Leseprobe Die Professorin – Die letzte Erinnerung | Ein spannender Psychothriller

Mary

„Das ist ja vielleicht einmal eine Sahneschnitte“, sagte Jenny. Ihr Blick ruhte auf den muskulösen Oberarmen des kleineren der beiden Personenschützer, die in der Ecke des Schulhofs Position bezogen hatten.

Mary spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Ihre Wangen wurden ganz warm. „Jenny, lass das bitte.“

Ihre Freundin lachte. „Ach komm, jetzt behaupte nicht, dass dir dieser Gedanke nicht auch schon gekommen ist.“

Es wurde nicht besser. Mary befürchtete, dass ihr Kopf inzwischen die Farbe einer reifen Tomate angenommen hatte. „Er ist mein Leibwächter. Das Ganze ist rein beruflich.“

Jenny grinste. „Rein beruflich? Du bist eine Schülerin, genau wie ich. Die beiden Kerle beschützen dich nicht, weil du so einen wichtigen Job hast, sondern weil deine Mutter eine prominente Politikerin ist.“

„Ja, genau, sie beschützen mich und dafür bin ich ihnen dankbar. Auch wenn es manchmal ein bisschen nervig ist, dass sie mir auf Schritt und Tritt folgen. Gerade in der Pause ist es irgendwie seltsam, wenn zwei Männer in der Ecke stehen und uns alle beobachten.“

Jenny grinste wieder. „Die beobachten nicht uns alle, die haben nur Augen für dich. Ich muss jetzt. Meine Mum wartet mit dem Essen. Wir sehen uns morgen in der Schule.“

Sie umarmten sich und Jenny ging davon. Mary sah ihr mit einem Gefühl des Bedauerns hinterher. Sie mochte ihre Freundin. Aber seitdem ihre Mutter in der Hierarchie der Partei aufgestiegen war, war es kompliziert geworden, sich mit Klassenkameradinnen zu treffen. Oder anderweitig ein halbwegs normales Leben aufrechtzuerhalten.

Sie ging zu den beiden Leibwächtern hinüber. Greg, das Sahneschnittchen, und Rudy, ein noch etwas größerer und muskulöserer Mann, dessen Stiernacken und gerötetes Gesicht jedoch weniger attraktiv waren als das seines Kollegen, nickten ihr freundlich zu und reihten sich hinter ihr ein, während sie sich auf den Heimweg machte.

Es war nicht weit. Sie mussten den Bishops Park durchqueren, der Woodlawn Road folgen und schließlich in die Ellerby Street einbiegen, wo sich das Reihenhaus befand, in dem Mary mit ihrer Mutter lebte. Auch dieses hatte sich im Laufe des letzten Jahres verändert. Es war zu einer kleinen Festung geworden, in der zwei weitere Personenschützer stationiert waren. Mary fragte sich, ob das wirklich nötig war. Ihre Mutter war zwar die Oppositionsführerin, aber sie hatte weder ein offizielles Amt inne noch trug sie Verantwortung in der Regierung. Klar, sie hielt viele Reden und es verging kein Tag, an dem man sie nicht im Fernsehen sah, aber Mary konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand ihr nach dem Leben trachten könnte.

Sie hatten den Bishops Park erreicht. Es nieselte leicht und Mary zog die Jacke enger um sich. Der Weg schlängelte sich durch die Grünfläche vorbei an mehreren Büschen. Sie hörte ein leises Rauschen. Das war nicht der Wind, sondern, wie sie inzwischen wusste, Gregs Funkgerät. Sie passierten den ersten Busch und dann geschah es. Ein Zischen ertönte. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass etwas Silbernes aufblitzte, und dann hörte sie ein Geräusch, das wie das Rasseln einer Klapperschlange klang, gefolgt von einem Aufschrei und einem Schlag. Ein leises Fluchen ertönte. Sie wandte sich um. Rudy lag auf dem Rücken. Zwei Metallstifte steckten in seiner Brust, silbern glänzende Drähte führten davon weg, hin zu drei schwarz gekleideten, maskierten Gestalten, die aus den Büschen traten, zwei so groß wie Rudy, die dritte mehr als einen Kopf kleiner. Greg stellte sich vor Mary und schob sie hastig hinter sich. Sie sah, dass seine Hand zum Ohr ging. Er würde Verstärkung rufen. In diesem Moment blitzte erneut etwas auf und schoss in ihre Richtung. Die Metalldrähte verfehlten Mary knapp. Greg aber zuckte, wand sich und führte einen wahren Veitstanz auf, ehe er wie ein Sack zu Boden krachte. Das alles lief wie in Zeitlupe vor Marys Augen ab. Die drei Gestalten näherten sich. Mary war wie gelähmt vor Angst. Sie ließ es geschehen, dass diese sie umringten, sie packten und mit sich fortschleppten. Sie drehte sich um und sah die beiden Leibwächter reglos auf dem Kiesweg liegen. Hoffentlich lebten sie noch. Dann wurde ihr etwas über den Kopf gezogen und die Welt wurde schwarz.

Susanna

„Ich will zuerst“, hörte Susanna ihre Tochter rufen.

„Ich will, ich will, ich will“, nölte die Stimme ihres Sohnes, der die Tonlage seiner Schwester inzwischen perfekt nachahmen konnte. „Dann musst du eben früher aufstehen. Ich bin jetzt im Bad.“

Susanna seufzte. Ob sich das nie änderte? Sie saß am Frühstückstisch und hatte eben den ersten Schluck Tee getrunken. Nun fragte sie sich, ob sie nicht besser nach dem Rechten sehen sollte, doch dann hörte sie die Stimme von Pauline, dem Au-Pair Mädchen.

„Das Bad ist groß genug für euch beide. Ich helfe dir, Ella“, sagte sie. Paulines breiter französischer Akzent, den ein halbes Jahr Aufenthalt in London noch kaum abgeschliffen hatte, ließ Susanna schmunzeln. Gespannt lauschte sie, doch von ihrer Tochter kam keine Widerrede, und auch Dan schien sich zu fügen. Es war erstaunlich. Pauline hatte die beiden gut im Griff und das war eine enorme Erleichterung, denn Susannas Tage waren nach wie vor lang und mit Arbeit gefüllt. Das Führen eines aufstrebenden Unternehmens war deutlich stressiger als ihre frühere Tätigkeit als Professorin an der Uni. Sie trank noch einen Schluck Tee und ging an ihr Tablet, um auf einer Nachrichtenseite nach den neuesten Schlagzeilen zu suchen. Als sie die erste Überschrift las, schluckte sie schwer.

Tochter der Oppositionsführerin entführt. Bislang keine Spur. Hintergründe unklar.

Susanna spürte, wie ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie es sich für eine Mutter anfühlen musste, wenn ihr Kind entführt wurde. Sie wollte den Artikel öffnen, doch dann bemerkte sie, dass es schon reichlich spät war, und legte das Tablet beiseite. Susanna trank ihren Tee aus, stieg die Treppe hinauf zum Bad und sah hinein. Ihr Sohn spuckte eben die Zahnpasta aus. Groß war er geworden. Dan ging schon in die dritte Klasse, und Ella war dieses Jahr eingeschult worden. Wie die Zeit verflog! Ihre Tochter genoss es, dass Pauline ihr die volle Aufmerksamkeit schenkte und ihr beim Anziehen half.

