Leseprobe Die Macht der Elemente

Kapitel 1

Hitze. So viel davon, dass sie die Luft verstopfte und meine Haut sich anfühlte, als würde sie reißen. Ich kauerte an der Rückseite des Schranks und drückte mein Stoffeinhorn an meine Brust.

Unter der Tür stieg schwarzer Rauch auf, der aussah wie das Monster aus meinen Albträumen. Ich hustete. Zermürbende, erstickende Versuche, Luft einzusaugen.

Ich konnte nichts sehen. Panik erfasste mich, als ich versuchte, um Hilfe zu schreien. Dicke, schwarze Rauchwolken wirbelten um mich herum. Ich versuchte noch einmal, nach jemandem zu schreien, nach irgendjemandem, aber es kam nur noch mehr Husten.

„Aura!“

Ein Teil von mir kannte die Stimme. Erkannte die Sicherheit meiner Mutter. Ich rappelte mich auf und schrie, dass ich hier sei, aber meine Worte waren ein heiseres Krächzen. Wie sollte sie mich jemals finden? Wie könnte ich freikommen?

Ein ohrenbetäubendes Krachen. Funken. Flammen.

Ich fiel. Dann war da überhaupt nichts mehr.

Ich fuhr im Bett auf und umklammerte meine Brust. Als ob das irgendwie mein rasendes Herz beruhigen könnte, das Pochen meines Pulses an meinem Hals, das Rauschen des Blutes in meinen Ohren.

Einige äußerst kreative Flüche kamen aus meinem Mund. Solche, bei denen meine Mutter mir einen bösen Blick zugeworfen hätte. Ich schloss die Augen und versuchte, ein gewisses Maß an Ruhe zu finden. Das war ein Fehler, denn sobald mich die Dunkelheit umfing, stieg mir der Geruch von Rauch in die Nase. Ich hätte geschworen, dass ich ihn auf der Zunge schmecken konnte.

Meine Lider flogen wieder auf. „Schlechte Entscheidung.“

Ich warf die Decke zurück. Meine Beine zitterten, als ich mich aufsetzte und sie über die Bettkante hängen ließ. Ich hasste diese kleine Zurschaustellung von Schwäche. Die Albträume waren schon vor langer Zeit selten geworden. Und dann, vor ein paar Monaten, waren sie mit aller Macht zurückgekommen.

Ich hatte keine Ahnung, warum. Vielleicht lag es einfach daran, dass sich das Leben veränderte. Jahrelange Therapie hatte mich gelehrt, dass Albträume eine Stressreaktion sein können. Nur veränderte sich mein Leben nicht so sehr wie das der meisten meiner Klassenkameraden. Ich hatte meine Prüfungen bestanden und würde nächste Woche meinen Abschluss machen. Aber anstatt aufs College zu gehen, würde ich Vollzeit in der Kneipe in der Nähe unseres Reihenhauses arbeiten.

Meine Finger glitten über die Verbrennung an der Innenseite meines Handgelenks. Vielleicht wünschte ich mir eine Chance auf Normalität doch mehr, als ich gedacht hatte. Mein Gehirn kreiste um all die Dinge, die dem entgegenstanden.

Es klopfte an der Tür und sie öffnete sich, bevor ich die Möglichkeit hatte zu reagieren. Meine Mutter trat ein, immer noch in ihrer Arbeitskleidung. Als ich jünger war, hatte ich diese Uniform geliebt. Das hellblaue Kleid mit weißer Schürze. Der Sixties-Vibe. Jetzt sah ich es als das, was es war. Ein Job, der meine Mutter gefangen hielt, keine Chance auf Aufstieg oder ein leichteres Leben.

So würde ich nicht enden. Diese Worte waren ein Gelübde, das ich immer wieder vor mir selbst abgelegt hatte. Immer wieder kam ich mit vier Stunden Schlaf aus, um nach der Arbeit Zeit zum Lernen zu haben. Ich würde vielleicht nicht wie so viele andere auf ein schickes Vier-Jahres-College gehen, aber ich würde auch nicht aufgeben. Abendkurse würden meine neuen besten Freunde werden.

