Leseprobe Der Reiseführer für Schurken und andere Gentlemen | Eine prickelnde Regency Romance

Kapitel 1

Falls Sie auf der Suche nach einer Agentur sind, die Sie bei Ihren Reisevorbereitungen berät, sollten Sie Empfehlungen von mindestens drei zufriedenen Kundinnen einholen.

Ohne diese Vorsichtsmaßnahme kann eine Dame auf Reisen nie wissen, was geschehen und, schlimmer noch, wo es geschehen könnte.

Handbuch des Vereins für reisende Damen

London 1889

Es wirkte eindeutig nicht wie ein Ort, wo gesetzten älteren Damen ihre Lebensersparnisse abgeluchst wurden. Und doch – India Prendergasts Augen wurden schmal – war es genau das.

India widerstand dem Impuls, ungeduldig mit der Fußspitze zu tippen. Sie stand als Zweite in der Schlange, die sich vor der Tür des kleineren Vortragsraums im prächtigen Herrenhaus in Bloomsbury gebildet hatte, in dem der Explorer Club seinen Sitz hatte. Vor einem Tisch mit Erfrischungen, der an der Wand aufgebaut war, unterhielten sich einige Frauen. Andere hatten in den Stuhlreihen vor dem Rednerpult Platz genommen. Die stämmige Dame vor India mit dem hohen, bebänderten, für ihr Alter gänzlich unangemessenen Hut schien es nicht eilig zu haben. Dabei begann gleich der Vortrag zum Thema „Was eine reisende Dame auf keinen Fall zu Hause lassen sollte“. Nein, die Dame nahm darauf keine Rücksicht, sondern plauderte fröhlich mit der Frau hinter dem Tisch, als hätte sich hinter ihr keine Warteschlange gebildet.

India wäre gar nicht hierhergekommen, hätte sie nur eine Antwort auf ihren Brief erhalten, in dem sie sich nach dem Verbleib ihrer lieben Cousine, Lady Heloise Snuggs, erkundigt hatte. Trotz ihres exotischen Namens – mit dem sich India schon lange abgefunden hatte – hegte sie nicht den Wunsch zu reisen und besaß keinen Sinn für die Abenteuer, die in fernen Ländern lockten. Sie verstand nicht, wie eine ansonsten gescheite und vernünftige Frau sich für derartige Dummheiten begeistern konnte. Nein, das einzige, was sie heute hierher geführt hatte, war ihre Sorge, die elender Furcht bedenklich nahe kam.

Es war schon beinahe sechs Wochen her, seit India einen kurzen Brief von Heloise erhalten hatte. Das sah ihrer Cousine gar nicht ähnlich, selbst wenn man die unzuverlässige Postzustellung außerhalb der Grenzen des Empires in Betracht zog. Zuvor hatte India nämlich mindestens zweimal die Woche einen Brief bekommen, in dem ihre Cousine sich begeistert darüber ausließ, dass sie endlich all die Orte, die sie aus Büchern kannte, mit eigenen Augen sah. Schon lange hatte Heloise davon geträumt, durch die Welt zu reisen, und als sie auf den Verein zur Unterstützung reisender Damen stieß, der wesentlich weniger imposant wirkte als eine entsprechende von Männern geführte Einrichtung, schienen ihre Träume in greifbare Nähe gerückt zu sein.

Allmählich füllte sich der Saal mit Frauen, von denen die meisten – so wie Heloise – über fünfzig waren. Und ebenso wie sie träumten alle vermutlich davon, aufregende Abenteuer an exotischen Orten zu erleben, vorzugsweise mit einem gut aussehenden männlichen Begleiter an ihrer Seite. Was für ein ausgemachter Blödsinn.

India war besorgt gewesen, als Heloise vor drei Monaten aufgebrochen war, um die Welt jenseits von Englands Gestaden zu erkunden. Sie hatte es jedoch nicht fertiggebracht, ihre Bedenken zu äußern, um der Begeisterung ihrer Cousine keinen Dämpfer aufzusetzen. Nie zuvor hatte sie Heloise so aufgeregt erlebt. Doch einer allein reisenden Dame konnte eben alles Mögliche zustoßen, auch wenn Heloise von ihrer Zofe Mademoiselle Marquette, einer tüchtigen, handfesten Französin, begleitet wurde. Wenn India nun doch ihre Bedenken vorgebracht hätte …

Energisch schob India den Gedanken beiseite, doch es gelang ihr nicht, die ängstliche Beklemmung abzuschütteln, die seit ein paar Wochen auf ihrer Seele lastete. Dabei war sie ziemlich sicher, dass Heloise ohnehin nicht auf sie gehört hätte. Aber India hätte es sich niemals verzeihen können, wenn der älteren Frau etwas zugestoßen wäre. India war nicht überschwänglich in ihren Gefühlen, aber sie hatte Heloise fast vom ersten Augenblick an, da sie einander begegnet waren, ins Herz geschlossen. Die zwanzig Jahre ältere Heloise war eine Cousine von Indias Mutter und das einzige an Familie, was India auf der Welt noch besaß. Nachdem Indias Eltern gestorben waren, hatte Heloise ihr ein Zuhause gegeben und die Verantwortung auf sich genommen, ein elfjähriges Mädchen aufzuziehen. Außerdem hatte sie Indias Ausbildung an Miss Bickleshams angesehener Akademie für vornehme junge Damen finanziert und genügend Geld für eine angemessene Aussteuer beiseitegelegt, sollte es erforderlich werden. (Es war nicht erforderlich geworden, und das war auch gut so.) Nur wenig von dem, was sie an Männern beobachten konnte, hätte India dazu bewogen, sich für den Rest ihres Lebens an einen von ihnen zu binden.

Heloise hatte India in der Not geholfen, und das würde India jetzt auch für sie tun. Zumal der Gedanke, ihre Cousine zu verlieren, India unerträglich war.

Endlich ging die Frau vor ihr weiter, um sich einen Platz zu suchen, und India trat vor.

„Wie kann ich Ihnen helfen, Miss?“, fragte die blonde Frau hinter dem Tisch lächelnd.

„Ich möchte dem Verein für reisende Damen beitreten“, antwortete India mit fester Stimme. Es war die Idee ihres Arbeitgebers, Sir Martin Luckthorne, gewesen, dass es für India sinnvoll sein könnte, selbst dem Verein beizutreten, um etwas über den Verbleib ihrer Cousine zu erfahren.