„Das solltest du inzwischen doch schon allein können“, sagte Susanna.

Ella schüttelte den Kopf. „So geht es viel schneller. Und Pauline hilft mir gerne, nicht wahr?“

Das Au-Pair Mädchen schmunzelte. „Aber natürlich“, sagte sie und tauschte einen verschwörerischen Blick mit Susanna. Diese ging zu ihren Kindern, drückte ihnen jeweils einen Kuss auf die Stirn, verabschiedete sich und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Sie griff nach der bereitliegenden Aktentasche, zog sich ihren Mantel über und verließ die Wohnung.

Ihr Weg führte sie an diesem Morgen nicht ins Büro, stattdessen hatte sie gleich einen Beratungstermin. Und sie war gespannt, ob dort alles so ablaufen würde wie geplant, denn heute hatte sie einen besonderen Unterstützer an ihrer Seite. Sie nahm die Tube nach Hampstead. Auf einem Display im Zug liefen die neuesten Nachrichtenmeldungen. Auch hier beherrschte die Entführung von Mary Liddell die Schlagzeilen. Die meisten Leute schauten jedoch gebannt auf ihre Handys. Ob sie Berichte über die Entführung lasen? Susanna schüttelte sich, sie musste sich auf die Aufgabe konzentrieren, die vor ihr lag. In Hampstead stieg sie aus und trat an die Oberfläche. Von hier aus waren es nur noch zwei Straßenzüge, bis sie zu dem noblen Wohnkomplex in den Frognal Gardens gelangte. David Armstrong wartete schon vor dem Eingangsportal auf sie. Er war in Begleitung seiner Pflegerin, die ihn versorgte und ihn für die heutige Aufgabe in einen schicken Anzug gekleidet hatte. Sein Gesicht glich wie immer einer Maske. Er hatte keinerlei Kontrolle über die Muskulatur und daher auch keinen mimischen Ausdruck. David trug eine Sonnenbrille, deren extra dicke Gläser zwei Bildschirme enthielten, die es ihm im Zusammenspiel mit den in sein Gehirn implantierten Elektroden ermöglichten, zu kommunizieren.

„Professor Madueke, guten Morgen“, hörte sie ihn sagen. Die Stimme war inzwischen so eingestellt worden, dass sie vollkommen natürlich klang und mit der Blechstimme früherer Sprechapparate nichts mehr gemein hatte.

„Guten Morgen David“, sagte sie. „Gut geschlafen?“

„Aufgehört. Wollen wir?“

Susanna grinste. David mochte Small Talk nicht. Das lag zum einen daran, dass es ihn anstrengte, so viele Sätze zu generieren. Der Sprechvorgang wurde zwar erleichtert, indem die Signale aus seinem Gehirn seit der Implantation des Chips direkt an das Sprachausgabegerät übermittelt wurden. Trotzdem strengte es ihn an, die ihm über die Bildschirme in seiner Brille projizierten Buchstaben zu fixieren. Zum anderen war er aber wohl nie ein Meister im Small Talk gewesen. Es entsprach einfach nicht seinem Wesen, sich in Gesellschaft wohlzufühlen.

Susanna sah an der Fassade des Gebäudes empor. Eine Rampe führte hinauf. David fuhr seinen Rollstuhl selbstständig nach oben. Er lenkte ihn über die elektrischen Impulse, die aus den motorischen Zentren seines Gehirns an den Chip weitergeleitet wurden, der wiederum über ein Kabelbündel, das aus Davids Hinterkopf austrat, mit der Elektronik des Rollstuhls verbunden war. Auf dem Treppenabsatz erwartete sie bereits ein Butler ganz klassisch im Frack und noch dazu ziemlich hochnäsig. Susanna stellte sich, David und die Pflegekraft kurz vor, dann wurden sie auch schon in einen Salon geführt. Dieser war jedoch in eine Art Krankenzimmer umfunktioniert worden. Vor einem der bodentiefen Fenster war ein großes Pflegebett mit zahlreichen Apparaten aufgebaut worden. Daneben saß eine Krankenschwester, ein Arzt war gerade dabei, bei der reglos im Bett liegenden Gestalt den Blutdruck zu messen. Die Herrin des Hauses, Lady Monrose, eine hagere Mittfünfzigerin mit wachen, blauen Augen erhob sich, trat auf Susanna zu und streckte ihr die Hand entgegen.

„Professor Madueke, es freut mich, dass Sie es so rasch einrichten konnten“, sagte sie.

„Aber selbstverständlich, dafür sind wir ja da“, erwiderte Susanna. „Darf ich Ihnen David Armstrong vorstellen? Meinen Geschäftspartner.“

Sie deutete auf David. Die Frau streckte ihm ebenfalls die Hand entgegen. Als sie erkannte, dass das jedoch ein ziemlich fruchtloses Unterfangen war, ließ sie diese wieder sinken. Ihre Miene war vollkommen ausdruckslos, und wenn ihr die Situation unangenehm war, merkte man es ihr nicht an.

„Guten Tag, Lady Monrose. Ich darf Ihnen meine herzliche Anteilnahme zum Unfall Ihres Sohnes ausdrücken“, sagte David und Susanna verbarg ein Schmunzeln. Er war ein guter Verkäufer und zeigte gleich, wozu ihre Technik in der Lage war. „Ich hoffe, wir können Ihnen und Ihrem Sohn helfen, seine Lebensqualität zu verbessern.“

Nun sah Susanna doch etwas in den Augen der Frau aufblitzen. Sie traten an das Krankenbett. Ian Monrose, der siebzehnte Earl of Hereford, lag im Wachkoma. Er hatte einen schweren Motorradunfall überlebt, aber bislang waren alle Versuche, ihn zu wecken oder gar mit ihm zu kommunizieren, vergeblich geblieben. Seine Augen waren geöffnet und an die Decke gerichtet.

„Der Unfall ist vor zwei Monaten geschehen?“, fragte Susanna.

„Ja. Und seitdem hat sich sein Zustand nicht wesentlich verändert. Es ist ein Jammer. Das ist Dr. Miller, er kann Ihnen die medizinischen Details besser erläutern als ich.“

Susanna und der Arzt, der die Blutdruckmessung inzwischen beendet hatte, begrüßten sich mit Handschlag.

„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Professor Madueke“, sagte er.

„Ich habe schon viel Gutes über Ihre Arbeit gehört.“

„Und doch ist jeder Fall verschieden. Ich hoffe, dass wir auch etwas für Sir Monrose tun können.“

Dr. Miller begann, die Krankengeschichte seit dem Unfall zu rekapitulieren. Der junge Earl hatte eine komplexe Schädel-Hirn-Verletzung davongetragen, in deren Folge der intrakranielle Druck deutlich angestiegen war. Es hatte mehrere Operationen erfordert, um das Gehirn zu entlasten. Aufgrund einer Krise am dritten Tag nach dem letzten Eingriff war er dann jedoch in ein Koma gefallen und nicht mehr aufgewacht.