Meine Mutter blinzelte ein paarmal, betrachtete mein Gesicht prüfend und kam zum Bett geeilt. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass die Albträume zurück sind?“

Ich zuckte zusammen. „Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Sie waren nicht so schlimm.“

Sie legte den Kopf schief und warf mir einen strengen Blick zu, der aussagte, dass sie keine Ausreden duldete. „Wie lange schon?“

Ich hob mein verschlissenes Einhorn auf. Sein Fell war stellenweise abgewetzt. Meine Finger spielten mit einem der Ohren. „Ein paar Monate.“

„Aura …“

„Sechs“, sagte ich leise.

Sie zog mich in ihre Arme und ich atmete tief ein. Obwohl der Geruch von frittiertem Essen an ihr hing, konnte ich darunter den vertrauten Lavendelduft riechen. Der einzige Luxus, den sie sich jemals gönnte, war diese Lotion. Dieser Duft war sie.

Meine Mutter strich mir über den Rücken. „Du hättest es mir sagen sollen. Wir sind ein Team, erinnerst du dich?“

Ich schluckte schwer und sah zu ihr auf. „Das ist aber keine Einbahnstraße. Du musst mich auch in dein Team aufnehmen.“

Sie seufzte und strich mir meine blonden Strähnen aus dem Gesicht. „Es ist meine Aufgabe, dich zu beschützen. Und du hast bereits mehr auf dich genommen, als du musstest.“

Schuldgefühle zeichneten sich in ihrem Gesicht ab und sie wirkte plötzlich viel älter als ihre achtunddreißig Jahre.

Ich verschränkte meine Finger mit ihren und drückte sie fest. „Wir geben unser Bestes. Das Wichtigste haben wir ja.“ Denn wenn man beinahe jemanden verloren hätte, den man liebt, wusste man genau, was man wertschätzen musste. Und diese Nacht vor zehn Jahren hatte uns fast alles gekostet.

„Du hast recht.“ Sie drückte mir einen Kuss auf den Kopf. „Ich möchte mit dir reden …“

„Aura!“

Ein Derwisch von einem Zehnjährigen kam in den Raum gestürmt, warf sich auf mich und stieß mich zurück auf das Bett. Ich stöhnte, aber ich würde die heimtückischen Angriffe meines kleinen Tasmanischen Teufels nicht missen wollen.

Ich zerzauste Charlies Haar, das mehrere Nuancen dunkler war als mein eigenes. „Ja, Monster?“

Er grinste mich an. „Kann ich heute mit dir und Lainey kommen?“

„Es wird langweilig.“

Er schüttelte heftig den Kopf. „Nein, nein. Du wirst so viele coole Fähigkeiten sehen.“

„Man sieht jeden Tag Elementare.“

„Aber nicht die wirklich mächtigen. Nur diejenigen, die keine starken Gaben haben.“

Ich vermutete, dass er damit recht hatte. Ich hatte Geschichten über diejenigen gehört, die eines der vier Elemente oder in seltenen Fällen sogar mehr als eines wirklich beherrschten. Sie hatten typischerweise enge Bindungen zu den königlichen Linien. Den Fürsten und Königen wurde sogar die Herrschaft über drei Elemente nachgesagt. Doch mit der Zeit wurde diese Fähigkeit zur Herrschaft über Erde, Luft, Wasser und Feuer immer seltener.

Die Elementarwesen, die ihr Leben unter Menschen verbrachten, waren normalerweise nicht so stark. Einige sagten, es liege an der Vermischung der Blutlinien der Elementarwesen, andere sagten, es liege daran, dass sich viele Elementarmänner mit menschlichen Frauen gepaart hätten, da es so wenige Frauen ihrer Art gebe. Was auch immer der Grund war, Elementare mit abgeschwächten Gaben hatten für Charlie ihren Coolness-Faktor verloren.

Ich pikte ihn in die Seite. „Hoffst du, dass jemand einen Hurrikan verursacht? Vielleicht einen Windkanal?“

Charlie kreischte. „Ich möchte sehen, wie ein Feuerelementar etwas in die Luft jagt!“

Mein Kitzeln verebbte, als mich ein Schauer durchlief.

„Charlie Coleman“, warnte Mama, „wir reden in diesem Haus nicht darüber, Dinge in die Luft zu jagen.“

Er schenkte ihr ein verlegenes Lächeln. „Was ist, wenn die Explosion niemanden verletzt?“

Meine Finger fanden die Verbrennung an der Innenseite meines Arms und glitten über die glatte, erhabene Haut. Erinnerungen rüttelten an den Wänden meines Geistes. Durch Feuer fallen. Bewegungsunfähig. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, die Fingernägel stachen in meine Handflächen. Der aufblitzende Schmerz half, aber nicht genug.

