es diesem gutaussehenden Teufel …« Sie tippte mit ihrem hellrosa lackierten Fingernagel an ihr Kinn. »Wie hieß er noch gleich?«

»Detective Briggs geht es gut.« Ich schüttelte auch Oscars Hand.

»Wenn wir uns alle setzen«, sagte Jenny, »können wir ein paar Erfrischungen zu uns nehmen, bevor wir mit dem Treffen beginnen.«

Carla zog demonstrativ den Stuhl hervor, der am weitesten von Molly entfernt stand. Ich folgte Jenny schnell. »Ich helfe dir, das Essen rauszutragen.«

»Danke, Lacey.« Jennys Haus war makellos, mit Etiketten auf jeder Küchenschublade und jeder Kaffeetasse ordentlich an einem Haken aufgehängt. Sofort wünschte ich mir, ich hätte mein Haus für den Besuch meiner Eltern besser aufgeräumt.

Durch das seitliche Küchenfenster warf ich einen Blick auf die halb abgerissene Mauer, während ich darauf wartete, dass Jenny die Sandwich-Tabletts aus ihrem Kühlschrank holte.

»Es sieht so aus, als ob du einen neuen Zaun bekommst.«

Jenny drehte sich mit einem verärgerten Grunzen um. »Diese Mauer hat mir mehr graue Haare beschert als meine dreißigjährige Berufslaufbahn insgesamt.« Ihre haselnussbraunen Augen funkelten belustigt über ihre eigene Bemerkung. Jenny schien bisher die sympathischste aus dem Verein zu sein. »Dieses Grundstück gehörte der Mutter meines verstorbenen Mannes. Er hat es etwa zehn Jahre nach unserer Heirat geerbt. Percy Troy, mein Nachbar –« Sie nannte den Namen mit einiger Empörung. »– hat sein Eigentum von seiner Tante Henrietta geerbt. Anscheinend war es Tante Henrietta, die beschlossen hatte, diese alte Steinmauer zu errichten, um die Grundstücke zu trennen. Nur tat sie dies, ohne das Land auf ordnungsgemäße Grenzlinien vermessen zu lassen. Nun, die Mauer hat angefangen zu bröckeln. Jedes Mal, wenn es regnet, fällt ein weiterer Stein heraus. Ich habe einen Vermessungsingenieur beauftragt, die genauen Grundstücksgrenzen zu ermitteln, damit wir einen neuen Zaun bauen können. Es stellte sich heraus, dass Henrietta die Mauer gut einen Meter weit auf meine Seite gebaut hatte.« Jenny reichte mir ein Tablett mit hübschen Teesandwiches und holte aus ihrem Kühlschrank eine zweite Platte mit Obst und Käse. Sie schloss die Kühlschranktür mit ihrer Hüfte. »Als ich Percy vorschlug, dass wir uns die Kosten für einen neuen Zaun teilen könnten, dieser aber einen Meter in seine Richtung verschoben werden würde, bekam er einen Wutanfall. Der Mann ist so geizig wie Scrooge selbst. Er wollte nicht nur keinen neuen Zaun aufstellen, sondern auch ganz sicher nichts von seinem Grundstück abtreten.«

Jenny schaffte es, die Fliegengittertür mit ihrem Ellbogen zu öffnen, winkte mich durch und erzählte ihre Geschichte weiter, während wir das Essen nach draußen trugen.

»Wir landeten vor Gericht. Er hat natürlich verloren. Und der Richter sagte ihm, dass er, da seine Tante den Fehler gemacht habe, den neuen Zaun selbst bezahlen müsse.«

»Oh je, ich wette, das hat ihn noch wütender gemacht.«

»Das kann man wohl sagen«, sagte sie. »Es ist ziemlich traurig. Wie auch immer, als der Geizhals, der er ist, beschloss er, den neuen Zaun ganz allein abzureißen und neu zu errichten. Und er ist kein junger Hüpfer mehr.«

»Er klingt ziemlich stur«, sagte ich, als ich die Sandwiches auf den Tisch stellte.

»Stur und geizig«, bestätigte Jenny. »Jetzt greift alle zu, damit wir uns um die Vereinsangelegenheiten kümmern können.«

KAPITEL 3

Jennys Pumpernickel mit Eiersalat und Gurke waren genau das, was ich brauchte, um mich nach der langen, heißen Fahrradtour wieder zu stärken. Zum Glück kam auch die lang erwartete Nachmittagsbrise auf. Es schien, als wären alle in besserer Stimmung, sobald die frische Luft in Jennys Garten wehte.

Wie sich herausstellte, war Oscar ziemlich schwerhörig, und Virginia wiederholte geduldig alles, was am Tisch besprochen wurde. Molly war mehr als genervt davon, dass sie sich alles noch einmal anhören musste, Wort für Wort und in extra lauter Lautstärke. Als Jenny die Besprechung begann, hatte sie die Lippen zu einer dünnen, mürrischen Linie verzogen. Sie wurden noch dünner, als Jenny Carla bat, das Protokoll der letzten Besprechung vorzulesen.

Carlas Augen wurden groß. »Von mir? Oh, natürlich. Ich hole nur schnell meine Brille. Du weißt, dass ich ohne sie nichts sehen kann.«

Molly stöhnte verärgert neben mir, aber Carla hörte es nicht. »Sie kann mit ihr auch nichts sehen«, murmelte Molly.

Carla kehrte zurück, begeistert von ihrer Aufgabe. Zusammen mit der Brille trug sie eine Tube Sonnencreme bei sich. Sie trug schnell etwas davon auf ihre Nase und Wangen auf. »Sonst noch jemand? Die Sonne steht zu dieser Zeit genau über uns.«

Jenny und ich nahmen ihr Angebot an. Als ich mir etwas davon auf die Nase schmierte, schnaubte Molly. Sie streckte ihre Unterarme aus. »Ich brauche dieses fettige Zeug nicht. Ich werde nur braun.«

Oscar, der beim Mittagessen kein Wort gehört zu haben schien, verstand irgendwie ihre Bemerkung und schlüpfte sofort in seine Rolle als Arzt. »Es spielt keine Rolle, ob man nur braun wird, jeder kann Hautkrebs bekommen.«

Dieser medizinische Rat, so wahr er auch war, ließ Molly nur noch mehr in sich zusammensinken. Sie hatte kein gutes Vereinstreffen. Ich fragte mich, ob das üblich war oder ob sie nur besonders schlechte Laune hatte.

Molly hatte nicht übertrieben, was Carlas Sehkraft betraf. Das Vorlesen des Protokolls, das nicht mehr als eine halbe Seite lang war und nur wenige Informationen enthielt, dauerte gut fünfzehn Minuten, vor allem weil die sehr geduldige Jenny Carla helfen musste, jedes zweite Wort zu entziffern. Carla beschwerte sich, dass die Schrift viel kleiner als normal sei, aber mir schien sie völlig in Ordnung zu sein.