„Wir haben erste Erfahrungen damit sammeln können, auch Komapatienten einen Chip einzusetzen, vorrangig zunächst, um die Hirnaktivität besser im Blick zu haben“, sagte Susanna. „Eine direkte Kommunikation ist jedoch nach wie vor nicht möglich.“

Die Mutter des jungen Mannes sah sie irritiert an. „Ich dachte, Sie sind eine Fachfrau“, sagte sie und blickte anschließend David an. „Bei ihm haben Sie es doch auch geschafft.“

„Ich bin ein anderer Fall“, schaltete sich David ein. „Bei mir wurde das Gehirn nach einer Schussverletzung nicht mit Blut versorgt. Ich habe also eine Art Schlaganfall erlitten. Im Koma lag ich nur kurz.“

„Soll das heißen, Sie können mir gar nicht dabei helfen, mit meinem Sohn zu sprechen?“

Susanna hob die Hände. „Das habe ich nicht gesagt. Wir werden versuchen, Ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Sie mit ihm kommunizieren können.“

Der Butler meldete zwei weitere Gäste. Susanna war irritiert.

Ein Mann und eine Frau traten ein. Die Frau war in ein einfaches beiges Kostüm gekleidet. Ihr Gesicht war verschleiert. Durch den dünnen Seidenstoff sah Susanna ein paar wache Augen auf sich gerichtet. Der Mann trug einen Anzug, der maßangefertigt aussah und sein großspuriges Auftreten verriet, dass er Angehöriger der Oberschicht war. Trotz der vielen Jahre, die seit ihrem letzten Aufeinandertreffen vergangen waren, erkannte sie ihn sofort wieder.

„Dr. Rudd“, sagte Lady Monrose. „Schön, dass Sie es einrichten konnten.“

Der Mann trat auf die Frau zu, ergriff ihre Hand und küsste sie. „Aber natürlich. Als mir der Innenminister berichtet hat, wie schlimm es um den Earl steht, bin ich sofort zu Ihnen gekommen.“

Er beäugte Susanna. „Susanna Madueke. Welch schöne Überraschung. Mit dir hätte ich nicht gerechnet“, sagte er. „Das beruht auf Gegenseitigkeit, Winston“, erwiderte Susanna.

Er lachte. „Wie lange ist es her, seit wir uns zuletzt gesehen haben? Fünfzehn Jahre?“

„Könnten auch zwanzig sein“, sagte Susanna und dachte dabei, dass sie gut und gern auf eine weitere Begegnung hätte verzichten können.

Rudd zog eine Augenbraue nach oben. „Zwanzig Jahre? So lange ist unser Studium schon her? Wahnsinn. Ich sehe uns noch auf den Wiesen am River Cam sitzen und büffeln, als ob es gestern gewesen wäre.“

Susanna unterdrückte ein Schnauben. Während ihrer gemeinsamen Studienzeit hatte sie Winston nie mit einem Buch auf einer der Rasenflächen in Cambridge sitzen sehen. Er war eher in den Pubs zu finden gewesen.

„Aber was führt dich hierher?“, fragte sie. „Und wer ist deine Begleiterin?“

„Ich bin Parapsychologe mit eigener Praxis und das hier ist mein Medium, Georgina Burrows.“

Susannas Augen weiteten sich. „Ein Medium?“

„Nicht nur das. Sie ist das begabteste Medium, mit dem ich es jemals zu tun hatte.“

Die Frau trat zum Bett hinüber. Dann begann sie plötzlich, in einem flachen, emotionslosen Ton zu sprechen: „Ich habe Schmerzen. Können Sie bitte die Medikamente erhöhen. Mama, ich weiß, dass du dir Sorgen um mich machst. Es geht mir nicht gut, aber ich bin noch da. Ich bin immer noch dein little Ian.“

Susanna starrte die Frau fassungslos an. Was geschah hier? Da hörte sie einen erstickten Schrei. Lady Monrose hielt eine Hand vor den Mund, aus ihrem Augenwinkel lief eine Träne die Wange herab.

„Little Ian. Du bist da?“

Das Medium sprach mit ausdrucksloser Stimme. „Ja, aber es geht mir nicht gut. Ich hoffe, dass ich bald wieder reden kann. Lass mich nicht allein, Mama.“

„Ich glaube, wir sollten der Familie besser Zeit und Raum für sich lassen“, sagte der Parapsychologe und deutete auf die Tür. Susanna war so perplex, dass sie nicht wusste, was sie erwidern sollte. Dafür übernahm David die Initiative und fuhr mit seinem Rollstuhl nach draußen. Als sie vor dem Haus standen, kniff sie die Augen zusammen. „Was war das denn?“, fragte sie.

„Ich glaube, das war die Konkurrenz“, erwiderte David.

Olivia

Olivia gähnte. Sie schlurfte in die Küche, wo ihr Mann am Toaster stand und zwei Scheiben auf den Berg türmte, den er bereits auf einem Teller angerichtet hatte. Es roch ein wenig verbrannt und das oberste Exemplar war an einer Stelle kohlrabenschwarz. Er reichte ihr eine Tasse Tee und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ich hoffe, du hast noch Zeit für ein Frühstück“, sagte er.

Olivia setzte sich an den Tisch. „Die Bemühungen, das Verbrechen in London zurückzudrängen, werden keinen allzu empfindlichen Schlag erhalten, wenn ich ein wenig später zur Arbeit komme“, brummte sie und nahm einen Schluck von ihrem Tee. Dann griff sie nach einem Toast, den sie aber aus einer tieferen Schicht des Stapels hervorholte, wo keine verbrannten Brotscheiben zu finden waren. Sie butterte ihn und strich ein wenig Orangenmarmelade darauf.

„Das kenne ich schon“, sagte ihr Mann. „Und dann bleibst du doch wieder bis spät abends im Büro, weil dich irgendein banaler Fall nicht loslässt.“

Sie zuckte mit den Achseln. „Es ist doch von Vorteil, dass wir es in Putney vor allem mit banalen Fällen zu tun haben. Ein Serienkiller im Laufe meiner Karriere reicht mir vollkommen.“

Ihr Mann setzte sich zu ihr an den Frühstückstisch und griff selbst nach einer Scheibe Toast. „Aber wirklich glücklich macht dich das doch nicht, oder?“, fragte er.

Sie unterdrückte ein Seufzen. Es waren immer die gleichen Diskussionen. Sie wusste, dass er es gut meinte, aber es war einfach ermüdend.

„Das ist ja wohl kein Geheimnis“, sagte sie. „Ich kann mir Schöneres vorstellen, als das Revier zu leiten. Vielleicht hätte ich damals doch das Angebot annehmen und zur Mordkommission der Met gehen sollen. Aber es ist, wie es ist, das ist jetzt nun einmal mein Job. Außerdem bin ich nicht mehr die Jüngste. Ermittlungsarbeit ist anstrengend. Wenn ich tatsächlich in die Mordkommission eingetreten wäre, hätte ich noch chaotischere Arbeitszeiten. Dann würdest du mich abends und am Wochenende gar nicht mehr sehen“, sagte sie.