Mama schüttelte den Kopf und sah Charlie an. „Du bist hoffnungslos.“ Sie ergriff seine Hand und zog ihn hoch. „Lass uns Pfannkuchen backen, damit Aura sich anziehen kann.“

Ihr Blick wanderte für einen Moment zu mir zurück. Ich glaubte, einen Anflug von Besorgnis über ihre Gesichtszüge huschen zu sehen, aber er war zu schnell verschwunden, um sicher sein zu können.

Charlie sprang vom Bett auf. „Pfannkuchen!“

Ich zwang mich zu einem Lächeln und versuchte, die Überreste des Albtraums und die dunklen Erinnerungen abzuschütteln. „Ich beeile mich. Versprochen.“

„Gut, denn ich bin am Verhungern.“

Er zog Mama zur Tür. Sie warf mir einen Blick über die Schulter zu. „Ich möchte mit dir reden, bevor du gehst.“

„Okay.“ Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich gelogen hatte. Ich wusste, sie wollte, dass ich den Therapeuten aufsuchte, den sie wegen meiner Albträume gefunden hatte, aber das war das Letzte, wofür wir Geld ausgeben sollten. Wenn ich den ersten Gesprächsversuchen auswich, würde sie es sicher vergessen, so beschäftigt, wie sie war.

Ich stemmte mich von meinem Bett hoch, doch meine Beine gaben nach und ich fiel zurück auf die Matratze. Meine Hände krallten sich in die Decke, während ich Atem schöpfte. Die Albträume hatten mich ganz schön mitgenommen.

Niedriger Blutzucker, dachte ich mir. Nach meiner Abendschicht konnte ich oft nicht gut essen. Sobald ich ein paar Pfannkuchen in meinem Körper hätte, würde alles in Ordnung sein.

Diesmal erhob ich mich langsamer, um meinem Körper die Möglichkeit zu geben, sich zu akklimatisieren. Nach ein paar Atemzügen stand ich wieder stabil auf den Beinen. Ich ging zu meinem Schrank und blickte finster auf den Inhalt. Die Vorstellung, dass wir uns für diese Scharade von einer Veranstaltung herausputzen sollten, war lächerlich.

Meine Finger glitten über die Bügel im Inneren. Kleider waren nichts, was ich regelmäßig brauchte. Aber ich hatte ein paar Second-Hand-Schnäppchen und entschied mich für ein Sommerkleid mit kurzen Ärmeln. Es war blassblau und mit winzigen Blumen übersät und passte, als wäre es für mich gemacht.

Ich zog es heraus, warf es aufs Bett und eilte ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. Es war wie in einer Verwechslungskomödie, dass wir drei uns ein Badezimmer teilten. Ich wollte nicht einmal darüber nachdenken, was passieren würde, wenn Charlie in die Pubertät kam.

Eilig machte ich mich fertig. Ich überlegte, ob ich mir etwas Mühe mit meinem Make-up geben sollte, und entschied mich dann einfach für Mascara und Lippenbalsam. Das sollte für die überkandidelten Elementarwesen reichen.

Bei dem Gedanken runzelte ich die Stirn. Wahrscheinlich waren eine Menge Leute von der Kingwood Academy anwesend. Ich hatte jüngere Elementarwesen belauscht, die sich in der Kneipe unterhalten hatten. Sie alle beteten um einen Platz an der renommiertesten Schule. Aber nach dem, was ich im Laufe der Jahre darüber erfahren hatte, klang es so, als ginge es mehr um Beziehungen als um Talent oder darum, sich den Platz dort zu verdienen.

Ich eilte zurück in mein Zimmer, zog meinen Schlafanzug aus und warf ihn in einem Haufen auf dem Boden. Dann schlüpfte ich in Unterwäsche und ein Bralette und zog mir schließlich das Kleid über den Kopf. Der Stoff war gerade oft genug getragen, weich und schmiegte sich perfekt an mich. Ich blieb vor dem Spiegel stehen und versuchte, meine Haare zu glätten. Sie waren von Natur aus gewellt, was manchmal etwas verrückt aussah. Das musste vorerst reichen.

Draußen wurde eine Autotür zugeschlagen und ich wusste, dass Lainey hier war. Genauso wie ich wusste, dass sie mich mindestens ein Dutzend Mal fragen würde, ob sie ein anderes Outfit hätte tragen sollen. Vielleicht drohte sie sogar damit, unterwegs an einem Geschäft anzuhalten, um schnell etwas anderes zu kaufen.