„Wie erfreulich.“ Die Blondine strahlte. Indias Misstrauen geriet ins Wanken angesichts des offenen Lächelns der Frau, das ihr schönster Zug zu sein schien. Oh, sie war keineswegs hässlich, aber auch nicht übermäßig attraktiv. Auf der Straße hätte die Frau keinen Blick auf sich gezogen. Darin waren sie und India sich ähnlich, und für einen Augenblick bekam India wegen ihrer List Gewissensbisse. Aber es ließ sich nun einmal nicht ändern. India erwiderte das Lächeln. Außerdem war die Frau ungefähr in ihrem Alter, und mit knapp dreißig waren sie die Jüngsten im Saal. „Haben Sie denn auch vor zu reisen?“

India zögerte. „Ich habe noch keine festen Pläne gemacht.“

„Oh.“ Die Blondine runzelte die Brauen. „Die meisten unserer Mitglieder sind gerade deshalb dem Verein beigetreten, um ihre zukünftigen Reisen zu planen.“

„Das möchte ich auch“, log India. „Ich weiß nur noch nicht, wann genau die Reise stattfinden wird.“

„Das ist etwas anderes“, antwortete die Blondine und nickte verständnisvoll. „Ich verstehe vollkommen. Einige von uns verfügen nicht über die notwendigen Mittel, um einfach so nach Lust und Laune die Welt zu durchstreifen.“ Ihre Stimme nahm einen entschlossenen Ton an. „Doch Reisen zu planen war von Anfang an Sinn und Zweck des Vereins für reisende Damen.“

„Er wurde von erfahrenen Reisenden gegründet, nehme ich an?“, fragte India, obwohl sie genau wusste, wer die Gründer der Organisation waren.

„Aber gewiss doch.“ Die Augen der anderen Frau leuchteten vor Stolz. „Sie haben doch bestimmt von Sir Charles Blodgett gehört.“

„Ich bin nicht sicher …“

„Er war ziemlich berühmt für seine Forschungsreisen und Expeditionen und eines der ersten Mitglieder des Explorers Club. Vor nunmehr zehn Jahren hat Lady Blodgett ihn verloren, glaube ich.“

India nickte, nicht ganz sicher, ob Sir Blodgett gestorben oder im Dschungel irgendeines heißen, grässlichen, unzivilisierten Landes verschollen war.

„Lassen Sie mich überlegen. Wo war ich stehengeblieben?“ Die Frau zog die Stirn kraus. „Ach ja, ich wollte Ihnen etwas über die Gründer unseres Vereins erzählen – Lady Guinevere Blodgett und ihre engsten Freundinnen, Mrs. Persephone Fitzhew-Wellmore und Mrs. Ophelia Higginbotham. Tatsächlich sind sie beinahe wie Schwestern. Alle drei waren mit reise- und abenteuerlustigen Männern verheiratet, doch Sir Charles war der berühmteste von ihnen. Mittlerweile sind die Ärmsten alle verwitwet, aber sie kennen sich wirklich aus, wenn es um die Strapazen einer Reise geht, um das Abenteuer, auf einem Dampfschiff die Weltmeere zu durchqueren, in einer Feluke über den Nil zu segeln oder –“

„Es sind also Lady Blodgett und ihre Freundinnen, welche die Touren und Reisen für die Mitglieder arrangieren?“, unterbrach India sie, bemüht, ihre Ungeduld zu verbergen.

„Das ist ja naheliegend, nicht wahr? Sie sind alle sehr sachkundig.“ Die Frau schwieg einen Moment. „Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich mit der Leitung des Vereins nicht besonders gut auskenne, obwohl ich ihm schon kurz nach der Gründung beigetreten bin. Ich arbeite erst seit einer Woche aktiv mit, um Mrs. Higginbotham und den anderen einen Gefallen zu tun, bis sie jemanden für die Organisation gefunden haben. Der Verein ist viel schneller gewachsen, als es sich alle vorstellen konnten.“

„Es gibt ihn noch nicht so lange, nicht wahr?“ Noch eine Frage, auf die India die Antwort schon kannte. Aber auf diese Weise ließ sich vielleicht an zusätzliche Informationen kommen.

„Er wurde vor acht Monaten gegründet, und das war auch höchste Zeit, wenn Sie mich fragen.“ Die Frau presste energisch die Lippen zusammen. „Heutzutage gibt es keinen Grund mehr, warum eine Frau nicht durch die Welt reisen sollte, wenn sie Lust dazu hat.“

„Außer vielleicht die Finanzen.“ India blickte die andere Frau aufmerksam an.

„Das natürlich schon. Und die Furcht vor dem Unbekannten, nehme ich an.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es ist ziemlich traurig, wenn wir uns nicht unseren Herzenswunsch erfüllen aus Angst, die Wirklichkeit könnte nicht so schön sein wie unser Traum.“

India bemühte sich, die Frau nicht anzustarren, doch ihr war klar, dass es sich bei der Dame um eine vollkommen weltfremde Träumerin handelte. „Und gibt es Mitgliedsbeiträge?“

„Ja, natürlich. Sie betragen ein Pfund pro Monat oder zehn für eine Jahresmitgliedschaft.“

„Und was ist darin enthalten?“

„Vorträge über Reisen – gewöhnlich einmal wöchentlich – sowie Treffen mit gleichgesinnten Frauen, so wie Ihnen. Der größte Teil der Monatsbeiträge wird allerdings für die Planung einer zukünftigen Reise beiseitegelegt.“

„Wenn ich also tatsächlich eine Reise unternehmen möchte –“, India wählte ihre Worte mit Bedacht, „– habe ich die Kosten für Dinge wie Beförderung, Hotels oder Fremdenführer bereits angespart?“

„Zum großen Teil. Es kommt, glaube ich, noch eine weitere, recht geringe Gebühr für die Ausarbeitung einer Reiseroute hinzu. Aber das versteht sich wohl von selbst.“ Damit nahm die Frau ein vorgedrucktes Formular von einem Stapel. „Wenn Sie also das hier ausfüllen würden, können Sie es bei Ihrem nächsten Besuch zusammen mit der Gebühr abgeben. Der erste Vortrag ist für Sie kostenfrei.“

„Wie überaus großzügig.“ Oder schlau.

„Aber nicht doch.“ Die Blondine erhob sich von ihrem Stuhl und reichte India den Bogen. „Lady Blodgetts kenntnisreiche Berichte werden Ihnen bestimmt sehr gefallen. Sollten Sie auch nur einen Funken Interesse am Reisen haben, wird Lady Blodgett ihn zu einem lodernden Feuer entfachen.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Ich sollte mich noch vorstellen. Mein Name ist Miss Honeywell, und ich bin sicher, dass Sie unserem Verein beitreten werden.“

„Ich bin Miss Prendergast“, erwiderte India mit einem knappen Kopfnicken, „und ich denke, Sie könnten recht haben.“ Wieder zwickte sie das lästige Gewissen. Sie war es einfach nicht gewöhnt, jemanden hinters Licht zu führen. „Wie viele Mitglieder haben Sie?“

„Schon mehr als neunzig, glaube ich.“

„Das ist sehr beeindruckend.“

„Ja, wirklich. Anfangs trafen wir uns in Lady Blodgetts Salon, aber dafür sind wir jetzt zu viele. Da die Ehemänner der Damen eine so enge Beziehung zum Explorers Club hatten, hat man unserem Verein ein Büro in diesem Gebäude zur Verfügung gestellt, und wir dürfen dreimal die Woche den Raum hier für Versammlungen und Vorträge nutzen.“

„Wie großzügig.“

„Sie konnten ja schlecht der Witwe von Sir Charles Blodgett eine Bitte abschlagen“, antwortete die Frau etwas spöttisch.