„Na ja, ich sehe dich abends und an den Wochenenden ja ohnehin nicht so oft, denn da bin ich meistens unterwegs.“

„Na dann sind wir schon beim Thema. Wann sind denn deine nächsten Lesungen?“

Er grinste. „Ich dachte schon, du würdest nie fragen. Heute Abend im Waterstones in Wandsworth und morgen im Gemeindezentrum von St. John’s.“

Olivia starrte ihn fassungslos an. „Im Gemeindezentrum?“

Das Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter. „Ja, die Pastorin ist ein großer Fan meiner Romane.“

„Die Pastorin? Ernsthaft?“

Ihr Mann warf ihr einen gespielt empörten Blick zu. „Findest du das so verwunderlich? Hey, ich schreibe Bestseller.“

„Das weiß ich. Ich finde es bemerkenswert und freue mich sehr für dich, dass du so viel Erfolg mit deinen Romanen hast. Aber das sind doch ziemlich explizite Erotikgeschichten. Ich hätte daher nicht gedacht, dass eine Pastorin ein Fan davon ist.“

Er zuckte mit den Schultern. „Ist es nicht großartig, dass sie das zugibt? Ich habe so viele Leserinnen gewonnen, die Zielgruppe ist also da. Es wäre daher erstaunlich, wenn nicht auch Pastorinnen darunter wären. Aber niemand redet darüber. Wir haben immer noch ein Scham-Problem in der Erotikliteratur-Szene.“

Olivia unterdrückte den Satz, der ihr auf den Lippen gelegen hatte. Andy schien dieses Schamproblem nicht zu kennen. Er redete die ganze Zeit über seine Geschichten. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Er war ein erfolgreicher Schriftsteller. Alles hatte damit begonnen, dass er vor ein paar Jahren einen Erotikroman über eine Sekretärin, die ein Doppelleben als Escort-Girl führt, geschrieben hatte. Sie hatten nie darüber gesprochen, was den Ausschlag für eben dieses Genre gegeben hatte, aber das Buch war eingeschlagen wie eine Bombe. Er hatte sofort einen Verlag gefunden und inzwischen konnte Andy sogar vom Schreiben leben. Und natürlich wollte er auch darüber reden, es war schließlich seine alltägliche Beschäftigung, es war sein Lebensunterhalt und es war seine große Leidenschaft. Aber manchmal war es einfach nur anstrengend für sie. Vor allem, und es fiel ihr schwer, das zuzugeben, weil er damit viel glücklicher wirkte, als sie es mit ihrem Job war.

„Nun gut, dann ist die Pastorin ein Fan von dir. Aber was ist mit den ganzen Gemeindemitgliedern? Wie viele Leute sollen da denn kommen?“

Das Grinsen auf seinen Lippen wurde noch einmal breiter. „Der Abend ist ausverkauft. Hundertfünfzig Personen. Ich schätze, die üblichen Verdächtigen. Frauen zwischen fünfunddreißig und fünfundfünfzig Jahren. Meine Hauptzielgruppe. Und heute habe ich etwas ganz Besonderes in petto. Ich lese zwei bisher unveröffentlichte Kapitel aus meinem neuen Roman Die letzte Versuchung. Die Protagonistin gerät bei einem Escort-Job in Japan in die Fänge der Yakuza. Meine Leserinnen werden es lieben.“

Olivia lächelte. Nun hatte er es doch geschafft, sie mit seiner Begeisterung ein wenig anzustecken. „Dann bist du heute Abend wahrscheinlich nicht da, wenn ich wieder zurückkomme, oder?“

„Eher nicht. Aber es wird nicht allzu spät. Ich denke, dass ich um elf wieder daheim bin, wenn mich nicht zu viele Groupies aufhalten. Die Leute bei Waterstones wollen den Laden ja auch irgendwann mal dicht machen.“

Sie trank ihren Tee aus, aß ihren Toast auf, drückte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange und erhob sich. Dann zog sie ihren Mantel an und machte sich auf den Weg zum Revier. Den altersschwachen Nissan hatten sie gegen ein Elektromobil ausgetauscht. Sie nahm es vom Strom und glitt geräuschlos durch die Straßen von Putney. Der Wagen hatte ihr viel Spott eingebracht, aber sie fuhr inzwischen sehr gerne damit. Vor allem, weil das Gefährt eine Beschleunigung erreichte, die sie bisher bei keinem Benziner erlebt hatte. Sie parkte hinter dem Polizeirevier und trat ein. Im Großraumbüro herrschte das übliche, wenig geschäftige Treiben. Die Kollegen begrüßten sie mit einem Nicken und nippten dann wieder an ihren Tee- oder Kaffeetassen. Sie ging in ihr Büro, hängte den Mantel an den Haken und startete ihren Computer.

Dann setzte sie sich an ihren Schreibtisch und, noch ehe sie sich zurückgelehnt hatte, hörte sie ein Klopfen an der Tür, nach dem auch schon ihre Assistentin Carla eintrat. Manchmal sehnte sie sich nach der Zeit zurück, als Omar hier gearbeitet hatte. Sie mochte Carla, aber an die Brillanz ihres jungen Kollegen ragte sie nicht heran. Dafür war sie gut organisiert. Die Mappe, die sie Olivia auf den Schreibtisch legte, enthielt alle Vorgänge, die heute anstanden, nach Wichtigkeit vorsortiert.

„Gibt es irgendetwas brennend Aktuelles?“, fragte Olivia, während sie die Dokumente durchsah und beim Anblick der wieder anstehenden Budgetrechnung ein kaum zu beherrschendes Gefühl des Widerwillens unterdrücken musste.

„Na ja, Mary Liddell, die Tochter der Oppositionsführerin ist entführt worden. Aber das fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich. Das war am anderen Themseufer.“

„Gibt es denn schon irgendwelche Forderungen, ein Bekennervideo oder Ähnliches?“, fragte Olivia.

„Nichts. Laut den Medien fehlt jede Spur. Es ist ein rätselhafter Fall. Das arme Mädchen.“

Olivia spürte, wie ihr der Mund auszutrocknen begann. Sie stellte sich vor, wie es ihr gehen würde, wenn man Lucy entführt hätte. Diese hatte im vergangenen Herbst an der Universität in Hull zu studieren begonnen und war das Letzte ihrer drei Kinder gewesen, welches das Haus verlassen hatte. Seitdem ertappte Olivia sich dabei, dass sie sich nun noch mehr Sorgen um ihre Sprösslinge machte, weil diese nicht mehr in ihrer Nähe waren. Dabei war sie doch früher nie eine Glucke gewesen.

Das Telefon läutete. Olivia nickte Carla zu, die sich umdrehte und das Büro verließ, dann nahm sie ab. „DCI Olivia Jenner“, meldete sie sich.