Carla beendete das Protokoll. Molly verschwendete keine Zeit und begann das Treffen mit einem Vorschlag, obwohl sie es eher als Forderung formulierte. Sie stand von ihrem Stuhl auf, räusperte sich und strich sich die Haare hinter die Ohren. Die paillettenbesetzte Kappe lag auf dem Tisch. Auf halbem Weg durch die langwierige Lektüre des Protokolls war der Hut offenbar zu schwer geworden. Ich bemerkte, wie sie diskret versuchte, ein paar Mal mit dem Nacken zu knacken, um die Last des Gewichts auf ihrem Kopf zu lindern. Etwas sagte mir, dass Kates einzigartige Hüte nicht der nächste große Sommertrend in Port Danby werden würden.

»Ich schlage vor, dass wir eine neue Regel in die Satzung unseres Gartenvereins aufnehmen.« Molly stand aufrecht da und sprach mit lauter Stimme, als würde sie vor dem Kongress sprechen.

»Wir haben eine Satzung?«, fragte Virginia.

Molly winkte die durchaus berechtigte Frage ab. »Ich denke, da wir die lokale Gärtnergemeinschaft vertreten, sollten wir Vorbilder für den Rest der Stadt sein. Wir sollten niemals Blumen pflanzen, die bereits blühen. Wir sollten unsere Gärten wie echte Experten von Grund auf neu anlegen, mit Samen, Stecklingen und Zwiebeln. Erst kürzlich habe ich gesehen, wie Carla die Dahlien in ihrem Garten direkt aus den Anzuchttöpfen umgepflanzt hat. Das ist schrecklich dilettantisch und mehr als nur ein bisschen unehrlich.«

Trotz der Sonnencreme wurde Carlas Gesicht knallrot. Es war eine Mischung aus Wut und Verlegenheit. Ich war, ungewöhnlich für mich, sprachlos angesichts dieses unbegründeten Angriffs. Jenny eilte Carla zu Hilfe, bevor sie vor Scham im Boden versank.

»Molly, zufälligerweise war ich mit Carla in der Baumschule. Sie war auf der Suche nach Dahlienknollen, aber die waren ausverkauft. Sie wollte unbedingt Dahlien in ihrem Garten haben und war furchtbar enttäuscht.« Jenny berührte ihre Brust. »Ich sagte ihr, sie solle die Töpfe mit den Dahlien kaufen und sie in ihrem Garten neu einpflanzen. Und ehrlich gesagt, bist du sehr hart, Molly.«

Carla sah immer noch erschüttert aus, aber ihre Wangen waren nicht mehr ganz so rot. Molly, die sich von der Vereinspräsidentin gehörig zurechtgewiesen fühlte, setzte sich ohne ein weiteres Wort hin. Auch Carla war still.

»Wisst ihr, ich glaube, die Sonne ist heute ein bisschen zu heiß für uns«, sagte Virginia. »Oscar und ich werden früher gehen.«

Jenny stand auf, um sie hinauszubegleiten. Ich blieb mit Carla und Molly am Tisch sitzen. Die Temperatur war heiß, aber die Atmosphäre am Tisch war eisig.

»Ich muss gestehen, dass ich auch Blumen aus der Baumschule in meinen Garten umpflanze, um sofort etwas Farbe zu haben«, sagte ich.

Mein Kommentar entlockte Carla ein schwaches Lächeln, aber Molly tat so, als interessiere sie sich für die Metallsterne an ihrer Kappe. Ich atmete erleichtert auf, als Jenny an den Tisch zurückkehrte. Elsie würde jedes Detail des Vereinstreffen hören wollen, damit sie ›Ich hab’s dir doch gesagt‹ sagen konnte. Und das hatte sie. Sie hatte es mir tatsächlich gesagt.

Jenny nahm einen Stift in die Hand und öffnete ihren Notizblock. »Wir brauchen Ideen für den Stand des Gartenvereins. Wir müssen ihn morgen aufbauen. Dann müssen wir dafür sorgen, dass jemand den Stand während der Feierlichkeiten betreut. Es wäre toll, wenn wir etwas für eine Spendenaktion verkaufen könnten.«

»Wie wäre es mit eingetopften Dahlien?«, sagte Molly spöttisch und warf Carla einen Seitenblick zu.

»Wie wäre es mit eingetopften Kräutern?«, warf ich schnell ein. »Ich wäre gern bereit, sie zu spenden. Ich habe Basilikum, Oregano, Thymian und Rosmarin im Laden.«

Carlas Lächeln kehrte zurück. »Was für eine wunderbare Idee. Aber schaffst du es, die Töpfe rechtzeitig zu bepflanzen? Die Feier ist übermorgen.«

»Kein Problem. Ich fange gleich damit an.«

Jenny klatschte leicht. »Ich liebe diese Idee. Alle dafür?« Selbst Molly musste widerwillig zustimmen. Vor allem, da sie nach ihrer kurzen Tirade über die Dahlien offenbar nichts Konstruktives mehr zu dem Treffen beizutragen hatte.

Jenny zeichnete schnell eine Tabelle auf ihren Zettel. »Ich werde morgen den Stand aufbauen. Du kannst die Kräuter mitbringen, wann immer du sie fertig hast. Und da du all diese Arbeit machst, werden Carla, Molly und ich uns bei der Betreuung des Standes abwechseln.«

Ich nahm meine Limonade in die Hand. »Klingt gut.« Seit Beginn des Sommers war es ruhig im Laden gewesen, sodass ich viel Zeit hatte, die Kräuter zu pflanzen. Während wir die Details für den Stand festlegten, schwirrte ein Schwarm geschäftiger Fliegen um die Essensreste auf dem Tisch herum.

Jenny wedelte mit der Hand, um sie zu verscheuchen, aber Fliegen ließen sich von Handbewegungen nie abschrecken.

»Es scheint, als hätten uns die Fliegen entdeckt. Wir sollten das Essen vielleicht ins Haus zurückbringen«, schlug ich vor.

»Gute Idee.« Jenny griff nach dem Sandwich-Tablett, und ich nahm die zweite Platte.

Molly zog ihre Kappe tief ins Gesicht. »Nun, wenn es nichts weiter zu besprechen gibt, ich habe Rachel Holder versprochen, ihr bei der Herstellung von Salzwasser-Toffees für den Stand des Stadtrats zu helfen. Sie sammeln Geld für die Renovierung des Hawksworth-Museums.«

Bei dem Begriff ›Museum‹ unterdrückte ich ein Lächeln. Ein alter Gärtnerschuppen, gefüllt mit ein paar zusammengewürfelten und uninteressanten Artefakten, war kaum ein Museum, aber er war der Stolz der Stadt, zusammen mit dem jahrhundertealten geheimnisvollen Mordfall.

