Interview Autor Stuart Neville im Interview

Was ist aus Ihrer Sicht der Kern der Jack-Lennon-Serie?

Mit Jack Lennon wollte ich mich direkt mit der Politik der Polizei in Nordirland auseinandersetzen. Jack hat einen irisch-republikanischen Hintergrund, eine Gemeinschaft, die der Polizei traditionell misstraut, und deshalb findet er sich sowohl in seiner Gemeinschaft als auch bei der Polizei, für die er arbeitet, fehl am Platz.

Welche Rolle spielt Jack Lennon im breiteren Kontext der Serie? Ist er eine Hauptfigur, und wie entwickelt sich sein Handlungsbogen über die Bücher hinweg?

Meine Belfast-Bücher sind eine Serie, die mehr durch den Schauplatz als durch die Figuren verbunden ist. Es ist eine beständige Welt mit verschiedenen Figuren, die mal die Hauptrolle, mal eine Nebenrolle spielen. Erst in meinem zweiten Roman, Der Nomade, tritt Jack wirklich in den Vordergrund. Wenn wir ihn zum ersten Mal treffen, ist er ein alleinstehender Mann, der einsamer ist, als er zugeben will. Im Laufe der Bücher stellt er sich der Herausforderung, Vater zu werden.

Ihre Geschichte thematisiert die Verbrechen der IRA und die politischen Schatten der Vergangenheit. Wie herausfordernd war es, diese historische Realität in einen Thriller zu integrieren?

Das war keine wirkliche Herausforderung, da ich in der Zeit der Unruhen aufgewachsen bin; Dinge wie Bombenanschläge, Schießereien und die Präsenz der Armee auf den Straßen waren für mich Normalität. Ich habe versucht, ein ausgewogenes Bild zu zeichnen, indem ich nicht nur die Verbrechen der republikanischen Gruppen, sondern auch die der Loyalisten und die der Polizei selbst beleuchtet habe.

Die Nebenfiguren in Ihrem Buch sind ebenso faszinierend wie der Protagonist. Gibt es eine Figur, die Ihnen besonders am Herzen liegt?

Gerry Fegan war die Hauptfigur in meinem ersten Buch, aber im zweiten ist er eine Nebenfigur. Ich ich glaube, er wird immer mein Liebling sein. Er ist sicherlich auch der Liebling meiner Leser. Ich mag auch Jacks Tochter Ellen und DCI Serena Flanagan, die zunächst als Nebenfigur auftritt, bevor sie in späteren Büchern zur Hauptfigur wird.

Können Sie die Art der Beziehung zwischen Marie McKenna und Jack Lennon beschreiben? War sie in erster Linie beruflicher Natur, da Marie ihn während der Reformen über Katholiken in der Polizei befragte, oder hatte sie auch eine persönliche Dimension?

Ihre Beziehung begann beruflich, dan wurde Marie neugierig. Es entwickelte sich bald eine romantische Beziehung. Ich glaube, weil Marie aus einer streng republikanischen Familie stammte, war Jack der Feind, und das machte für sie einen Teil der Anziehungskraft aus.

Wie herausfordernd oder lohnend war es, den Charakter von Jack Lennon über mehrere Bücher hinweg zu entwickeln, insbesondere in Anbetracht des komplexen Schauplatzes Nordirland nach dem Konflikt?

Ich habe es genossen, ihn von einem eher egoistischen alleinstehenden Mann zu einem verantwortungsvollen Elternteil reifen zu lassen. Die Wiederbelebung der Beziehung zu seiner entfremdeten Tochter bewahrt ihn vor einer einsamen Existenz. Das gibt ihm einen Grund zum Weitermachen.

Ein Thriller mit einer komplexen Handlung und tiefgründigen Charakteren erfordert eine Menge Planung. Wie sieht Ihr Schreibprozess aus? Arbeiten Sie mit detaillierten Plänen oder lassen Sie sich einfach treiben?

Bei meinen ersten Büchern hatte ich nur einen Anfang und ein Ende. Ich habe nie geplant, was dazwischen passieren würde. In den letzten Jahren bin ich jedoch planerischer geworden und schreibe ziemlich detaillierte Skizzen, bevor ich ein Buch beginne, und viele Seiten mit Notizen während des Schreibens.

Marie interviewt Jack Lennon über die Rolle der Katholiken in der Polizei in einer Zeit der Reformen. Inwiefern steht diese Geschichte mit Jack Lennon in Verbindung mit den bedeutenden politischen und sozialen Veränderungen, die in Nordirland in der dargestellten Zeit stattfanden, insbesondere mit den Bemühungen um Normalisierung und Versöhnung nach den Unruhen?

In den Büchern von Jack Lennon und den darauf folgenden Büchern von Serena Flanagan habe ich versucht, den Gedanken zu ergründen, dass die Veränderungen in Nordirland größtenteils an der Oberfläche liegen. Die zugrundeliegenden Spannungen sind dieselben geblieben, das Sektierertum ist noch immer tief verwurzelt, und die Paramilitärs haben sich zu Organisationen des organisierten Verbrechens entwickelt. Während die Mittelschicht in Nordirland einen sozialen Wandel erlebt hat, hat sich für die Arbeiterklasse nicht viel geändert.

Hatten Sie das Ende von Anfang an im Kopf, oder hat sich die Handlung während des Schreibens verändert?

Ich muss immer wissen, wie ein Buch endet, bevor ich anfange. Die ganze Geschichte muss von der ersten Seite an in diese Richtung ziehen. Wenn ich das Ende nicht kenne, wird die Geschichte wahrscheinlich abschweifen und auseinanderfallen.

Gab es Momente, in denen Sie sich nicht sicher waren, ob die Geschichte funktionieren würde?

Bei jedem Buch gibt es immer wieder Momente, in denen ich das Gefühl habe, dass ich es nie bis zum Ende der Geschichte schaffen werde!

Ihr beruflicher Werdegang vom Bäcker über den Musiker zum Thrillerautor ist ungewöhnlich. Wie hat Ihr vielfältiger Hintergrund Ihr Schreiben beeinflusst?

Viele Schriftsteller haben verschiedene Karrierewege hinter sich, bevor sie Autoren werden. Ich denke, dass man als Schriftsteller ein gewisses Maß an Lebenserfahrung mitbringen muss, und deshalb wechseln wir oft von einem Job zum nächsten.

Wie hat sich Ihr Schreibstil oder Ihre Herangehensweise an Krimis im Laufe der Jahre verändert?

Ich bin offener dafür geworden, verschiedene Genres miteinander zu verbinden und verschiedene Elemente in Thriller-Plots einzubauen.

Woran arbeiten Sie im Moment?

Ich habe vor kurzem das zweite Buch einer neuen Reihe von Horror-Thrillern fertiggestellt, die in den Vereinigten Staaten spielen. Es wird ein drittes Buch geben, und dann sehen wir weiter!