„Ganz bestimmt nicht.“ India bemühte sich um einen entrüsteten Unterton, was ihr nicht schwerfiel. Hätte sich der Verein nämlich etwas entgegenkommender verhalten, als sie ihre ersten Nachforschungen über den Verbleib ihrer Cousine anstellte, wäre India gar nicht auf die Idee gekommen, dass etwas mit dieser Organisation nicht stimmte. Und sie hätte nicht begonnen, Fragen zu stellen, auf die sie keine befriedigenden Antworten erhielt. „Erzählen Sie mir doch mehr über Lady Blodgett und die anderen. Sie scheinen alle sehr nett zu sein.“

„Also, Mrs. Higginbotham kenne ich schon seit Jahren. Sie und die anderen waren Bekannte meiner …“

Entweder war Miss Honeywell die ehrlichste Frau, die India jemals getroffen hatte, oder eine begabte Schauspielerin. Doch je länger die Blondine von der rechtschaffenen Lady Blodgett und ihren Mitstreiterinnen schwärmte, desto mehr vermutete India, dass Miss Honeywell eine treuherzige Seele war. Und India hatte sich immer auf ihre Menschenkenntnis verlassen können.

Sollten die drei Damen wirklich so unschuldig sein, wie Miss Honeywell glaubte, dann stand vielleicht im Hintergrund ein Mann, der die Fäden zog wie ein geschickter Puppenspieler und die alten Tantchen manipulierte. Das zumindest vermutete Inspektor Cooper von Scotland Yard, der auf die Bitte von Sir Martin hin ein Gespräch mit India geführt hatte. Mit seinem leicht strubbeligen blonden Schopf und der sicheren Autorität, die er ausstrahlte, hatte der Inspektor durchaus flott gewirkt, doch zu Indias Verdruss hatte er einfach nicht einsehen wollen, warum sie über Heloises Schweigen so beunruhigt war. Seiner Meinung nach waren keine Briefe von Heloise gekommen, weil der Postdienst in anderen Ländern einfach so unzuverlässig war. Und außerdem, so hatte er leicht vorwurfsvoll hinzugefügt, war Heloise, ebenso wie ihre Begleiterin, ein erwachsener Mensch und amüsierte sich wahrscheinlich so sehr, dass sie einfach zu schreiben vergaß. Obwohl er es für möglich hielt, dass ein männlicher Drahtzieher hinter dem Verein für reisende Damen steckte, konnte die Polizei seiner Meinung nach nichts unternehmen, solange sich niemand über die Organisation beschwerte. Nun hatte sich India durchaus lautstark beschwert, doch offensichtlich reichten die Klagen einer einzigen Frau nicht aus. Cooper hatte seine Worte mit einer solch amüsierten, herablassenden Miene vorgebracht, dass India ihm am liebsten eine heruntergehauen hätte.

Mit den Worten „Ich muss Sie unbedingt mit einigen unserer Mitglieder bekannt machen“, steuerte Miss Honeywell mit India ein Grüppchen an, das vor dem Tisch mit Erfrischungen stand. „Sie werden feststellen, dass die meisten der Damen wesentlich älter sind als wir beide. Dennoch haben wir vieles gemeinsam.“

Ein über Jahre angespartes Vermögen und wenig Widerstand gegenüber den Verlockungen ferner Länder. „Das kann ich mir vorstellen.“

„Mrs. Vanderkellen“, wandte sich Miss Honeywell an die Dame, die vor India in der Schlange gestanden hatte. „Dürfte ich Ihnen …“

Miss Honeywell stellte India einigen weiteren Damen vor, die alle schon gespannt auf den Beginn des Vortrags warteten. Bei ihnen handelte es sich ausnahmslos um Witwen oder alte Jungfern. Einige Minuten später nahmen India und Miss Honeywell zwei der wenigen noch freien Plätze ein, denn seit Indias Ankunft hatte sich der Saal beträchtlich gefüllt. Der Verein war offensichtlich sehr beliebt.

Mit energischem Schritt begab sich eine ältere Frau nach vorn zum Rednerpult, gefolgt von zwei ebenso hochgestimmten Damen, die hin und wieder stehenblieben, um charmant und freundlich Frauen im Zuschauerraum zu begrüßen, als seien sie ihre ältesten und besten Freundinnen und nicht darauf aus, ihnen finanziell das Fell über die Ohren zu ziehen.

„Heute ist Lady Blodgett die Rednerin“, erklärte Miss Honeywell leise, doch voller Begeisterung. „Die anderen beiden Damen sind Mrs. Fitzhew-Wellmore und Mrs. Higginbotham. Sie werden Ihnen gefallen, Miss Prendergast. Sie sind ganz wundervoll und außerordentlich nett.“

„Ich freue mich sehr darauf, sie kennenzulernen“, erwiderte India mit gespielter Begeisterung.

Bevor sie hierhergekommen war, hatte India überlegt, ob es besser wäre, die Vorsitzenden des Vereins direkt anzusprechen und zu verlangen, dass sie ihr bei der Suche nach Heloise halfen, oder lieber Sir Martins Rat zu folgen und weiter auf ein Lebenszeichen von Heloise zu warten. Doch jetzt war sie fest entschlossen, herauszufinden, ob es sich hier um eine seriöse Einrichtung handelte oder ein Schwindelunternehmen, das ältere Frauen um ihr Geld prellte. Das war ihr fast so wichtig geworden wie die Suche nach ihrer Cousine.

Lady Blodgett nahm ihren Platz am Rednerpult ein, während sich die anderen beiden auf Stühlen ein wenig seitlich hinter ihr niederließen. Dabei benahmen sie sich ziemlich undiszipliniert. So unterhielt sich Lady Blodgett weiter mit einer Frau in der ersten Reihe, und ihre beiden Begleiterinnen winkten jemandem im Zuschauerraum zu, um danach angeregt miteinander zu plaudern. Überhaupt war der ganze Saal von lebhaftem Geplapper erfüllt. Angesichts dieses Durcheinanders war es möglich, dass sie keine Betrüger, sondern einfach unfähig waren.

„Ich nehme an, die Mitglieder sind ständig auf Reisen, oder?“, erkundigte sich India bei Miss Honeywell.

„Keineswegs“, antwortete die. „Jedenfalls bisher nicht. Ich weiß nicht, ob mehr als eins der Mitglieder tatsächlich ins Ausland gereist ist. Es erfordert viel Zeit und Mühe, eine Reise in den Orient, zu den griechischen Inseln oder in die ägyptische Wüste zu planen.“

„Viel Zeit und Kosten?“

Miss Honeywell nickte. „Nun ja, man will ja vorbereitet sein. Und genau das ist der Zweck unserer Vorträge.“

„Ich verstehe.“ Je länger eine der Frauen in London blieb und ihre Monatsbeiträge zahlte, desto größer wurde das Vermögen des Vereins für reisende Damen. War das nicht ein bestechender Gedanke?

India wusste nicht genau, ob es sich um Mrs. Fitzhew-Wellmore oder Mrs. Higginbotham handelte, jedenfalls stand plötzlich eine der Damen auf, ging zu Lady Blodgett hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Lady Blodgett zuckte zusammen und warf einen Blick zum hinteren Bereich des Saals. Dann seufzte sie mit resigniertem Lächeln.