»Renovierung? Inwiefern?«, fragte ich. Denn Molly hatte schließlich eines meiner Lieblingsthemen angesprochen. Ich hielt den Atem an und hoffte auf etwas Bahnbrechendes und Aufregendes.

»Ich glaube, es ist die Rede davon, den Gärtnerschuppen von außen zu streichen«, sagte Molly.

Enttäuscht sackten meine Schultern herab, aber ich war mir auch nicht sicher, was ich eigentlich erwartet hatte.

Molly hob ihre Limonade und leerte das Glas. Sie stellte es auf den Tisch, erntete jedoch einen missbilligenden Blick von Jenny, der einer Bibliothekarin würdig war.

»Da ich das Mittagessen gemacht habe, wäre es nett, wenn du wenigstens helfen würdest, indem du die Gläser hineingibst«, sagte Jenny.

Molly sammelte die Gläser mit einem Seufzer ein und erinnerte mich an mich selbst als Teenager, wenn ich gebeten worden war, den Tisch abzuräumen.

Carla schien bestrebt, Abstand zwischen sich und Molly zu schaffen, also eilte sie voraus und trug die übrig gebliebenen Servietten und Tischsets herein.

Wir vier versammelten uns in Jennys makelloser Küche und bewunderten ihre gut organisierte Speisekammer, in der jeder Korb und jeder Behälter mit bunten Etiketten versehen war. Sogar Molly legte ihre mürrische Miene ab und machte ein Foto, damit sie so etwas in ihrer eigenen Küche ausprobieren konnte. Auch Carla machte ein Foto. Und obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, meine Küche in nächster Zeit zu organisieren, fühlte ich mich verpflichtet, den gleichen Enthusiasmus zu zeigen.

Carla sah sich die Fotos an, die sie geschossen hatte. »Wenn es dir nichts ausmacht, Jenny, würde ich diese gerne auf meinem Blog über Essen und Gartenarbeit veröffentlichen. Ich habe gerade dreihundert Follower erreicht«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln.

Zum Glück war ich die Einzige, die Mollys Augenrollen bemerkte. Ich hatte genug Streitigkeiten für ein Vereinstreffen gehabt. Es war nun offensichtlich, dass Molly Carla nicht mochte. Und obwohl sie ihre Abneigung nicht so deutlich zum Ausdruck brachte, konnte ich nur vermuten, dass Carla auch Molly nicht leiden konnte.

Jenny schloss die Türen der Speisekammer. »Oh, ich möchte euch noch einen kleinen Teil des Hauses zeigen. Mein Vater hat mir eine ziemlich beeindruckende Sammlung von Erinnerungsstücken an den Zweiten Weltkrieg hinterlassen. Es dauert nur eine Sekunde, wenn ihr einen Moment Zeit habt.«

Ich musste zurück in den Laden, aber Jenny schien so begeistert davon zu sein, uns die Kollektion zu zeigen, dass ich es nicht übers Herz brachte, nein zu sagen. Selbst Molly folgte Jenny höflich durch den schmalen Flur zu einem Schlafzimmer im hinteren Teil des Hauses. Die Einrichtung war makellos, aber veraltet. In dem Schlafzimmer, das wir betraten, stand ein antikes Tagesbett aus Schmiedeeisen, das mit Dutzenden bestickten Kissen geschmückt war, mindestens zwei für jeden Feiertag.

Jenny lachte leise und nahm ein Kissen mit einer leuchtend orangefarbenen Kürbislaterne, die auf schwarzen Stoff gestickt war, und ein weiteres mit einem grauen Hasen, der einen bunten Korb mit aufwendig handgestickten Ostereiern hielt. »Ich bewahre sie hier auf, bis der entsprechende Feiertag ansteht. Im Moment habe ich zwei Flaggenkissen auf dem Sofa im Wohnzimmer liegen.« Jenny hüpfte beinahe zum Schrank an der Seitenwand hinüber. Sie öffnete die Türen und gab den Blick auf Regale voller Kriegsartefakte frei. Bevor sie ihre ›Tour‹ beginnen konnte, klingelte es an der Haustür.

»Ich frage mich, wer das sein könnte?«, meinte Jenny an uns gewandt, bevor sie den Raum verließ. »Schaut euch ruhig um. Ich bin gleich wieder da.«

Die Regale waren voll mit verblassten Uniformabzeichen, mehreren kunstvoll geschnitzten Messern, einer Feldflasche und einem Essgeschirr sowie vielen Schwarz-Weiß-Fotos. Es war eine nette kleine Sammlung, aber ich musste dringend zurück in den Laden. Und ich stand mit meinen beiden Mitstreiterinnen aus dem Gartenverein da, die während Jennys Abwesenheit in unangenehmes Schweigen verfallen waren. Glücklicherweise kam sie schnell zurück, und hinter ihr waren weitere Schritte zu hören, die den Flur entlangstapften.

Ein Mann um die fünfzig mit einer dicken Brille und einer blauen Mütze auf dem offenbar fast kahlen Kopf kam hinter Jenny herein.

Sein Gesicht war rosa, und um den Kragen seines Hemdes war eine Schweißlinie zu sehen, als hätte er in der Sonne trainiert.

»Das ist mein Nachbar, Percy Troy.« Jennys Tonfall klang etwas seltsam, als würde sie sich zu Höflichkeit zwingen. Anscheinend war das der geizige, sture Nachbar mit dem Mauerproblem. »Er kam vorbei, um eine Frage zu stellen, und ich erwähnte, dass ich die Sammlung von Kriegsandenken herausgeholt hatte. Also hat er beschlossen, sich uns anzuschließen.«

Percy nickte uns allen höflich zu und trat weiter in den Raum hinein, um sich die Sammlung anzusehen.

Jenny sprach kurz über die Medaillen und die Bilder, bevor sie eine Schatulle aus poliertem Walnussholz hervorholte. Auf der Messingplakette auf der Vorderseite stand ›World War II Commemorative Colt 1911‹. »Das war der wertvollste Besitz meines Vaters.« Jenny öffnete die Schatulle und enthüllte eine gut erhaltene Pistole mit einem aufwendig geprägten, versilberten Griff. Sogar der Lauf war verziert. Acht glänzende Kugeln hatten ihre eigenen separaten Fächer im dunkelblauen Samtinnenleben der Schatulle.

Percy und Molly schienen am meisten an der Sammlung interessiert zu sein, aber Carlas Aufmerksamkeit wurde von den bestickten Kissen angezogen.