„Jenner, gut, dass ich Sie erreiche“, bellte eine bekannte Stimme. Sie spürte, wie ihr Herz ein wenig schneller schlug. Was wollte denn Commissioner Douglas, der Chef der Metropolitan Police, von ihr?

„Was kann ich für Sie tun, Sir?“, fragte sie.

„Es ist eine blöde Sache“, erwiderte Douglas. „Irgendwie tut es mir leid, dass ich Sie damit behelligen muss, aber es hat sich nun einmal in Ihrem Zuständigkeitsbereich zugetragen.“

„Worum handelt es sich?“, fragte Olivia, die sich noch keinen Reim darauf machen konnte, was sie wohl erwartete.

„Um einen Hund.“

Olivia runzelte die Stirn. „Einen Hund?“

„Ja. Er heißt Charlie. Er ist der Hund des Innenministers. Und seit gestern Nachmittag fehlt jede Spur von ihm.“

Olivia ahnte, worauf das Ganze hinauslief. „Und der Innenminister lebt hier bei uns in Putney.“

Sie hatte versucht, nicht ganz so verzweifelt zu klingen, wie ihr zumute war, aber offenbar hatte sie es nicht geschafft. Am anderen Ende der Leitung ertönte ein Schnauben.

„Mir ist schon klar, dass Sie sich unter Ermittlungen etwas anderes vorstellen, als nach dem Hund des Innenministers zu suchen. Wenn es sich um einen x-beliebigen Köter gehandelt hätte, hätten sie einfach eine Diebstahlsanzeige aufnehmen können. Aber das hier ist ein politisch heikler Fall. Der Innenminister hat mich angerufen. Er hat erfahren, dass Sie in Putney das Sagen haben. Offenbar hat er sich an den Fall des Slashers erinnert und mich gebeten, dass Sie persönlich die Ermittlungen leiten sollen.“

Olivia spürte, wie ihr das Herz in die Hose sank. „Natürlich, Sir“, sagte sie.

Sie hörte ein Seufzen in der Leitung. „Ich bin Ihnen dankbar dafür, Jenner. Ich weiß, dass das eine ziemliche Zumutung ist. Sie sind sicher nicht in den Polizeidienst eingetreten, um Hunde zu suchen. Aber in diesem Fall …“

„Selbstverständlich kümmere ich mich darum. Haben Sie eine Kontaktperson, an die ich mich wenden kann?“

Der Chef der Met gab ihr die Daten der persönlichen Assistentin der Gattin des Innenministers, dann verabschiedete er sich. Olivia lehnte sich zurück. Sie schloss kurz die Augen. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie sich nicht besser ihren Mann zum Vorbild genommen und irgendein kreatives Hobby zu ihrem Beruf gemacht hätte. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie war Polizistin und sie war Ermittlerin. Hier ging es zwar nur um einen Hund, aber auch dabei konnte es sich um ein Verbrechen handeln. Und als kleinen Bonus konnte sie die Budgetrechnung ein wenig aufschieben. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Das waren doch keine schlechten Aussichten. Sie griff nach ihrem Telefon und wählte die Nummer der Kontaktperson.

Susanna

Susanna schloss die Tür ihres Büros hinter sich und atmete tief durch. Sie hatte sich noch immer nicht von dem Schock erholt, den die plötzliche Anwesenheit des Parapsychologen und seines Mediums bei ihr ausgelöst hatten. Die Situation war schlichtweg bizarr gewesen. Sie wusste gar nicht, was sie härter getroffen hatte: ihrem ehemaligen Kommilitonen Winston Rudd zu begegnen oder zu erfahren, dass dieser nun als Parapsychologe tätig war und ein telepathisch begabtes Medium zu Komapatienten schleppte. Am meisten tat ihr die Familie Monrose leid. Sie konnte verstehen, dass Verzweiflung manchmal dazu führte, dass man sich in seiner Not an alle möglichen Scharlatane wandte. Aber das ging nun doch zu weit. Ob sie das irgendwo melden sollte? Aber wo? Rudd hatte sicherlich gegen irgendeine Ethikrichtlinie verstoßen. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und kaum eine Sekunde, nachdem sie ihre Tasche abgestellt hatte, klingelte ihr Telefon. Sie nahm ab.

„Ja?“, fragte sie, als sie auf dem Display die Nummer ihrer Sekretärin erkannte.

„Lady Monrose für Sie am Apparat“, sagte Clarissa, die das Vorzimmer betreute.

Ein mulmiges Gefühl machte sich in Susannas Magengrube breit. Was wollte die Adlige von ihr? Sie beruhigte sich, indem sie sich einen vernünftigen Gedanken herholte. Wahrscheinlich würde sie Susanna bitten, noch einmal zu kommen, nachdem sie erkannt hatte, dass der Parapsychologe nur ein Blender war und sein Medium gleich mit.

„Stellen Sie sie durch“, erwiderte sie. Es klickte in der Leitung und Susanna sagte: „Lady Monrose, guten Tag, schön, von Ihnen zu hören.“

„Ich rufe Sie an, um mich für Ihre Mühen zu bedanken. Sie haben sich mit Ihrem Kollegen früh am Morgen zu mir begeben, nur um kurz darauf wieder gehen zu müssen, und es tut mir leid, dass Sie einen solchen Aufwand betrieben haben.“

„Das ist kein Problem“, erwiderte Susanna. „Ich bin gern bereit, noch einmal zu Ihnen zu kommen. Immerhin konnte ich mir schon einen guten Eindruck von Ihrem Sohn verschaffen. Ich denke, dass durchaus auch eine Chance besteht, dass wir einen Kommunikationskanal zu ihm öffnen können. Ein Wachkoma ist kein Zustand, der für immer anhalten muss. Ihr Sohn kann graduell sein Bewusstsein wiedererlangen und dann können wir ihm ermöglichen, auf unterschiedliche Arten zu kommunizieren.“

„Ich glaube, Sie verstehen nicht“, entgegnete Lady Monrose. „Ich rufe nicht an, um Sie damit zu beauftragen, einen Kommunikationskanal zu meinem Sohn zu öffnen, wie Sie es ausgedrückt haben. Das ist schließlich bereits geschehen, wie Sie ja mitbekommen haben. Das Medium hat sehr erfolgreich mit Ian kommuniziert. Es ist erstaunlich. Er hat sich an so viele Details aus seiner Kindheit erinnert. Es war schön, wieder mit ihm sprechen zu können.“

Die Stimme der Frau zitterte ein wenig. Susanna spürte, wie ihr der Mund austrocknete. „Sie haben über das Medium mit Ihrem Sohn gesprochen?“, fragte sie und versuchte dabei, ihren Unglauben und die wachsende Fassungslosigkeit unter Kontrolle zu bringen.