Als India ihrem Blick folgte, bemerkte sie einen Herrn mit einer ledernen Aktentasche in der Hand, der die ältere Dame grimmig anstarrte. Mit seinem dunklen Haar und den breiten Schultern war er durchaus attraktiv und wirkte außergewöhnlich groß. Aber India erschienen die meisten Leute groß, da sie selbst kleiner war, als es ihr gefiel.

„Wer ist das?“, fragte sie Miss Honeywell.

„Der Traumprinz.“ Miss Honeywells Worte klangen wie ein Seufzen.

Es war wirklich etwas an dem Mann, sei es seine selbstbewusste Haltung, sein fester Schritt oder das markante Kinn, das sofort an einen Traumprinzen denken ließ. „Das ist doch wohl nicht sein Name?“, fragte India. Abrupt löste die andere Frau ihren Blick von ihm und stammelte: „Nein, ich … ach herrje.“ Sie wurde rot. „Habe ich das wirklich laut gesagt?“

„Ich fürchte ja.“ Normalerweise hatte India wenig Verständnis für Frauen, die Männer anschmachteten, mochten diese auch noch so attraktiv sein. Aber in diesem Fall empfand sie fast so etwas wie Mitgefühl. Denn Männer, die aussahen wie der Traumprinz, gaben sich selten mit eher unscheinbaren Geschöpfen wie Miss Honeywell oder India selbst ab.

„Ich weiß gar nicht, was über mich gekommen ist“, hauchte Miss Honeywell. „Flotter Bursche hätte ich eher sagen sollen.“ Sie grinste. „So heißt er natürlich auch nicht, und er ist noch nicht einmal ein Lord, aber immerhin der Erbe des Earl of Danby. Sein Name ist Mr. Saunders, und er ist der Sohn von Lady Blodgetts Nichte.“

„Ich bitte um Verzeihung, aber es gibt eine kleine Verzögerung“, verkündete Lady Blodgett. „Es wird nur ein paar Minuten dauern, und bis wir wieder da sind, bedienen Sie sich doch bitte am Tisch mit den Erfrischungen. Ach ja –“ Ihr Blick huschte über die Stuhlreihen. „Wo ist Miss Honeywell?“

„Hier.“ Miss Honeywell erhob sich.

„Seien Sie so gut, Sidney, und verteilen Sie schon mal die Broschüren für diese Woche.“ Lady Blodgett lächelte und folgte ihren Freundinnen in den hinteren Bereich des Saals. Trotz ihres Lächelns hätte India schwören können, dass alle drei in diesem Moment lieber woanders gewesen wären. Mr. Saunders öffnete die Tür, und die drei Damen gingen hinaus.

India stand auf. „Ist er oft hier?“

„Das weiß ich wirklich nicht.“ Miss Honeywell zog die Stirn kraus. „Er war letzte Woche hier, da habe ich ihn zum ersten Mal gesehen. Aber, wie gesagt, ich bin neu auf dieser Stelle.“

„Lady Blodgett und die anderen wirkten nicht besonders erfreut, ihn zu sehen“, bemerkte India, ohne die Tür aus den Augen zu lassen.

„Nein, ich fürchte nicht“, antwortete Miss Honeywell versonnen. „Anfangs schien sich Lady Blodgett über seinen Besuch zu freuen, doch seit einem Gespräch zwischen Mr. Saunders und den Damen wirkten die drei nicht mehr so fröhlich wie zuvor.“

„Aha“, murmelte India. Die Beziehung zwischen Mr. Saunders und den Damen schien wichtig zu sein, auch wenn sie nicht wusste warum. Im Grunde hoffte sie, mit dem Verein für reisende Damen wäre alles in Ordnung. Aber warum hatte man dann nicht auf ihre besorgten Fragen nach Heloise geantwortet?

Falls die Leiterinnen des Vereins ehrlich waren und tatsächlich Leistungen für die Beiträge erbrachten, warum taten sie dann nicht alles Menschenmögliche, um eines ihrer Mitglieder aufzuspüren? Nein, hier stimmte etwas ganz und gar nicht. So ungern sie es sich eingestand, aber Inspektor Cooper mochte recht haben. Vielleicht steckte wirklich ein Mann hinter allem.

Und so langsam dämmerte ihr, wer dieser Mann sein könnte.

Doch im Augenblick war das alles reine Theorie. Sie wollte dem eingebildeten Inspektor Cooper erst dann wieder unter die Augen treten, wenn sie nicht nur Heloise, sondern auch einen Beweis dafür gefunden hatte, dass die ganze Organisation nur einem Zweck diente – nämlich denjenigen ihr Geld abzuluchsen, die das am wenigsten verschmerzen konnten. Und, was noch schlimmer war, ihre langgehegten Träume von Abenteuern in fernen Ländern zu zerstören.

Indias Entschluss war gefasst. Der übermäßig attraktive Mr. Saunders konnte vielleicht drei arglose alte Damen für seine niederträchtigen Pläne einspannen, aber India Prendergast war aus anderem Holz geschnitzt. Sie würde nicht rasten noch ruhen, bis Heloise wieder sicher zu Hause war. Und falls man ihrer lieben Cousine auch nur ein Haar gekrümmt hatte, würde India dafür sorgen, dass Mr. Saunders den Rest seiner Tage im Gefängnis verbrachte.

Da konnte er noch so flott und charmant sein.

Kapitel 2

„Meine Damen, wenn Sie bitte Platz nehmen würden“, sagte Derek Saunders in seinem entschiedensten, nüchternsten Ton. Bis vor ein paar Tagen hatte Derek noch gar nicht gewusst, dass er über einen solchen Ton verfügte. Aber bis dahin hatte er ihn auch nie gebraucht.

„Ich hoffe, du fasst dich kurz.“ Tante Guinevere bedachte ihn mit einem strafenden Blick und ließ sich auf einem der erstaunlich bequemen Ledersessel nieder, die an einem Ende des ansonsten ungenutzten Raums standen, den der Verein für reisende Damen okkupiert hatte. Derek wusste immer noch nicht, wie seine Großtante und ihre Mitstreiterinnen die Männer vom Explorers Club überredet hatten, ihnen nicht nur ein Büro, sondern noch dazu einen Vortragssaal zur Verfügung zu stellen, und das für eine lediglich nominelle Gebühr. Vermutlich hatten die älteren Damen die Berühmtheit ihrer verstorbenen Ehemänner dafür so präzise eingesetzt wie ein Scharfschütze seine Waffe.

„Unsere Mitglieder warten schon sehnsüchtig auf Gwens Vortrag, Mr. Saunders“, gab Mrs. Fitzhew-Wellmore zu bedenken.

„Und es ist unhöflich, sie warten zu lassen.“ Mrs. Higginbotham presste missbilligend die Lippen zusammen. „Äußerst unhöflich.“

„Und unhöflich wollen wir doch nicht sein, nicht wahr?“ Derek öffnete die Aktentasche, die sein Onkel ihm in der Hoffnung geschenkt hatte, sie würde Derek zu ernsthafter Arbeit anregen, zog einen Stapel Papier hervor und legte ihn auf den Schreibtisch. Dann nahm er auf dem Schreibtischstuhl Platz und machte schmale Augen, was seiner Meinung nach gut zum entschiedenen, nüchternen Ton passte. „Zumal Sie ihnen ihr Geld unter Vorspiegelung falscher Tatsachen abknöpfen.“

Alle drei Damen schnappten empört nach Luft, was auf ihn einen übertriebenen und einstudierten Eindruck machte. Zweifellos hatten sie sich seit seinem ersten Besuch vor einer Woche zurechtgelegt, wie sie auf seine Entdeckung reagieren sollten. Offensichtlich so unschuldig und harmlos wie möglich.