Ich schenkte den Gegenständen meine gebührende Aufmerksamkeit und lobte sie, bevor ich mich verabschiedete. »Jenny, wenn es dir nichts ausmacht, ich muss zurück zum Laden und diese Kräuter einpflanzen.«

»Natürlich.«

Als perfekte Gastgeberin begleitete mich Jenny zur Veranda und winkte mir zum Abschied, als ich auf mein Fahrrad stieg und die Auffahrt hinunterradelte.

KAPITEL 4

Ryder nahm eine späte Mittagspause. Ich hatte gerade Basilikum und Rosmarin in kleine Plastiktöpfe gepflanzt und beugte mich über das Waschbecken, um mir die Hände zu waschen, als sich die Ladentür öffnete. »Ich bin gleich bei Ihnen«, rief ich.

Etwas Kaltes und Feuchtes drückte gegen meine Kniekehle. Ich warf eine Handvoll Schaum in die Luft und schnappte erstaunt nach Luft. Ich drehte mich um und sah, dass Detective Briggs’ Hund Bear brav hinter mir saß und so tat, als hätte die kalte Nase nichts mit ihm zu tun gehabt. Briggs zuckte entschuldigend mit den Schultern. Er trug nicht wie üblich Anzug und Krawatte. Es war einfach zu heiß. Sein weißes Hemd sah auf seiner gebräunten Haut außergewöhnlich gut aus. Sein dunkles Haar war nur ein wenig länger geworden und kräuselte sich hübsch auf dem weißen Kragen.

Ich streichelte Bear über seinen großen, weichen Kopf. Ich war noch nie so verwirrt gewesen wie in Bezug auf meine Beziehung zu Detective James Briggs. In einigen Punkten war ich mir sicher. Ich mochte ihn sehr, und zwar nicht nur im Sinne von ›Hey, lass uns eine Tasse Kaffee trinken‹. Ich liebte es, Mordfälle mit ihm zu bearbeiten. Und ich würde sicher nicht nein sagen, wenn er sich zu einem Kuss hinreißen ließe. Ganz sicher nicht. Aber immer wenn ich dachte, dass sich die Dinge in diese Richtung entwickeln würden und wir uns zunehmend wohler miteinander fühlten, wurde er von der Arbeit abgelenkt oder ich war im Laden beschäftigt. Aber es waren nicht nur die üblichen logistischen Hindernisse und Dinge des Alltags, die uns im Weg standen. Da war noch etwas anderes. Und was auch immer es war, es kam ganz und gar von seiner Seite. Er zog sich immer dann zurück, wenn es so aussah, als würden wir Fortschritte machen. Letztendlich hatte ich mich davon überzeugt, dass er einfach nicht dasselbe empfand wie ich. Es fühlte sich an wie ein kalter Schlag ins Gesicht, als ich merkte, dass Briggs einfach nicht so sehr auf mich stand, aber ich hatte nicht die Absicht, eine wunderbare Freundschaft wegen eines gebrochenen Herzens zu riskieren.

Briggs ging zu Kingston hinüber, um ihn zu begrüßen. Mein Vogel warf ihm einen flüchtigen Blick zu, bevor er seine glänzenden schwarzen Augen wieder auf die beiden Spatzen richtete, die draußen auf dem Fenstersims zwitscherten.

»Wann kommen deine Eltern an?«, fragte er. Wir hatten seit einer Woche nicht mehr miteinander gesprochen. Briggs hatte an einem Fall in der Nachbarstadt gearbeitet. Es waren alles kleine Städte, aber manchmal schien es, als müsse er sich sehr anstrengen, um sowohl die drei benachbarten Küstenstädte als auch Port Danby abzudecken. Ich wünschte nur, ich könnte das als Entschuldigung dafür nehmen, dass er nicht genug Zeit hatte, um mich privat zu treffen.

»Nun, solange das Flugzeug nicht vorzeitig abgeflogen ist …«

»Vorzeitig?«, fragte er mit diesen dunklen Augen, die immer genau im richtigen Moment zu leuchten schienen.

»Ja. Sie sind schon fünf Stunden früher vor Ort, für den Fall, dass das passiert.«

Briggs’ Lächeln war an diesem Tag besonders schön. »Sie bekommen Punkte für ihren Optimismus.«

Ich lachte. »Sie sollten heute Abend gegen fünf Uhr eintreffen.« Bear lief hinter den Tresen, um nach dem Glas mit den Leckerlis zu suchen. Der riesige Welpe wuchs schnell in seine gigantischen Pfoten und Schlappohren hinein und sein geflecktes graues Fell bekam einen schönen silbernen Schimmer. Er war ein gut aussehender Hund. Neben seinem Besitzer war er einfach unwiderstehlich.

Ich ging zu dem Leckerli-Glas, das ich nur für Bear mit welchen mit Hühnergeschmack gefüllt hatte. Seine feuchte Nase zuckte in der Luft hin und her, noch bevor ich den Deckel abgenommen hatte. »Es sieht so aus, als würde ich bald als Geruchsexperte abgelöst werden.« Ich gab Bear das Leckerli.

»Das glaube ich nicht. Er ist nur interessiert, wenn der Geruch zu einem Leckerbissen führt.« Wieder ein schönes Grinsen. Dieses hier ein wenig schief. Sein üblicher Bartschatten war ein paar Stunden früher als sonst da. Das ließ ihn immer ein wenig verschlagen aussehen, besonders mit seinem schiefen Lächeln.

Briggs lehnte sich gegen den Hocker auf der gegenüberliegenden Seite der Theke. Er wirkte weniger kühl und selbstbewusst als sonst. Aber es war keine Aufregung. Briggs war immer schwer zu durchschauen. Das kam daher, dass er Detektiv war.

Er griff nach oben und kämmte mit den Fingern durch sein Haar. »Hast du vor, am Mittwochabend zum Feuerwerk zu gehen?« Die Frage schien schneller herauszusprudeln, als er erwartet hatte.

»Natürlich. Es klingt lustig.« Ich stützte meine Unterarme auf die Arbeitsinsel. »Und du? Oder musst du arbeiten?«

»Ja, nein.« Er schüttelte einmal den Kopf. »Ich meine, ja, ich hatte vor, hinzugehen, und nein, ich muss nicht arbeiten.« Er starrte mich einige Sekunden lang über die Arbeitsinsel hinweg an. In diesem Moment hätte ich mich fast davon überzeugen können, dass meine Theorie, er sei nicht interessiert, falsch war.