„Ja. Ich bin so froh, dass mein Sohn sich jetzt wieder mitteilen kann. Deshalb wollte ich auch gleich bei Ihnen anrufen. Ich bedarf Ihrer Dienste nicht mehr. Nichts gegen Ihre Kompetenzen. Was Sie bei diesem jungen Mann, der Sie begleitet hat, geleistet haben, ist erstaunlich. Aber im Fall meines Sohnes ist das nicht mehr nötig.“

Susanna hatte das Gefühl, dass ihr ein wenig schwindlig wurde. „Nur, damit ich das richtig verstehe, Sie haben das Medium engagiert, um mit Ihrem Sohn zu sprechen? Wie soll denn das konkret funktionieren?“

„Dr. Rudd hat mir versichert, dass es möglich ist, in gewissem Ausmaß die telepathischen Fähigkeiten des Mediums zu erlernen. Wichtig sei, dass ein enges Band zwischen den beiden Personen besteht, die sich mittels Telepathie verknüpfen. Und welches Band könnte enger sein als das zwischen Mutter und Sohn? Das Medium kann mir beibringen, wie ich mit Ian mittels Telepathie kommunizieren kann. Das ist doch viel besser als jeder Apparat, den Sie anschließen könnten. Oder gar einen Chip, den Sie ihm in den Kopf einsetzen. Dafür braucht es keine Geräte. Es braucht nur mich und ich freue mich so sehr darüber, dass ich bald wieder mit Ian sprechen kann.“

Susanna biss sich auf die Zunge. Sie hätte am liebsten laut geschrien. Was war denn das für ein esoterischer Mist, den Rudd da verzapft hatte? Aber sie vermutete, dass es sinnlos wäre, mit der Frau zu diskutieren. Lady Monrose hatte eine Erfahrung gemacht, die sie stärker und nachhaltiger überzeugt hatte als alle skeptischen Argumente, die Susanna aufführen konnte.

„Es freut mich, dass Sie einen Weg gefunden haben, mit Ihrem Sohn zu kommunizieren. Ich hoffe, dass es ihm bald besser geht, dass sein Bewusstsein aufklart und dass Sie dann auch wieder auf ganz normalem Wege mit ihm reden können“, sagte sie und hoffte dabei, dass ihre Stimme so sachlich und neutral klang, wie es ihr möglich war.

„Ja, das hoffe ich auch. Wie gesagt, vielen Dank für Ihre Bemühungen“, sagte die Adlige. Sie verabschiedeten sich und Susanna legte auf. Anschließend stützte sie ihren Kopf in beide Hände und schloss kurz die Augen. Was war das denn gewesen? Es klopfte an der Tür. Sie sah auf und Poppy trat ein. Ihre Geschäftspartnerin hatte die Haare blau gefärbt und trug eine übergroße Brille.

„Was ist los mit dir?“, fragte sie. Typisch Poppy, sie hatte so feine Antennen, dass ihr keine Stimmung entging.

„Mir ist gerade eine Kundin abgesprungen“, sagte Susanna und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch, auf dem Poppy sich niederließ. Diese zuckte mit den Achseln.

„Na ja, das ist doch nicht weiter schlimm, oder? Wir haben genügend Anfragen.“

„Es ist nicht die Tatsache, dass eine Kundin abgesprungen ist, sondern ihre Begründung dafür“, sagte Susanna.

Poppy kniff die Augen zusammen und Susanna berichtete ihr von ihrem Besuch beim Earl von Hereford, dem Auftauchen des Parapsychologen und des Mediums und dem Anruf von Lady Monrose.

Auf Poppys Lippen erschien ein Schmunzeln. „Na, das ist mal eine unerwartete Entwicklung. Ich hätte nicht gedacht, dass wir aus der Ecke einmal Konkurrenz bekommen würden. Wie wird man denn Parapsychologe? Gab es da damals in Cambridge eine Spezialisierung in diese Richtung?“

Susanna zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung, wo Winston sich dafür qualifiziert hat, wenn man es so nennen kann. Als ich studiert habe, habe ich überhaupt nichts zu dem Thema gehört. Es ist doch sehr esoterisch und soweit ich weiß, gibt es auch kein universitäres Institut, das sich mit parapsychologischer Forschung beschäftigt.“

„Ich habe neulich in einem Podcast eine Forscherin gehört, eine Neuropsychiaterin, die sich mit den telepathischen Fähigkeiten autistischer Kinder mit dem Savant-Syndrom beschäftigt. Forschung gibt es wohl dazu, aber die daraus abgeleiteten Theorien klingen ziemlich abenteuerlich.“

„Wie ein autistisches Kind mit Savant-Syndrom sah mir dieses Medium aber nicht aus“, sagte Susanna. „Was für Theorien gibt es denn zur Telepathie?“

„Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es eine ganze Reihe von teilweise sehr gewagten Hypothesen. Was mir am einleuchtendsten erschien, war die Annahme, dass autistische Kinder mit dem Savant-Syndrom ein sehr ausgeprägtes und feines Gehör haben. Wenn wir etwas lesen, sprechen wir automatisch mit, aber so leise und in einem so tiefen Frequenzbereich, dass unser Gegenüber es normalerweise nicht hört. Kinder mit diesem Syndrom scheinen allerdings so begabt darin, diese feinsten Schallwellen aufzufangen, die der Kehlkopf erzeugt, dass es auf diese Weise so wirkt, als könnten sie Gedanken lesen.“

Poppy hatte den Ausdruck Gedanken lesen in imaginäre Anführungszeichen gesetzt.

„Das kann in unserem Fall nicht zutreffen. Der Earl of Monrose liegt im Wachkoma. Ich bezweifle, dass er überhaupt zu bewussten Gedanken fähig ist. Und selbst wenn, würden diese wohl auch seinen Kehlkopf nicht zum Schwingen bringen.“

„Dann muss wohl die zweite Theorie richtig sein. Nach der ist das Bewusstsein nicht auf das Gehirn begrenzt, sondern kann sich räumlich ausbreiten. Das Bewusstsein von Telepathie begabten Menschen kann demnach das Bewusstsein anderer Menschen berühren und so direkt mit ihnen kommunizieren.“

Susannas Augen weiteten sich. „Diese Hypothese hat eine Neuropsychiaterin aufgestellt?“

Poppy schmunzelte. „Na ja, sie hat ihre Grundhaltung als skeptisch, aber grundsätzlich offen beschrieben. Ich glaube, dass sie selbst dieser Theorie nicht unbedingt anhängt. Aber wer weiß. Auf jeden Fall scheint das Phänomen beobachtet und beschrieben worden zu sein. Bislang fehlt jedoch noch eine wissenschaftliche Erklärung dafür.“

„Das Fehlen einer wissenschaftlichen Erklärung bedeutet aber nicht, dass Menschen darauf verzichten würden, Profit daraus zu schlagen.“

„Vielleicht ist es ja moralisch gar nicht so verwerflich“, sagte Poppy. „Man könnte es doch mit einer Placebo-Behandlung vergleichen. Diese Lady Monrose scheint erleichtert zu sein, dass sie mit ihrem Sohn kommunizieren kann, gleichgültig, ob das, was das Medium von sich gegeben hat, tatsächlich seine echten Worte waren. Das nimmt möglicherweise Druck aus der Situation. Und wenn der junge Mann dann Fortschritte macht und hoffentlich bald aus dem Koma erwacht, ist das Medium nicht mehr notwendig. Ich würde das daher nicht so eng sehen.“