Ich schnappte mir meine Handtasche und ging zur Treppe. Die Haustür öffnete sich und schloss sich dann mit einem weiteren Knall.

„Aura! Beeil dich und schwing deinen süßen Hintern hoch! Ich will mir ein paar heiße Elementar-Jungs besorgen.“

Kapitel 2

Ich hatte Charlies übertriebene Würgegeräusche aus der Küche nicht vermisst.

„Ekelhaft, Lanes“, rief er.

Am Fuß der Treppe grinste Lainey. „Du kannst mir den Spaß nicht verderben, Knirps. Ich zähle schon die Tage, bis ich meinem heißen Schicksal begegne.“

Ich eilte die Treppe hinunter und folgte meiner besten Freundin in unsere winzige Küche. „Wie viele Jungs möchtest du haben?“

„Mindestens fünf“, sagte sie sachlich.

Charlie tat, als würde er in den Pfannkuchenteig kotzen, während Mama den Kopf schüttelte.

Ich verschluckte mich vor Lachen. „Ich dachte, vier wären das Höchste, und das galt auch nur für ihre Königin.“

Lainey seufzte. „Was für ein Leben. Schade, dass es die Aether nicht mehr gibt. Ich denke, darin wäre ich wirklich gut.“

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass du keine einzige elementare Gabe hast, geschweige denn alle vier.“

Aether waren die einzigen gewesen, die je alle vier Kräfte besessen hatten, und als sie ausgestorben waren, war mit ihnen die magische Einheit verloren gegangen, die Elemente und Königreiche zu verbinden.

Sie fuhr herum und zeigte mit dem Finger auf mich. „Hüte deine Zunge. Ich spüre etwas Magie in meinen Knochen. Ich brauche nur ein wenig Übung, um in einer dieser Akademien zu landen und meinen Harem voller Schönheiten zu bekommen.“

Meine Mutter hustete. „Lainey …“

„Tut mir leid, Mrs. C. Ich bin nur aufgeregt.“

Normalerweise lachte Mama einfach über Lainey und machte ihre Späße mit. Doch nun biss sie sich auf die Lippe und wandte sich wieder den Pfannkuchen zu.

Lainey ergriff meine Hand. „Lass uns gehen. Ich möchte einen guten Platz bekommen.“

Mamas Kopf schnellte hoch. „Möchtet ihr nicht bleiben und einen Pfannkuchen essen?“

„Ich habe uns Eiersandwiches besorgt“, sagte sie und zog mich zur Tür.

„Entschuldige, Mama. Leg die Reste in den Kühlschrank und ich mache sie mir heute Abend warm.“

„Aura –“, begann meine Mutter.

Ich flitzte hinter Lainey aus der Tür. „Wir reden heute Abend, bevor du zur Arbeit gehst.“

Lainey rannte unsere Vordertreppe mit den rissigen Stufen hinunter. „Was ist mit deiner Mama? Traurig, dass du deinen Abschluss gemacht hast?“

Ich setzte mich auf die Beifahrerseite von Laineys gebrauchtem Honda. „Ich glaube schon. Sie ist nicht gerade begeistert davon, dass ihre Erstgeborene erwachsen wird.“

Lainey drehte den Zündschlüssel. Sie brauchte ein paar Versuche, aber schließlich sprang der Motor an. „Meine Mutter wollte heute unbedingt ein Foto von mir machen. Wie am ersten Schultag.“

Ich betrachtete meine beste Freundin, während wir auf die andere Seite der Stadt fuhren. „Ich wette, das hast du in der ersten Klasse nicht getragen.“

Laineys Hand glitt über ihren schwarzen Minirock und ihre zerrissene Strumpfhose. „Hätte ich mich für Lila entscheiden sollen?“

Ich beugte mich hinüber und gab ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange. „Du siehst wunderschön aus.“

„Nein, ich sehe höllisch heiß aus und bereit für meinen …“

„Hottie Harem“, beendete ich für sie.