»Ich habe mich gefragt …«, begann er. »Nun, das heißt, wenn du nicht schon ein …« Er hielt inne, bevor er das Wort ›Date‹ aussprechen konnte. Ein Anflug von Enttäuschung überkam mich und ließ mich nicht mehr los. »Was ich sagen möchte … mit der ganzen Eloquenz eines plappernden Dummkopfs … ist: Ich würde mich sehr freuen, wenn wir zusammen hingehen könnten.«

Der Satz ›Schweig still, mein Herz‹ schwirrte mir ein paar Sekunden lang im Kopf herum, während ich darauf wartete, dass er nicht mit einem herzlichen Lachen und einem ›Reingelegt!‹ endete. Nope. Seine warmen braunen Augen warteten geduldig auf meine Antwort.

»Das würde ich gerne, Detective Briggs.« Bevor der Moment verarbeitet und zu genau analysiert werden konnte, sprang Bear auf seine Hinterbeine und stemmte seine großen Pfoten auf die Theke. Er hechelte Briggs mit heißem Atem an.

»Du bist nicht eingeladen«, sagte Briggs. »Außerdem verkriechst du dich bei Gewitter unter dem Bett.« Er drehte sich mit einem tiefbesorgten Blick zu mir um. »Ich hatte gar nicht an den Lärm des Feuerwerks gedacht. Glaubst du, er kommt zurecht?« Innerhalb weniger Monate hatte sich Briggs von einem äußerst widerwilligen Hundebesitzer zu einem überfürsorglichen gewandelt. Es war einfach nur bezaubernd.

»Du könntest den Tierarzt fragen, ob er etwas empfehlen kann, um ihn zu beruhigen. Aber wenn er drinnen eingeschlossen ist, wird es ihm wohl gut gehen.« Kurzzeitig befürchtete ich, dass er es sich anders überlegt hatte, mich zum Feuerwerk mitzunehmen. »Wenn du denkst, dass du lieber zu Hause bei Bear bleiben solltest, würde ich das natürlich verstehen.«

Briggs’ Schultern sanken etwas. »Nein, es sei denn, du willst mit jemand anderem hingehen?«

Wir waren wirklich geistesverwandt. »Nein, ich habe an diesem Abend Zeit.«

»Prima. Klingt nach einem Plan. Ich sollte mich wohl besser wieder an den Papierkram machen, den ich den ganzen Tag aufgeschoben habe. Komm schon, Bear. Du kannst Hilda eine Weile nerven, damit ich etwas Arbeit erledigen kann.« Briggs ging hinaus und sein riesiger Kumpel trottete hinter ihm her.

Ich wartete natürlich, bis sie außer Sichtweite waren, bevor ich direkt zur Tür hinausging und die Straße hinüber zu Lola’s Antiques lief. Lola kam aus dem Hinterzimmer, als ich den Laden betrat. Sie trug ihr Lieblings-Vintage-T-Shirt von Led Zeppelin. Mir fiel sofort auf, dass sie mehr Make-up trug als sonst.

»Gehst du irgendwo hin?«, erkundigte ich mich.

Ihre normalerweise rötlichen Wimpern waren mit Mascara schwarz getuscht. Sie klimperte überrascht mit ihnen. »Nein, warum fragst du?«

»Nun ja …« Ich zeigte auf mein eigenes Gesicht, in der Hoffnung, dass ihr das vielleicht helfen würde, sich an die ungewöhnlich dicke Schicht Mascara und Lippenstift zu erinnern. »Es ist nur, dass du Make-up trägst.«

»Genau wie du.« Sie schlüpfte hinter die Glasvitrine, in der Vintage-Schmuck, antike Feuerzeuge und allerlei Kleinigkeiten ausgestellt waren, die man in früheren Jahrhunderten getragen haben könnte.

»So viel trage ich doch gar nicht«, protestierte ich viel zu heftig, als wäre mein Hauch von Mascara ein Verbrechen. »Außerdem trage ich es immer, aber du —« Ich wedelte mit der Hand. »Vergiss es. Ist nicht so wichtig.« Ich trat näher an den Tresen. »Ich muss dir etwas erzählen.«

Ihre kakaobraunen Augen funkelten. »Ich dir auch. Und meine Neuigkeiten werden dich wahrscheinlich hysterisch werden lassen.«

Ich lachte. »Hysterisch? Meine Liebe, du hast zu viel Zeit mit deinen Antiquitäten verbracht. Aber ich werde mitspielen. Ich glaube, meine Neuigkeiten könnten dir einen Schock versetzen, also sollten wir dieses Gespräch vielleicht auf die alte Satin-Chaiselongue in der Ecke verlegen.« Ich hatte gescherzt, aber Lola gefiel der Vorschlag. Late Bloomer, Lolas alter Hund, schnarchte am Fußende der Chaiselongue. Als Lola und ich uns hinsetzten, stieg Staub aus den abgenutzten Satinpolstern auf, was mich zum Niesen brachte.

Ich rieb mir die Nase. »Ich schwöre, ich kann immer noch das viktorianische Parfüm riechen, das die Besitzerin dieses Sofas trug, als sie darauf saß. Veilchen, glaube ich.«

»Wow.« Lola schüttelte den Kopf. »Du bist gut. Oder sollte ich besser sagen: Diese Nase ist gut. Veilchen war in der viktorianischen Zeit sehr beliebt, also hast du wahrscheinlich Recht. Wenn du stirbst, muss dieser kleine Super-Riecher abgeschnitten und in einem Museum ausgestellt oder der Wissenschaft übergeben werden.«

Ich lehnte mich zurück und schürzte meine Lippen bei ihrem Vorschlag.

»Tut mir leid«, sagte Lola. »Meine Eltern haben mir all diese gruseligen antiken medizinischen Ausstellungsstücke und Lehrmodelle geschickt, die sie in England gefunden haben. Ich schätze, ich bin in einer makabren Stimmung. Nur dass dann beim Mittagessen etwas ganz und gar Un-Makaberes und Cooles passiert ist. Aber du zuerst. Oh, Moment. Wie war das Treffen des Gartenvereins? Hat das etwas damit zu tun?«

Ich stieß einen genervten Seufzer aus. »Ja genau, das ist es. Wir werden auf dem Festival Kräuter verkaufen.« Ich stupste sie an der Schulter an. »Siehst du. Schockierend, nicht wahr?«

Sie starrte mich einen Moment lang mit nur einem Auge an. »Du machst Witze, nicht wahr?«

»Ja. Dummerchen. Das Treffen des Gartenvereins war interessant, weil es zwischen den Mitgliedern eine faszinierende Dynamik gibt, aber ich werde das für ein anderes Mal aufheben, weil ich zurück muss. Briggs kam vor ein paar Minuten in den Blumenladen. Er hat mich gefragt, ob ich mir mit ihm das Feuerwerk ansehen möchte. Und jetzt, wo ich es laut ausspreche, ist es ungefähr so aufregend wie der Kräuterverkauf.« Ich sackte in mich zusammen. »Ich glaube, ich interpretiere da zu viel hinein. Es ist nur ein Feuerwerk.«

»Nein, tust du nicht. Ich bin mir nicht sicher, wann und wie es passiert ist, aber das Feuerwerk hat sich irgendwie in eine Art romantische Date-Sache verwandelt. Es werden Familien und quirlige kleine Kinder herumtollen, aber es gilt definitiv als Date, wenn dich jemand fragt.« Lola zog ein Gummiband aus ihren Jeansshorts und band ihr dichtes rotes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen.