Susanna runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, ob ich das so entspannt betrachten kann. Da wird mit dem Leid von Menschen Schindluder getrieben. Ich möchte nicht wissen, wie teuer Winston sich das bezahlen lässt. Aber du hast schon recht. Ich sollte mich nicht allzu sehr darüber aufregen. Es ist, wie es ist. Wenigstens haben wir jetzt keine Kapazitätsprobleme mehr. Ich werde gleich die nächste Familie anrufen. Hoffentlich haben die nicht schon einen Wünschelrutengänger beauftragt, neben dem Patientenbett auf und ab zu gehen und Schwingungen aufzufangen.“

Olivia

„Wow, das ist ja mal ein Haus“, sagte Carla. Olivia konnte es ihr nicht verdenken. Die Villa, deren Anblick sich ihnen darbot, als sie durch die geöffneten Flügel des schmiedeeisernen Eingangstors fuhren, war eindrucksvoll. Olivia wusste, dass es in Putney mehrere solcher Anwesen gab. Sie lagen versteckt hinter hohen Hecken und Zäunen und die meisten Anwohner hätten gar nicht erwartet, architektonische Kleinode in ihrem Stadtteil vorzufinden. Dass der Innenminister sich seine Villa hier hatte bauen lassen, hatte für Aufsehen gesorgt. Die meisten Politiker lebten in reicheren Vierteln wie Hampstead oder Kensington, aber Sir Orbison stammte aus Putney und hatte die Verbundenheit mit seiner Herkunft signalisieren wollen, indem er dort ein Haus gebaut hatte. Olivia widerstrebte dieses wahltaktische Denken. Aber sie war nun mal keine Politikerin.

Die Villa war ein moderner Bau, der aus mehreren grauen Betonquadern bestand. Viel Glas war verbaut und es gab überhängende Decken, die dann wiederum als Balkone dienten. Das ganze Gebäude wirkte ein wenig wie ein Raumschiff, das mitten im Londoner Südwesten gelandet war. Vor dem Eingang parkten mehrere SUVs. Olivia stellte ihr Elektromobil daneben und sie stiegen aus. Vom Eingangsportal her kamen zwei Männer auf sie zu. An den Steckern in ihren Ohren erkannte Olivia, dass es sich um Sicherheitspersonal handelte. Wahrscheinlich MI-5.

„DCI Olivia Jenner“, sagte sie und zeigte ihren Dienstausweis. Carla kramte in ihrer Tasche und tat es ihr nach. Einer der Männer nickte, unterließ es aber, sich selbst vorzustellen.

„Kommen Sie mit, Sie werden bereits erwartet“, sagte er. Er stellte sich rechts neben Carla, der andere positionierte sich links neben Olivia, sodass sie nun eingerahmt wurden von zwei Muskelbergen, die beide mindestens einen Kopf größer waren als sie. Carla wirkte eingeschüchtert, aber Olivia ließ sich den Schneid nicht so leicht abkaufen. Sie traten durch das Eingangsportal und fanden sich in einer Halle wieder, die von einem großen Glasdach überspannt wurde, durch das helles Tageslicht einfiel. Die Wände bestanden aus nacktem Beton, doch überall waren Grünpflanzen aufgestellt, sodass es beinahe wirkte wie in einem Dschungel. Olivia kam der Gedanke, ob der Hund nicht einfach irgendwo zwischen diesen Pflanzen verloren gegangen war.

Die beiden Agenten führten sie in einen kleineren Raum, dessen große Fensterfront einen Ausblick in einen riesigen, parkähnlichen Garten freigab. Auch hier hätte der Hund sich möglicherweise verlaufen können. In der Ferne konnte sie das silbern glänzende Band der Themse erkennen. Es handelte sich offenbar um eine Art Empfangsraum für Gäste, denn hier luden eine Sofagarnitur, eine Sitzgruppe mit einem Tischchen sowie ein halbes Dutzend Stühle zum Verweilen ein.

Neben dem Tischchen stand eine stark geschminkte, sehr dünne Frau in einem schwarzen Kostüm. Allein ihre Frisur hatte wohl mehrere Hundert Pfund gekostet. Sie musterte Olivia mit einem abschätzigen Blick.

„Sind Sie DCI Jenner?“, fragte sie und in ihrer Stimme schwang ein Hauch von Ungläubigkeit mit. Olivia unterdrückte ein Seufzen. Was hatte sie erwartet? Dass die Polizistin, die den Putney-Slasher zur Strecke gebracht hatte, top gestylt war und auf High Heels hereintrippelte?

„Ja, die bin ich“, sagte Olivia und streckte der Frau eine Hand entgegen, die diese nach einem an Peinlichkeit grenzenden Zögern ergriff und kurz schüttelte.

„Ich bin Lady Orbison, die Gattin des Innenministers“, sagte die Frau. „Man hat mir gesagt, Sie seien die fähigste Kraft in diesem Bezirk.“

Olivia zuckte mit den Achseln. „Das kann ich nicht beurteilen. Ihr Hund ist verschwunden, ist das korrekt?“, erwiderte sie.

„Nein, das ist nicht korrekt“, zischte die Frau. „Charlie wurde entführt. Das ist ein gemeines Komplott.“

„Wann hat sich das Ganze denn zugetragen?“

„Da müssen Sie die Person fragen, die zugelassen hat, dass man das meinem Charlie antut.“

Sie deutete auf eine Gestalt, die zusammengesunken auf einem der Stühle saß. Ihre Wangen waren gerötet, die Augen noch mehr. Offenbar hatte sie geweint, denn sie wischte sich mit einem Taschentuch Tränen aus den Augenwinkeln.

„Ich lasse Sie jetzt mit dieser menschlichen Enttäuschung allein. Finden Sie Charlie, er bedeutet mir viel“, sagte Lady Orbison und verließ grußlos das Zimmer.

„Sie können hier Platz nehmen“, sagte einer der Agenten und deutete auf zwei Stühle. Dann trat er zur Tür und positionierte sich daneben. Ein Kollege stellte sich an die Fensterfront. Carla wirkte irritiert, aber Olivia ließ sich auch hier nicht einschüchtern. Sie wusste sehr wohl, dass diese Männer, wenn sie wirklich vom MI-5 waren, nicht nur dafür da waren, Personenschutz zu leisten, sondern auch alle Informationen aufzuschnappen, die Besucher des Innenministers preisgaben. Sie würden wohl die Ermittlungen im Blick haben, aber das war Olivia gleichgültig. Sie war zwar tierlieb, aber es handelte sich hier nur um einen verschwundenen Hund. Da sollten die sich mal nicht so anstellen.

„Und Sie sind?“, fragte sie die junge Frau, die sich nun aus dem anderen Auge eine Träne wischte.