„Mein lieber Junge, wir haben keine Ahnung, was Sie damit meinen.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore blickte ihn aus großen, verwunderten Augen an.

„Und ich finde Ihre Bemerkung reichlich beleidigend“, bemerkte Mrs. Higginbotham verschnupft. „Falsche Tatsachen, also wirklich.“

„Ich bin sicher, du bringst da etwas durcheinander, Derek. Wahrscheinlich ist es einfach ein Missverständnis.“ Tante Guinevere lächelte ihm begütigend zu, als wäre er noch immer sechs Jahre alt. „Ich bin sicher, es wird sich alles aufklären.“

„Das bezweifle ich.“ Er blätterte in den Unterlagen des Vereins für reisende Damen, um sich selbst und ihnen eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Bei dem beeindruckenden Stapel handelte es sich um Mitgliederlisten, Mitgliedsanträge, ausgearbeitete Reiserouten, die Vereinbarung mit dem Explorers Club und diverse Broschüren des Vereins. Nun hatte er sich durchaus zurechtgelegt, was er sagen wollte, aber Planung war eine Sache, diesen täuschend brav wirkenden Geschöpfen gegenüberzutreten eine ganz andere. Aber es half alles nichts.

Bevor seine Mutter vor mehr als einem Monat mit seinem gegenwärtigen Stiefvater – ihrem dritten Mann – zu einer Reise durch Europa aufgebrochen war, hatte sie ihn gebeten, sich um Großtante Guinevere, die Schwester ihrer Mutter, zu kümmern. Die Ärmste kam langsam in die Jahre und hatte, bis auf ihre beiden langjährigen Freundinnen, keine Menschenseele auf der Welt. Derek war einer ihrer wenigen noch lebenden Verwandten, und so war es seine Pflicht, nach ihr zu sehen. Eine Pflicht, so hatte seine Mutter betont, die keineswegs aufwändig war und ihm Gelegenheit geben würde, sein Verantwortungsgefühl unter Beweis zu stellen. Das war genau an diesem Punkt seines Lebens besonders wichtig, da Onkel Edward, der Earl of Danby, an Dereks zweiunddreißigstem Geburtstag vor sechs Monaten damit gedroht hatte, ihm den Unterhalt zu streichen und ihn zu enterben, sollte sein Neffe nicht allmählich sein sorgloses, leichtsinniges Leben aufgeben und sich ein wenig mehr wie der nächste Earl of Danby verhalten.

Unter anderen Umständen wäre eine solche Bemerkung ziemlich unfair von seiner Mutter gewesen, doch es ließ sich nicht leugnen, dass sie recht hatte. Wie schwer konnte es außerdem schon sein, für das Wohlergehen einer lieben, älteren Verwandten zu sorgen? Derek sah seine Großtante nur selten, und das von seiner Mutter beschriebene Bild einer schwachen, exzentrischen Witwe, hinfällig an Geist und Körper, hatte schwer auf seinem Gewissen gelastet.

Doch seine Mutter hatte gelogen.

Als Derek schließlich Tante Guinevere besuchen wollte, wurde ihm von ihrem Butler mitgeteilt, dass sie sich in ihrem Büro im Explorers Club aufhielt. Das kam ihm komisch vor, doch er nahm naiverweise an, dass man sie als Witwe eines prominenten Mitglieds dorthin eingeladen hatte. Als er dann selbst dieses Heiligtum des Abenteuers betrat, musste er feststellen, dass Tante Guinevere weder an geistiger noch körperlicher Schwäche litt. Tatsächlich waren die alte Dame und ihre ebenso betagten Gefährtinnen offenbar damit beschäftigt, einen Plan auszuhecken, wie sie andere alte Damen übers Ohr hauen konnten.

Er holte tief Luft. „Ich habe die Unterlagen, die ihr mir letzte Woche gegeben habt, eingehend geprüft und habe noch einige Fragen dazu. Erklärt mir doch bitte, welche Aufgaben die Leitung des Vereins für reisende Damen im Einzelnen umfasst.“

„Unsere Aufgaben?“ Tante Guinevere runzelte die Stirn. „Nun ja, wir arbeiten hier im Explorers Club. An drei Tagen die Woche.“

„Und wir haben eine Angestellte“, fügte Mrs. Fitzhew-Wellmore hinzu.

„Genau genommen ist Sidney keine richtige Angestellte“, bemerkte Mrs. Higginbotham nachdenklich. „Immerhin bezahlen wir sie nicht. Sie arbeitet vielmehr ehrenamtlich.“

„Und sie ist ein sehr liebes Mädchen.“ Tante Guinevere betrachtete ihren Großneffen prüfend. „Du solltest sie einmal kennenlernen, Derek.“

„Sie sind doch noch nicht verheiratet, Mr. Saunders, oder?“, fragte Mrs. Fitzhew-Wellmore mit berechnender Miene. Allerdings war Derek nicht sicher, ob die Damen ihn wirklich verkuppeln wollten oder ob es sich nicht eher um ein Ablenkungsmanöver handelte.

„Nein, das bin ich nicht, Mrs. Fitzhew-Wellmore. Und ich habe Miss Honeywell kennengelernt, als ich das letzte Mal hier war, Tante Guinevere.“

Miss Honeywell gehörte zu den Menschen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirkten, aber bei näherem Hinsehen sehr gewannen. Wenn sie sich ein wenig Mühe gäbe und Kleider wählte, die ihre weiblichen Formen besser zur Geltung brächten, könnte sie sehr hübsch aussehen. Doch seine Meinung in dieser Angelegenheit war völlig unmaßgeblich. Denn Frauen – seien sie auch noch so ansehnlich und heiratstauglich – zählten zu den Versuchungen, denen er zurzeit aus dem Weg ging, um seinen Onkel von seinem Sinneswandel zu überzeugen. Außerdem brachten Frauen seiner Erfahrung nach jede Menge Probleme mit sich. Das mochten durchaus angenehme Probleme sein, aber dennoch. Allerdings war ihm aufgefallen, dass Miss Honeywell und eine Frau mit strengem Blick, die in stocksteifer Haltung neben ihr saß, die einzigen Besucherinnen unter fünfzig im ganzen Vortragssaal waren.

„Mein Familienstand mag ja sehr interessant sein“, sagte Derek betont liebenswürdig, „aber hier geht es doch jetzt um die Geschäftsführung –“

„Derek –“, unterbrach ihn Tante Guinevere.

Er hob die Hand und fuhr fort: „Obwohl Geschäftsführung vielleicht nicht der richtige Begriff ist. Also lasst uns am Anfang beginnen, ja?“

„Wenn es sein muss.“ Mrs. Higginbotham zupfte ein unsichtbares Fädchen von ihrem Ärmel.