»Ich weiß nicht. Ich fühle mich von der ganzen Sache irgendwie entmutigt. Er hat das D-Wort ziemlich bewusst vermieden, als er gefragt hat. Ich bin einfach so verwirrt über unsere Freundschaft. Ich meine, ich war schon in Beziehungen, und wie meine Mutter dir bestätigen wird, habe ich sogar eine perfekte Verlobung aus dem trivialen Grund aufgelöst, dass er mich hinter meinem Rücken betrogen hat. Ich bin kein Kind mehr, aber ich habe absolut keine Ahnung, wo ich bei Briggs stehe. In einem Moment denke ich, dass sich etwas Ernstes anbahnt, und im nächsten Moment denke ich, dass ich nur ein Kumpel bin, mit dem er gerne Zeit verbringt. Ugh, er hat mein Selbstvertrauen zerstört. Ich sollte mir nicht einmal das Feuerwerk mit ihm ansehen.«

Lola griff nach mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände. »Reiß dich zusammen, bevor ich dir eine Ohrfeige geben muss. Du machst dir zu viele Gedanken. Geh einfach hin, genieße die Show und schau, was passiert.«

Ich holte tief Luft und atmete noch mehr alten Staub von der Couch ein. Ich hustete in meine Faust und stand auf, um der muffigen Wolke zu entkommen. Lola sprang ebenfalls auf, aber Late Bloomer schnarchte weiter.

»Was sind deine Neuigkeiten?«, fragte ich. »Warte, bevor du es mir sagst, will ich dir noch etwas anderes erzählen. Aber du darfst es der Person, von der ich sprechen werde, nicht erzählen. Er wäre verärgert, wenn er wüsste, dass ich mit dir darüber geredet habe.«

Lola tippte sich ans Kinn. »Lass mich raten. Du willst etwas über Ryder sagen?« Ihr trockener, sarkastischer Ton zerstörte meine Hoffnung, dass sie meinen Vorschlag annehmen würde, aber ich machte weiter.

»Ich denke, du solltest Ryder zum Feuerwerk einladen oder ihm gegenüber zumindest andeuten, dass du kein Date hast.«

Sie hob das Kinn. »Woher weißt du, dass ich kein Date habe? Zufälligerweise habe ich eins.«

»Wirklich? Ach Mist. Ryder wird enttäuscht sein. Bring es ihm einfach schonend bei, wenn er fragt.«

Lola griff nach dem Staubwedel auf der Arbeitsplatte und begann, damit über die verzierten Lampenschirme zweier viktorianischer Lampen zu wischen. »Eine gute, unterstützende Freundin würde mich fragen, wer mein Date ist, bevor sie mir Vorträge darüber hält, wie man jemanden höflich zurückweist.«

»Du hast Recht, Lola. Ich schätze, ich mache mir nur Sorgen um Ryder. Also, wer ist der Glückliche? Und bitte sag mir nicht, dass es dieser seltsame, laute Typ ist, der auf dem Krabbenkutter arbeitet.«

»Igitt, nein. Ich fand ihn etwa vier Sekunden lang süß. Wir haben uns noch nicht einmal auf einen Kaffee getroffen.« Sie wischte mit ihrem Staubwedel über mehrere Bücherregale. Es schien, als würde sie das Ganze noch weiter in die Länge ziehen, um einen dramatischen Effekt zu erzielen.

»Also?«, fragte ich.

»Ich gehe mit Ryder. Er hat mich vorhin gefragt.«

Ich klatschte einige Male schnell in die Hände und umarmte sie dann. Ein Date, oder ein mögliches Date, und ich war wieder in der Highschool. Diesmal war es der Staubwedel, der mich zum Niesen brachte. »Dieser Laden und meine empfindliche Nase passen nicht zusammen.«

»Das sagt wohl mehr über meine Fähigkeiten als Ladenbesitzerin aus als über deine Nase«, sagte sie. »Solltest du nicht bald losfahren, um deine Eltern vom Flughafen abzuholen?«

»Mir wurde die lange Fahrt erspart, weil mein Vater unbedingt mit einem Cabrio an der Küste entlangfahren wollte. Er hat eins für den Urlaub gemietet. Ich hoffe nur, dass sie mein Haus finden können. Sie haben die Karten-App auf dem Handy noch nicht ganz im Griff. Sagen wir einfach, sie sind schon an vielen seltsamen Orten gestrandet, weil ›die Frau mit der Karte‹, wie meine Mutter die Stimme nennt, sie in die Irre geführt hat. Jetzt muss ich aber zurück und die Kräuter für den Stand des Gartenvereins fertig pflanzen.«

Lola ging weiter zu einem antiken Hutständer, an dem sie einige Strohhüte aufgehängt hatte, die mit einem breiten rot-weiß-blauen Band geschmückt waren. »Hey, vielleicht sollten wir für den großen Abend passende Hüte tragen.« Das war natürlich nur ein Scherz, aber es erinnerte mich an das stressige Treffen des Gartenvereins.

»Erinnere mich daran, dir von dem Treffen des Gartenvereins, unserer lieben Freundin Kate Yardley und ihren fragwürdigen Geschäftspraktiken zu erzählen.«

Lolas Augen wurden groß. »Das muss ich hören. Ich werde dich auf jeden Fall daran erinnern.«

Ich stieß die Tür auf. »Später.«

KAPITEL 5

Ein auffälliges blaues Mustang-Cabrio fuhr in die Einfahrt. Ich hatte alle möglichen Gefühle durchlebt, darunter Beklommenheit, Entsetzen und Sorge, während ich auf den Besuch meiner Eltern wartete, aber als ich sie nun sah, wie sie aufgeregt, sportlich und leicht sonnenverbrannt in ihrem Mietwagen saßen, war ich begeistert über den Besuch.