„Oh, verzeihen Sie, ich hätte mich vorstellen sollen. Mein Name ist Larissa Henson. Ich bin die persönliche Assistentin von Lady Orbison. Wir hatten telefoniert.“

Olivia wurde nun einiges klar. Wahrscheinlich war sie der Sündenbock dafür, dass der Hund verschwunden war. Gleichzeitig war sie froh darüber, dass Miss Henson ihre Ansprechpartnerin war und nicht der Innenminister oder gar seine Frau. Lady Orbison war ihr nämlich herzlich unsympathisch.

„Dann erzählen Sie doch mal. Was ist genau geschehen?“, fragte Olivia, kramte in ihrer Tasche und reichte der Assistentin eine Packung Taschentücher, die diese mit einem dankbaren Blick entgegennahm. Olivia war zufrieden. Sie hatte eine Beziehung zu der jungen Frau hergestellt und das war schon einmal viel wert.

Miss Henson schnäuzte sich noch einmal, dann begann sie zu berichten. „Wir haben eigentlich jemanden, der mit dem Hund Gassi geht. Einen der Gärtner. Aber der war krank. Deshalb hat die Lady mich beauftragt, Charlie auszuführen.“

Olivia hob die Hand. „Wann war denn das genau? Können Sie mir eine Uhrzeit nennen?“, fragte sie.

Larissa schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Sorry, wie dumm von mir. Das war gestern Abend um 18:00 Uhr. Der Innenminister und seine Frau waren gerade auf dem Weg zu einer Opernaufführung.“

„Was können Sie mir zu Charlie sagen? Was ist das für ein Hund?“, fragte Olivia. Ihr Gegenüber war so aufgeregt, dass sie erst einmal versuchen musste, sie auf eine sachliche Ebene zu bringen, und dazu waren einfache Fragen zu den hervorstechenden Eigenschaften des verschwundenen Tieres sicher am besten geeignet.

„Charlie ist ein Bassett. Ich weiß nicht, ob sie die Rasse kennen.“

Olivia schmunzelte. „Das sind die mit den langen Ohren und dem Watschelgang, nicht wahr?“

„Ja. Charlie ist schon zwölf. Ziemlich alt für einen Rassehund. Er hat Arthritis und ist nur langsam unterwegs.“

„Um 18:00 Uhr haben Sie den Auftrag erhalten, mit ihm Gassi zu gehen. Was genau ist dann geschehen?“

„Die Herrschaft hat mich beauftragt, mit Charlie eine Runde im Viertel zu drehen. Wir haben zwar einen großen Park und Charlie ist hier viel unterwegs, aber er ist darauf trainiert, sein Geschäft nicht auf dem Rasen zu verrichten. Ich habe also das Grundstück verlassen und bin in Richtung Putney gegangen, die Danemere Straße hinauf. Da kam mir aber ein Mann mit zwei Dobermännern entgegen. Ich hatte die Hunde hier bisher noch nie gesehen und sie waren nicht an der Leine, deshalb bin ich in den Waters Place eingebogen, eine Seitenstraße, die ich sonst nicht benutze. Es ist eine Sackgasse. Auf der Wendeplatte stand ein weißer Kastenwagen. Ich habe ihn nicht beachtet und ich habe auch nicht auf das Kennzeichen geschaut. Ich wollte nur abwarten, bis der Mann mit seinen Dobermännern vorbei war. Als ich dann das Fahrzeug erreicht habe, ging plötzlich alles ganz schnell. Jemand hat mir etwas über den Kopf gezogen, einen Jutesack. Ich wusste erst gar nicht, wie mir geschieht. Dann habe ich es Knurren gehört. Charlie hat sich offenbar gewehrt. Ich habe versucht, mich zu befreien, aber der Sack war hinter meinem Kopf verschnürt. Anschließend habe ich eine Tür gehört und dann ist das Auto weggefahren. Als ich es endlich geschafft habe, die Haube von meinem Kopf zu nehmen, war der Wagen schon verschwunden.“

„Konnten Sie das Kennzeichen erkennen?“, fragte Carla.

„Nein, ich habe nicht darauf geachtet. Warum auch? Der Wagen erschien mir vollkommen unverdächtig. Ich war vor allem auf diese Dobermänner konzentriert. Ich hatte Angst, dass sie sich auf Charlie stürzen. Ich wollte nicht, dass er verletzt wird. Lady Orbison hätte mir sonst die Hölle heiß gemacht. Aber, das hat sie jetzt ohnehin getan.“

Die Tränen traten wieder in ihre Augen und sie wischte sie sich noch einmal ab. Olivia ließ ihr Zeit.

„Sie sind also zurückgekehrt, ohne Hund. Was haben Sie dann getan?“

„Ich habe beim Personenschutz Bescheid gegeben und die haben ihre Kollegen informiert, die mit dem Innenminister unterwegs waren. Als Sir Orbison und seine Frau aus der Oper zurückgekommen sind …“

Sie sprach nicht weiter und Olivia konnte sich vorstellen warum. Die Erinnerung war sicher sehr unschön. Sie kannte den Innenminister. Sie hatte ihn schon mehrfach bei offiziellen Empfängen in Scotland Yard erlebt. Nach außen hin war er freundlich, jovial und gesellig. Aber es war bekannt, dass er zu Wutausbrüchen neigte und Fehler von Untergebenen schlecht tolerieren konnte.

„Kommen wir noch einmal auf die Dobermänner zurück“, sagte Olivia, um die junge Frau von ihren negativen Gedanken abzulenken. „Sie hatten gesagt, dass Sie die noch nie im Viertel gesehen hätten?“

„Die wären mir doch aufgefallen. Es waren zwei schöne Hunde. Aber leider eben freilaufend. Warum können die Leute sie nicht an die Leine nehmen?“

„Verzeihen Sie mir die Frage, aber können Sie denn beurteilen, ob diese Hunde eine ungewöhnliche Erscheinung im Viertel sind?“, fragte Carla.

„Ich wohne hier um die Ecke. Ich habe selbst einen Yorkshire Terrier und bin oft mit ihm unterwegs, wenn nicht gerade mein Freund das Gassigehen übernimmt. Ich kenne daher jeden Hund hier im Viertel. Diese Dobermänner habe ich noch nie zuvor gesehen.“

„Der Mann mit den beiden Dobermännern. Wie sah er aus? Konnten Sie sein Gesicht erkennen?“

„Er trug ein Baseball-Cap, eine Sonnenbrille und hatte einen Vollbart. Ich glaube nicht, dass ich ihn wiedererkennen würde, wenn er mir auf der Straße begegnen würde.“

Olivia stellte noch ein paar Fragen, doch aus der jungen Frau war nichts mehr herauszubringen. Sie bat um ein Foto von Charlie, dann wurden sie von den beiden Agenten wieder hinausbegleitet.

„Das war ja nicht sehr ergiebig“, sagte Carla, als sie durch das Tor fuhren.

„Wir haben ein paar Informationen, mit denen wir weiterarbeiten können. Nach was sieht es denn für Sie aus?“

„Ich glaube, dass die Dobermänner als Ablenkung dienten, um Larissa in die Gasse zu locken. Das war ein gezieltes Set-up.“

„Ja, das war es“, sagte Olivia. „Und genau das bereitet mir Sorgen.“