„Mit dem Anfang zu beginnen, ist immer ratsam, meine liebe Effie.“ Tante Guinevere nickte gnädig. „Fahr fort, Derek.“

„Danke.“ Er betrachtete die Damen für einen Augenblick. Wie alt Tante Guinevere war, wusste er nicht genau, schätzte sie jedoch auf beinahe achtzig. Es war schwer zu sagen, denn sie und ihre Freundinnen waren in keiner Weise hinfällig. Rüstig war das Wort, das ihm in den Sinn kam. Und auch gerissen angesichts ihrer übertriebenen Unschuldsmienen. Es wäre unklug, so dachte er, dieses Trio zu unterschätzen. „Ihr drei habt also vor einem halben Jahr dieses Unternehmen ins Leben gerufen?“

„Genau genommen vor einem Dreivierteljahr“, sagte Mrs. Fitzhew-Wellmore. „Während der ersten beiden Monate trafen wir uns in Gwens Salon, aber bald schon reichte der Platz dort nicht mehr aus.“

„Und welche Dienste bietet ihr an?“

„Nun ja, natürlich wollen wir Frauen von den Freuden des Reisens überzeugen.“ Tante Guinevere strahlte. „Und ihnen fachkundige Beratung und Unterstützung in Form von Vorträgen, Broschüren und Tourenplanungen bieten, damit sie reisen und Abenteuer erleben können.“

„Und für diese fachkundige Unterstützung –“ Er warf einen Blick auf das Blatt Papier vor ihm. „Berechnet ihr den Mitgliedern jeden Monat ein ganzes Pfund Sterling.“ Er blickte die Damen an. „Trifft das zu?“

„Es ist durchaus angemessen“, erwiderte Tante Guinevere tadelnd. „Und wenn man gleich für ein ganzes Jahr bezahlt, bekommt man Rabatt und braucht bloß zehn Pfund zu bezahlen.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore lächelte. „Es ist geradezu ein Schnäppchen.“

Mrs. Higginbotham nickte. „Es gibt vieles zu berücksichtigen, wenn man ins Ausland reist, müssen Sie wissen, Mr. Saunders.“

„Ja, das kann ich mir vorstellen“, antwortete er. „Und was nun den angeblichen Nutzen betrifft –“

„Ich wehre mich gegen den Begriff angeblich“, bemerkte Mrs. Higginbotham mit gesenkter Stimme.

„Ihr habt jetzt –“, Derek blätterte, „– ungefähr neunzig Mitglieder. Ist das richtig?“

„Tatsächlich sind es beinahe hundert“, erwiderte Tante Guinevere mit stolzem Lächeln. „Wir hätten nie gedacht, dass unser Verein so rasch wächst.“

„Jetzt verstehen Sie sicher, warum wir uns nicht länger in Gwens Salon treffen konnten.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore beugte sich vor und fügte in vertraulichem Ton hinzu: „Sie würden sich wundern, wie viele Frauen die Fesseln ihres Alltags abstreifen und ein abenteuerliches Leben auf Reisen führen möchten. Es ist ganz erstaunlich.“

„Zweifellos.“ Dereks Blick schweifte von einer Dame zur anderen. „Der Verein bringt also fast einhundert Pfund im Monat ein. Und was erhalten die Mitglieder nun für ihren Beitrag?“

Die Damen wechselten einen resignierten Blick.

„Unsere fachkundige Beratung bei der Planung von Weltreisen“, kam Tante Guineveres wie einstudiert wirkende Antwort.

„Den Austausch mit gleichgesinnten Frauen“, fügte Mrs. Fitzhew-Wellmore hinzu.

„Und außerdem kompetente Hilfe und, gegen geringen Aufpreis, praktische Unterstützung auf Reisen“, stellte Mrs. Higginbotham triumphierend fest.

„Und da, meine lieben Damen, liegt das Problem.“ Derek ließ die gefalteten Hände auf dem Papierstapel ruhen und sah die Frauen eindringlich an. Alle drei blickten unschuldig drein, und alle drei hatten das gleiche listige Funkeln in den Augen. „Ich gebe zu, dass der Verein Damen mit Interesse am Reisen zusammenbringt.“

„Hab ich’s doch gesagt.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore grinste.

„Aber.“ Dereks Stimme klang auf einmal härter.

Mrs. Higginbotham seufzte. „Wie ich es hasse, wenn Männer einen Satz mit einem strengen ‚Aber‘ beginnen. Dabei ist noch nie etwas Gutes herausgekommen.“

Derek biss die Zähne zusammen. „Gleichwohl –“

„Gleichwohl ist genauso schlimm“, schnaubte Mrs. Higginbotham.

Er ignorierte sie. „Laut Ihrer Mitgliederbroschüre –“

„Ist die nicht hübsch?“, unterbrach ihn Tante Guinevere. „Poppy hat sie selbst gestaltet. Findest du ihre Zeichnungen der ägyptischen Pyramiden, des Kolosseums in Rom und dieser reizenden amerikanischen Ureinwohner nicht auch ganz bezaubernd? Poppy ist wirklich eine begabte Künstlerin.“

„Ach herrje, das würde ich nicht sagen. Ich bin doch nur eine Amateurin.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore errötete bescheiden und wehrte das Lob mit einer wedelnden Handbewegung ab. „Als ich jung war, wollte ich gerne Künstlerin werden, aber das war nur so ein dummer Mädchentraum, den man am besten schnell vergaß.“

„Trotzdem bist du sehr gut“, beharrte Mrs. Higginbotham.

„Die Broschüre ist vorzüglich gemacht.“ Derek versuchte, sich seine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. „Aber –“

Mrs. Higginbotham verzog das Gesicht.

„Soweit ich weiß, Tante Guinevere“, fuhr er fort, „bist du mit Onkel Charles nur selten, wenn überhaupt, gereist. Daher kannst du wohl schwerlich als Reiseexpertin gelten.“

„Streng genommen …“, begann Tante Guinevere ausweichend. „Wenn es um persönliche Reiseerfahrungen geht …“

„Ebenso streng genommen –“, Derek heftete seinen Blick auf die Komplizinnen seiner Großtante, „– dürften weder Mrs. Fitzhew-Wellmore noch Mrs. Higginbotham wesentlich mehr Erfahrungen mit Reisen haben als du.“

„Ganz im Gegenteil“, entgegnete Mrs. Fitzhew-Wellmore entrüstet. „Als Mädchen habe ich mich fast sechs Wochen in Paris aufgehalten.“

„Und der verstorbene Colonel Higginbotham und ich haben mehrere Sommer im Lake District verbracht.“ Mrs. Higginbotham schwieg einen Augenblick. „Ich gebe zu, das ist nicht dasselbe wie eine Auslandsreise, aber es ist doch ein ganzes Stück entfernt.“

„Eben eine Inlandsreise“, kam Tante Guinevere ihr zu Hilfe.

„Ich könnte mir aber vorstellen, dass eure Mitglieder nicht in erster Linie an Lake Windermere denken, wenn sie von abenteuerlichen Traumreisen reden.“

„Ist aber schön dort“, murmelte Mrs. Higginbotham.

„Es besteht kein Grund, die Stimme zu erheben, mein Lieber.“ Tante Guinevere warf ihrem Großneffen einen missbilligenden Blick zu.