Mom schob ihre perlweiße Sonnenbrille auf der Nase nach oben und stieg aus dem Sportwagen, als würde sie gleich über den roten Teppich laufen. Sie ließ ihr hellbraunes Haar allmählich herauswachsen und von einem natürlichen Silbergrau überlagern. Sie hatte es kurz und schick schneiden lassen und mit vielen Locken, Wellen und Drehungen gestylt, was mich an den Zuckerguss auf einem Cupcake erinnerte. Es musste stark mit Haarspray fixiert worden sein, denn während der Fahrt vom Flughafen im offenen Auto war keine einzige Strähne aus der Form geraten. Sie trug eines von sechs neuen T-Shirts, die sie für die Reise gekauft hatte. Ich hatte eine Flut von Bildern von ihrem Einkaufsabenteuer erhalten. Anscheinend hatte sie das Shirt, das ihr gefiel, gleich in sechs verschiedenen Farben gekauft, eines für jeden Tag ihres Besuchs. Heute war Magenta-Tag.

Mom eilte zur Veranda und quietschte dabei die ganze Zeit. Es schien, als würde sie mit jedem Jahr schneller und energiegeladener werden.

Sie blieb stehen, stemmte die Hände in die Hüften und gab den ersten in einer langen Reihe unerwünschter Ratschläge, ihrer Spezialität. »Ich glaube, ein neuer gelber Anstrich würde diesem Haus guttun.«

»Ich bin ganz deiner Meinung, aber mein Geldbeutel nicht.« Wir streckten gleichzeitig unsere Arme aus, um uns zu umarmen.

Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie Dad sich abmühte, einen schweren Koffer aus dem Kofferraum zu holen. »Ich werde Dad helfen. Geh rein, Mom. Auf der Theke steht Limonade.«

»Hmm, das klingt gut. Cabrios werden überbewertet«, sagte sie mit leiser Stimme, obwohl Dad sie angesichts seiner Symphonie aus Grunzen und Fluchen unmöglich hören konnte.

»Dad, lass mich dir helfen.« Ich erreichte die unterste Stufe und fragte mich, warum ich nicht gehört hatte, wie die Fliegengittertür zugeschlagen wurde. Mom stand davor und spähte vorsichtig hinein.

»Kingston ist in seinem Käfig«, rief ich. »Ich habe ihn gewarnt, dass er zu gruselig für Oma ist. Seine Gefühle sind verletzt, aber ich werde es mit Leckereien wieder gutmachen.«

»Eine bedrohliche schwarze Krähe als Enkelkind. Was habe ich falsch gemacht?« Sie schimpfte vor sich hin, als sie das Haus betrat. Ich wusste nur zu gut, dass Mom, sobald ich mit Dad das Haus betreten hatte, sich eine Liste mit Änderungen gemerkt haben würde, die notwendig waren, um mein Haus wohnlicher zu machen.

Dads Gesicht war rot vor Anstrengung. Er gab sein Vorhaben auf, den schweren Koffer aus dem winzigen Kofferraum zu befreien. »Ich glaube, sie hat Bowlingkugeln in dieses Ding gepackt.« Dad lächelte warmherzig und wir umarmten uns. Seit meinem letzten Besuch zu Hause zu Weihnachten war sein Haar zurückgegangen und sein Bauch vorangegangen (oder was auch immer das Gegenteil von zurückgegangen war). Er hatte mir damals erzählt, dass andere Leute daran arbeiteten, ihren Bauch zu straffen, während er daran arbeitete, einen dicken Bauch zu bekommen, weil dieser die perfekte Ablage für die Fernbedienung des Fernsehers sei.

Ich tätschelte seinen Bauch. »Du arbeitest wohl hart daran, dieses Fernbedienungs-Regal zu bekommen, was?«

»Jep, und jetzt haben wir noch dieses andere Dingens für die Streamingkanäle, also brauche ich Platz für zwei Fernbedienungen. Thanksgiving sollte den Ausschlag geben.«

Ich lachte und umarmte ihn erneut. »Es ist so schön, dich zu sehen, Dad. Ich kann es kaum erwarten, dich meinen neuen Freunden vorzustellen.«

Wie aufs Stichwort fuhr Dash in seine Einfahrt. Er winkte uns zu. Dash und ich hatten uns nach einem unangenehmen Kussversuch am Pickford Leuchtturm auf eine Freundschaft geeinigt. Auf diesen unangenehmen Moment folgte kurz darauf ein schrecklicher Angriff durch eine Mörderin. Sowohl Dash als auch Briggs waren in der Nähe und retteten mich, ehe sie aufeinander losgingen. Selbst nachdem sie gemeinsam etwas Heldenhaftes vollbracht hatten (wie die Rettung der örtlichen Blumenladenbesitzerin), waren sie immer noch bereit, einander mit den Fäusten zu bekämpfen. Der Grund für diese Wut war mir immer noch ein Rätsel, aber da Dash und ich nebeneinander wohnten, beschlossen wir, Freunde zu bleiben. Ich war erleichtert.

Ich winkte Dash heran, obwohl er bereits in unsere Richtung unterwegs war. »Schicke Räder«, kommentierte er und streckte seine Hand aus. »Ich bin Dash, Laceys Nachbar. Sie müssen Stanley Pinkerton sein. Schön, Sie kennenzulernen.«

»Da du schon mal hier bist, großer, starker Nachbar …« Ich zeigte auf Moms mit Blei beschwerten Koffer, der unpraktischerweise in einen kleinen Kofferraum gequetscht war.

Dash zeigte kurz seine Muskeln, bevor er hineingriff und den Koffer herausholte, als ob er Kissen enthielt.

Die Fliegengittertür öffnete sich. Meine Mom hatte zwar nicht meinen hervorragenden Geruchssinn, aber sie konnte die Spur eines gut aussehenden, heiratsfähigen Junggesellen aus einer Meile Entfernung aufnehmen. Oder in diesem Fall aus einem kleinen Vorzimmer und einer zwei Meter breiten Veranda. Sie war nur noch ein magentafarbener Fleck, als sie die Stufen hinunter und über den Rasen zur Einfahrt eilte.

»Und das muss die reizende Peggy Pinkerton sein.« Dash küsste ihren Handrücken. Der Mann hatte Charme zu einer großartigen Kunst entwickelt. Ich hasste es, ihm zu sagen, dass er sich nicht so sehr anstrengen musste. Solange man groß, mysteriös und Single war, war man in den Augen meiner Mutter ein Prinz.

Aus offensichtlichen Gründen, wie zum Beispiel einem auffälligen magentafarbenen Grund, hielt ich mich bei unseren wöchentlichen Mutter-Tochter-Gesprächen mit Details über die Männer in meinem Leben zurück. Als ich meiner Mom erzählte, dass ich meine Verlobung mit Jacob, dem reichen (und fremdgehenden) Erben eines Parfümimperiums, aufgelöst hatte, war sie fast in Tränen ausgebrochen. Seit diesem Herzschmerz (mehr ihrer als meiner) hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, einen geeigneten Ersatz zu finden. Zum Glück für mich wohnte ich vier Flugstunden von zu Hause entfernt, sodass sie die Idee aufgeben musste, mit den Cousins zweiten Grades und alleinstehenden Söhnen verschiedener Bridgeverein-Mitglieder die Heiratsvermittlerin zu spielen.