Lainey bog in Richtung des Zentrums für darstellende Künste ab, bei dem wir uns melden sollten. „Ich meine es ernst.“

„Wenn es jemand schafft, dann du.“

Sie parkte ganz am Ende des Parkplatzes. „Ich möchte nicht, dass jemand mein Baby zerbeult.“

Schnaubend stieg ich aus dem Auto. „Woran würdest du überhaupt merken, dass jemand dagegengefahren ist?“

Lainey warf mir einen düsteren Blick zu. „Betty ist perfekt. Ihre Kratzer verleihen ihr nur mehr Charakter.“

Bei ihren Worten breitete sich Wärme in mir aus. Das war Lainey. Sie betrachtete jede Einzigartigkeit oder Kuriosität als Geschenk. Das war wahrscheinlich der Grund, warum sie sich in der zweiten Klasse mit mir angefreundet hatte. Ich legte einen Arm um sie und drückte sie. „Ich liebe dich mehr als das Leben, Lainey Loo.“

Ihr finsterer Blick vertiefte sich. „Nenn mich nicht so vor potenziellen Mitgliedern meines heißen Harems.“

Ich tat so, als würde ich meine Lippen verschließen. „Ich werde schweigen wie ein Grab.“

„Verdammt richtig.“ Lainey zog mich zum Gebäude. Davor hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet. Ein paar Kids kannte ich von unserer riesigen Highschool, aber da waren noch viel mehr, die ich noch nie gesehen hatte. Absolventen aus der gesamten Umgebung waren zur Teilnahme verpflichtet. Sogar die Elementarwesen, die auf schicke Privatschulen gingen, mussten auftauchen und die Prüfungen bestehen wie der Rest von uns armseligen Menschen auch.

Niemand wollte riskieren, dass irgendjemand mit elementarer Kraft versehentlich einen thermonuklearen Angriff auf die menschliche Bevölkerung ausübte. Also waren diese Tests eingeführt worden, die am Ende des letzten Schuljahres stattfanden. Und jetzt mussten wir sie alle stundenlang über uns ergehen lassen, auch wenn wir wussten, dass wir keine elementaren Eltern hatten.

Ein Mädchen mit perfekt gestylten braunen Locken spottete über eine Schülerin von unserer Highschool. Sie drehte sich zu ihren Freunden um, lachte und flüsterte etwas, von dem ich wusste, dass es hässlich war.

„Oh nein, verdammt“, murmelte Lainey. „Wir werden nie einen guten Platz bekommen.“

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie uns in alphabetischer Reihenfolge aufrufen.“

„Nein, ich habe gehört, dass es dadurch zu kompliziert wurde. Dieses Jahr gehen wir in der Reihenfolge, in der wir sitzen. Komm schon.“ Sie ergriff erneut meine Hand und wir machten uns auf den Weg um die Ecke des Gebäudes.

Ich rieb mir den Hals. „Es ist ein Wunder, dass ich kein permanentes Schleudertrauma habe, weil ich deine Freundin bin.“

Lainey schnaubte. „Du hast einfach Glück, dass ich dich zu den spaßigen Sachen mitnehme.“

„Spaßige Sachen, Einbrüche – was ist schon der Unterschied?“

Sie öffnete eine Seitentür. „Es ist kein Einbruch, wenn die Tür unverschlossen ist.“

Ich stöhnte, folgte ihr aber hinein. Ich hatte keine Lust, eine Stunde lang mit gemeinen Mädchen Schlange zu stehen, bevor diese Sache begann. Die Tür schloss sich hinter mir und wir wurden in Dunkelheit getaucht.

Sofort ging mein Atem schneller. Der Phantomgeruch von Rauch kitzelte meine Nase. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich konnte meinen nächsten Atemzug nicht kontrollieren.

„Verdammt! Entschuldige, Aura. Lass mich die Taschenlampe an meinem Handy anmachen.“

Lainey kramte in ihrer Tasche und dann erhellte ein winziges Licht ihr Gesicht. Bei diesem Anblick entspannte sich meine Lunge ein wenig.

„Bist du okay?“, fragte Lainey und strich mir über den Rücken.

„Ja“, krächzte ich.

„Wir werden hier in kürzester Zeit weg sein. Ich muss nur das Auditorium finden.“

Lainey ging den Flur entlang. Ich blieb dicht hinter ihr und konzentrierte mich weiterhin auf den winzigen Lichtstrahl, der uns den Weg wies.

Um uns herum krochen Schatten herauf, aber ich tat mein Bestes, sie zu ignorieren, und versuchte, die Panik abzuwehren. Hinter uns hallten Schritte wider. Oder war das mein Herzschlag? Ich wirbelte herum.

Jemand warf mich gegen die Wand und packte mich am Hals. „Was zum Teufel denkst du, was du hier tust?“