„Ich habe nicht die Stimme erhoben. Tatsächlich habe ich mich nach Kräften beherrscht.“ Derek atmete tief durch. „Korrigiert mich, falls ich mich irre, meine Damen, aber beim besten Willen kann keine von euch als Expertin für Reisen und Reiseplanung gelten.“

Mrs. Fitzhew-Wellmore stieß einen schmerzlichen Seufzer aus. „Ich nehme an, wenn man die tatsächliche Erfahrung zugrunde legen will, träfe es vermutlich zu.“

„Unsinn“, widersprach Mrs. Higginbotham. „Ich war siebenunddreißig Jahre mit dem Colonel verheiratet, und während dieser Zeit hielt er sich ständig an den interessantesten und exotischsten Orten auf. Da ich jahrelang seinen endlosen Erzählungen gelauscht habe, fällt es kaum ins Gewicht, dass ich ihn nie begleitet habe, möchte ich meinen.“

Mrs. Fitzhew-Wellmore nickte. „Auch ich habe meinen lieben Malcolm nicht begleitet, doch er hat mir stets von seinen abenteuerlichen Reisen berichtet und mich oft um meinen Rat gebeten, wenn er eine seiner Expeditionen plante.“

„So wie dein Onkel Charles“, fügte Tante Guinevere hinzu. „Er hat sogar oft gesagt, ohne meine guten Ratschläge könnte er England nie verlassen.“

Derek starrte sie ungläubig an.

„Du siehst also …“ Tante Guinevere lächelte freundlich, doch ihre Augen funkelten triumphierend. „Obwohl wir keine ausgedehnten Reisen unternommen haben, verfügen wir doch über große Reiseerfahrung.“

Die drei Damen wechselten selbstzufriedene Blicke.

„Sagen wir mal so.“ Derek bemühte sich um einen ruhigen Ton. „Selbst wenn man zugäbe, dass ihr einiges über das Reisen wisst, würde jeder vernunftbegabte Mensch eure Behauptungen als lächerlich abtun. Und das gilt auch für einen Richter an jedem beliebigen Gerichtshof. Was ihr hier tut, meine Damen, ist Betrug.“

„Rede doch keinen Blödsinn, Derek“, entgegnete Tante Guinevere spöttisch.

„Ich wünschte, es wäre Blödsinn. Aber euer Handeln wird mindestens zu einem Skandal führen. Und im schlimmsten Fall – ins Gefängnis.“ Er musterte sie mit strengem Blick. „Ihr bietet Dienste an, für die ihr nicht qualifiziert seid. Und ihr nehmt dafür Geld von Frauen, die euch vertrauen.“

„Naja, wir mussten doch etwas tun“, entgegnete Mrs. Higginbotham ungehalten. „Winzige Pensionen und eine kleine Erbschaft reichen einfach nicht zum Leben, selbst wenn man sich sehr einschränkt.“

Mrs. Fitzhew-Wellmore nickte zustimmend. „Alt werden ist nicht leicht. Es wäre etwas anderes, wenn wir unsere lieben Ehemänner noch hätten, aber so bewegten wir uns auf einmal am Rand des finanziellen Ruins.“

„Um es klar zu sagen“, fügte Tante Guinevere sachlich hinzu, „wir hatten unsere Ersparnisse aufgebraucht und standen fast ohne einen Penny da.“

„Aber ihr habt doch alle eine Familie“, sagte er ohne nachzudenken. Doch sofort meldete sich sein Gewissen. Er hatte keine Ahnung von den Lebensumständen seiner Großtante gehabt, und seine Mutter wohl ebenso wenig. Tante Guinevere hatte ihnen nichts darüber erzählt, aber sie hatten eben auch nicht nachgefragt.

„Weit weg und desinteressiert“, erwiderte Mrs. Higginbotham verschnupft.

„Keine von uns hatte das Glück, Kinder zu bekommen.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore zuckte die Achseln. „Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Doch in der Rückschau würde ich sagen, wir wären heute wohl besser gegen Armut gefeit, wenn wir uns wie die Karnickel vermehrt hätten. Allerdings ist das bei der armen Eleanor Dorsey nicht der Fall, und die hat neun Kinder.“

Die anderen Damen murmelten zustimmend.

„Trotzdem –“, begann Derek.

„Wie haben alle ein ziemlich unabhängiges Leben geführt, Derek.“ Tante Guinevere reckte ein klein wenig das Kinn und blickte ihm fest in die Augen. „Wir haben auf uns selbst und aufeinander aufgepasst, während unsere Männer unterwegs waren und all die Dinge taten, die Männer so lieben und von denen sie sich nicht vorstellen können, dass Frauen sie auch gerne täten. Und wir werden an diesem Punkt unseres Lebens unser Schicksal nicht in die Hände von Verwandten legen, die kaum wissen, dass wir existieren.“

Mrs. Fitzhew-Wellmore straffte die Schultern. „Ich will nicht als arme Verwandte angesehen werden.“

„Und wenn es darauf ankommt, würden wir alle drei lieber –“, Mrs. Higginbothams Augen blitzten vor Entschlossenheit, „– ins Gefängnis gehen.“

„Das bezweifle ich“, erwiderte Derek in scharfem Ton. Dann atmete er tief durch. „Ich bitte um Entschuldigung, meine Damen. Ich verstehe euren Standpunkt durchaus, und ich verspreche euch, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um eure finanzielle Lage zu verbessern. Aber ihr müsst verstehen, dass es mit eurem Unternehmen so nicht weitergehen kann.“

„Ich wüsste nicht warum.“ Mrs. Higginbotham verschränkte die Arme vor der Brust. „Unsere Mitglieder strömen in Scharen zu den Treffen und Vorträgen und sind ganz zufrieden mit unserem Angebot. Bisher hat noch keine ihre Mitgliedschaft gekündigt, und es gab auch keine Beschwerden vonseiten der Mitglieder.“

„Von denen vielleicht nicht.“ Er lehnte sich auf seinem Stuhl vor. „Aber erinnert ihr euch noch an eine Miss India Prendergast?“

„India Prendergast?“ Mrs. Fitzhew-Wellmore runzelte nachdenklich die Stirn. „Ein hübscher Name, aber falls ich ihn schon einmal gehört habe, kann ich mich nicht daran erinnern.“ Sie seufzte wehmütig. „Ich fürchte, mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war.“

„Sie hat ein paarmal an den Verein geschrieben“, sagte Derek. „Könnt ihr euch jetzt erinnern?“

„Effie kümmert sich meistens um die Korrespondenz“, erklärte Tante Guinevere.

Derek wandte sich an die andere Frau. „Mrs. Higginbotham?“

„Prendergast sagten Sie?“, fragte Mrs. Higginbotham.

Derek nickte.

„Lassen Sie mich nachdenken.“ Sie spitzte die Lippen und überlegte, dann zuckte sie die Achseln. „Nein, das klingt völlig unbekannt. Aber mein Gedächtnis ist auch nicht besser als Poppys.“ Sie schenkte ihm ein hilfloses Lächeln, mit dem sie ihn keinen Augenblick lang täuschen konnte.