Dash trug den Koffer die Treppe hinauf, während Mom sich von dem Handkuss erholte. Dad folgte ihm und erzählte ihm von der Fahrt in dem Mustang. Ich ging mit Mom hinter ihnen her. Ich hätte ihre genauen Worte schon lange bevor sie sie aussprach vorformulieren können. So berechenbar war sie.

Ihr Haar bewegte sich mit ihrem Kopf in einer silbernen Krone aus Haarspray, als sie sich näher beugte, um zu flüstern. »Oh wow, er ist wirklich gut aussehend. Was hast du gesagt, macht er beruflich?«

»Er ist Bootsmechaniker, unten in der Marina.«

Ich spürte, wie ihr Enthusiasmus etwas nachließ. »Oh, nun, über manche Dinge kann man wohl hinwegsehen.«

Ich blieb vor der Veranda stehen und flüsterte leise: »Ja, und du kannst weiter darüber hinwegsehen. Wir sind nur Freunde.« Moms Schritte hallten etwas lauter als nötig auf den Holzstufen der Veranda, als wir sie hinaufstiegen und das Haus betraten.

Ich hatte Elsies Blaubeer-Dessert aus dem Kühlschrank genommen, damit es sich leichter schneiden ließ. Der reichhaltige, fruchtige Duft von Beeren erfüllte die Luft und versetzte Kingston in Alarmbereitschaft. Er rutschte auf der Stange in seinem Käfig hin und her und versuchte, sich nicht darüber zu ärgern, dass er schon vor der Schlafenszeit eingesperrt worden war.

»Bleiben Sie doch noch für eine Erfrischung, Dash«, bot Mom schnell an. Sie war gerade einmal zwanzig Sekunden in meinem Haus und hatte offenbar direkt die Rolle der Gastgeberin übernommen. Sie hasste es, nicht Gastgeberin zu sein. Mehr als einmal hatte ich gesehen, wie sie das Thanksgiving-Festessen meiner Tante Rhonda so schnell und gründlich übernahm, dass Rhonda sich am Ende bei meiner Mutter für das schöne Essen und die Tischdekoration bedankte, als wir gingen.

Mom wandte ihre funkelnden Augen mir zu. »Oh Liebes, hast du das gebacken? Es ist wunderschön und riecht köstlich.« Sie schüttelte den Kopf. »Lacey ist so talentiert.«

Ich zwinkerte Dash zu. »Ja, es erforderte unglaublich viel Talent, um Elsies Dessert vom Laden nach Hause zu fahren. Ich habe es ganz alleine hereingetragen und alles.«

Zum Glück beendete Dad das alberne Gespräch. »Lacey, ist das dieselbe Krähe, die du schon immer hattest?«

Dash bemerkte meine hochgezogenen Augenbrauen und unterdrückte ein Grinsen.

Ich ging zum Käfig. Kingston plusterte sich wütend auf und schlug dann so heftig mit den Flügeln, dass mein Vater einen Schritt zurückwich.

»Das ist derselbe alte, verwöhnte Vogel, Kingston. Soll ich ihn rauslassen, damit du ihm ein Leckerli geben kannst?« In diesem Moment richtete Kingston seinen bedrohlichen Schnabel auf meinen Vater und beehrte ihn mit einem seiner tödlichen Krähenblicke.

»Ein anderes Mal, Lacey. Es war ein langer Tag. Ich glaube, ich nehme etwas von der Limonade.«

Dash berührte meinen Arm und bedeutete mir, ihm auf die Veranda zu folgen. »Schön, Sie beide kennenzulernen. Ich bin mir sicher, dass wir uns diese Woche noch öfter sehen werden.«

Moms Gesicht fiel in sich zusammen wie ein missglücktes Käsesoufflé. »Aber wollen Sie nicht bleiben? Ich bin mir sicher, dass diese Elsie ein wunderbares Dessert gebacken hat.« Meine frühere Vorstellung, dass Mom sich schnell mit Elsie anfreunden würde, fiel ebenso schnell in sich zusammen wie ihr Gesichtsausdruck. Ich hatte Mom schon oft von Elsie und ihren Backkünsten erzählt.

»Ein anderes Mal«, sagte Dash. »Mein Hund wartet auf sein Abendessen.«

Ich ging mit ihm hinaus auf die Veranda. »Habe ich übertrieben?«, fragte ich.

»Das hast du nicht. Aber ich mag sie beide.«

»Nun, dieser Glanz könnte verblassen, wenn Mom dir einen Katalog für Bräutigam-Smokings bringt. Falls du einen brauchen solltest, wenn du verstehst, was ich meine.«

Dash lachte. »Deshalb wollte ich draußen mit dir sprechen. Ich weiß, dass das sehr kurzfristig ist, aber ich habe mich gefragt, ob du mich am Mittwochabend zum Feuerwerk begleiten würdest? Wir müssen es nicht als Date bezeichnen. Ich weiß. Du hast klargestellt, dass wir nur Freunde sind. Aber irgendwie hat es sich zu einer Paarsache entwickelt, und ich bin ohne Partner. Oder, um es klarer auszudrücken: Du bist die Frau, mit der ich gerne zusammensitzen und ›Ooohs‹ und ›Aaaahs‹ machen würde.«

Er beendete seine lange Einladung, aber ich war mir immer noch nicht sicher, wie ich antworten sollte. Vermutlich war die einfache Wahrheit immer die beste. »Dash, ich habe schon ein Date. Eine Person, um – du weißt schon.«

In Dashs grünen Augen zeigte sich ein Anflug von Schmerz. »Ich hätte mir denken können, dass du mit Briggs gehst. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Detective Bah Humbug die Feiertage ausfallen lassen würde.«

Ich legte den Kopf schief und schaute zu ihm hoch, um meine Missbilligung zu zeigen.

»Richtig. Tut mir leid, Lacey. Wir sehen uns später. Viel Spaß mit deinen Gästen.« Er bemühte sich, seine Enttäuschung nicht in seiner Stimme durchklingen zu lassen.

»Komm später auf ein Stück von Elsies Dessert vorbei. Ich bin mir sicher, dass du all meine Talente in ihrem ›Blueberry Delight‹ schmecken kannst.« Humor war meine Standardtaktik, wenn die Unterhaltung zwischen uns schwierig wurde. Normalerweise funktionierte das, aber nicht an diesem Abend.

Selbst Dashs Hollywood-Lächeln war weniger strahlend, als er davonging.