„Das ist merkwürdig.“ Er legte die Hand auf den Stapel Papier auf dem Schreibtisch. „Denn sie hat euch mindestens fünf Briefe geschrieben, in denen sie sich nach dem Verbleib ihrer Cousine erkundigt.“

Tante Guinevere sah ihn mit großen Augen an. „Und wer ist ihre Cousine, mein Lieber?“

Sie konnten sich gut verstellen, diese alten Damen. Dabei hätte er wetten können, dass ihr Verstand und ihr Gedächtnis mindestens so gut waren wie das seine. Aber ihn würden sie mit ihrem unschuldigen Getue nicht aufs Glatteis führen.

„Lady Heloise Snuggs.“

„Aber ja doch.“ Tante Guinevere strahlte, als sei sie stolz darauf, dass ihr der Name wieder einfiel. „Die gute Heloise.“

„Die liebe, gute Heloise“, murmelten die anderen Damen.

Derek musste sich zwingen, nicht laut zu werden. „Wisst ihr, wo Lady Heloise im Moment ist?“

Tante Guinevere zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“

„Irgendwo wird sie wohl sein, nehme ich an“, sagte Mrs. Higginbotham.

„Wahrscheinlich irgendwo zwischen Paris und Konstantinopel.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore überlegte eine Weile. „Oder vielleicht zwischen Hamburg und Athen. Das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.“

Derek starrte sie an. „Habt ihr nun Lady Heloises Reise arrangiert oder nicht?“

Das Trio rutschte unbehaglich auf seinen Sesseln herum.

„Eine Antwort bitte, meine Damen.“

„Ja, sicher, wir haben Lady Heloises Reise schon arrangiert.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore wählte ihre Worte mit äußerstem Bedacht.

„Es besteht die Möglichkeit“, fügte Mrs. Higginbotham langsam hinzu, „dass wir dabei nicht so gründlich vorgegangen sind, wie es zu wünschen gewesen wäre.“

„Das heißt, wir haben zwar Hotels und andere Unterkünfte entlang der von Lady Heloise gewünschten Route angeschrieben und Zimmer für sie bestellt …“, begann Mrs. Higginbotham.

„Aber definitive Bestätigungen haben wir eher nicht erhalten“, beendete Mrs. Fitzhew-Wellmore den Satz. „Nachdem sich nämlich Lady Heloise einmal entschlossen hatte zu reisen, müssen Sie wissen, konnte sie gar nicht schnell genug aufbrechen. Sie versicherte uns, dass wir ihr eine unschätzbare Hilfe gewesen seien.“

„Wir haben sie nach besten Kräften mit allem versorgt, was sie brauchen könnte, Derek. Als da wären Broschüren, Reiseführer, Zug- und Schiffspläne. Sie hätte nicht besser vorbereitet sein können“, fügte Tante Guinevere entschieden hinzu.

„Es sei denn natürlich, ihr hättet auch noch die Zug- und Hotelreservierungen gehabt.“

„Das ist wohl so“, musste eine der Damen zugeben.

Derek presste die Finger an seine Schläfen und hoffte so, einen Kopfschmerz zu lindern, der sich normalerweise nur nach einer durchzechten Nacht einstellte. Er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass seine Großtante und ihre Freundinnen sehr wohl von Miss Prendergasts Briefen wussten. Ebenso von ihren berechtigten Anschuldigungen, dass der Verein ihrer Cousine durch Unfähigkeit und Täuschung geschadet hatte. Und auch von ihrer Drohung, zur Polizei zu gehen, sollten die Damen nichts unternehmen, um Lady Heloise aufzuspüren und sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen. Er wollte auf keinen Fall, dass Tante Guinevere ins Gefängnis kam, doch wegen der Bitte seiner Mutter, sich um die Tante zu kümmern, trug er nun die Last der Verantwortung. Besonders nach Ansicht von Onkel Edward. Hätten jedoch er und Dereks Mutter sich besser um die ältere Verwandte gekümmert, wäre sie vielleicht nicht gezwungen gewesen, auf derartige Tricks zurückzugreifen.

Nun lag es an ihm, Tante Guinevere, nein, sogar alle drei alten Damen aus dem Schlamassel zu befreien. Denn vermutlich würden sie lieber gemeinsam untergehen, als eine von ihnen ihrem Schicksal zu überlassen.

Um sich zu beruhigen, atmete er einmal tief durch. „Also, es sieht so aus, als sei Lady Heloise verschwunden, und ich will gar nicht darüber nachdenken, was geschieht, wenn ihr etwas zugestoßen ist. Ihr behauptet, nicht gewusst zu haben, dass Miss Prendergast Anzeige erstatten will.“ Die Damen wechselten schuldbewusste Blicke, worauf Derek seine Tante direkt ansah und hinzufügte: „Sie hat sogar schon Scotland Yard eingeschaltet.“

Tante Guinevere schnappte erschrocken nach Luft.

„Daraufhin habe ich eine Privatdetektei damit beauftragt, nach Lady Heloise zu suchen“, fuhr Derek fort.

„Das war eine glänzende Idee, Mr. Saunders.“ Mrs. Fitzhew-Wellmore strahlte ihn an.

„Ich habe euch doch gesagt, er ist clever“, bemerkte Tante Guinevere ebenso erfreut. „Ihm fällt bestimmt ein, wie man Lady Heloise aufspüren kann.“

„Ich bezweifle, dass sie wirklich verschwunden ist“, sagte Mrs. Higginbotham. „Ich bin selbst eine sehr nachlässige Briefschreiberin.“

„Trotzdem sollten wir uns davon überzeugen, dass ihr nichts passiert ist“, erklärte Tante Guinevere. „Schließlich wollen wir ja nicht, dass sich keine neuen Mitglieder mehr –“

„Es wird von nun an keine neuen Mitglieder mehr geben“, unterbrach Derek sie mit fester Stimme. „Ihr werdet niemanden mehr aufnehmen, bis die Angelegenheit mit Lady Heloise geklärt ist. Außerdem werdet ihr keine Reisen für die schon vorhandenen Mitglieder mehr planen. Und ihr müsst unbedingt verhindern, dass bereits arrangierte Reisen angetreten werden. Sobald wir Lady Heloise gefunden haben, werden wir uns überlegen, wie es mit dem Verein für reisende Damen weitergeht und ob wir etwas Seriöseres daraus machen können.“

Mrs. Higginbotham setzte zum Sprechen an, doch Tante Guinevere legte ihr eine Hand auf den Arm, worauf ihre Freundin den Mund wieder zumachte.

„Leider hat die Detektei mir mitgeteilt, dass es viel Zeit und Geld kosten könnte, eine vermisste Frau im Ausland aufzuspüren. Und da Miss Prendergasts Briefe darauf schließen lassen, dass sie allmählich ungeduldig wird, bleibt uns eben nicht viel Zeit.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Es fiel ihm schwer, es zuzugeben, aber sein Gespräch mit der Detektei am Morgen ließ nur einen Schluss zu. „Daher fürchte ich, es reicht nicht aus, die Suche nach Lady Heloise allein Fachleuten zu überlassen, und seien sie noch so fähig.“

„Da stimme ich vollkommen mit Ihnen überein“, ließ sich in diesem Augenblick eine Frauenstimme von der Tür her vernehmen. „Es reicht bei Weitem nicht aus.“