Interview Sprecherin Juliane Hempel im Interview

Du gibst dem Cosy Crime Patricia Peacock und die Sache mit dem Fluch von Tiffany Crockham deine Stimme. Der Krimi spielt in den 1920gern in Ägypten. Was bedeutet es, so einen Krimi einzulesen, der in einer völlig anderen Zeit und in diesem besonderen Setting spielt?

Tatsächlich liebe ich auch privat diese Zeit, (tanze auch Lindy Hop und Charleston) und fand das Setting demnach sehr spannend. Außerdem ist vieles dennoch sehr aktuell. Sich gegen Konventionen zu stellen und einen eigenen Weg zu finden zum Beispiel.

Die Charaktere sind alle sehr unterschiedlich – welcher Charakter hat dich beim Einsprechen bzw. bei der Vorbereitung auf das Einlesen am meisten gefordert?

Mmh. Lady Blanford oder Abdul sind natürlich stimmlich auf Dauer etwas anstrengender, aber ich habe etwas gebraucht, um den Anwalt Mr. Plum zu finden. Einerseits ist er ein gelangweilter Büromensch und anderseits so zwielichtig.

Patricia befreit sich im Laufe des Romans von Geschlechterkonventionen und legt sogar ihr Korsett ab. Wie hat sich diese Veränderung beim Sprechen ausgewirkt?

Tatsächlich wird Patricia im Laufe der Geschichte entspannter, sowohl von Ihren Äußerungen als dann auch in der Stimmlage. Sie glich sich beim Sprechen eigentlich immer mehr meiner eigenen Sprechstimme an. Das Höfliche, etwas Affektierte an ihr fällt immer mehr weg!

Gibt es eine Szene in dem Hörbuch, die dir besonders im Kopf geblieben ist?

Klar! Das erste mal, wenn Sir Tiny und Patricia aufeinander treffen. Oder die Hundejagd im Hotel, der eine Sektfontäne zum Opfer fiel. Oder auch John, der betrunken auf Patricias Gartenmauer herumspaziert. Solche lebendigen Szenen machen besonders viel Spaß.

Wann war für dich eigentlich klar, dass du Sprecherin werden wolltest?

Eigentlich schon als Kind. Da wollte ich immer in einem Trickfilm mitsprechen. Dann hat es allerdings gedauert, bis ich längst erwachsen war und einige Umwege gebraucht, um mich an diesen Wunsch zu erinnern.

Was magst du besonders an deinem Job?

Dass er so vielseitig ist! Da es so unterschiedliche Dinge gibt, die man sprechen kann. Erklärfilme, Hörbücher oder doch eine Telefonschleife? Dass ich nie weiß, wie ein Monat aussieht, was auf mich zukommt, was ich lernen kann, wo ich mich neu reindenken kann.

Welche Charaktere und Genres liest du am liebsten?

Da ich mich gerne in Charaktere reinversetze, mag ich lebendige Geschichten sehr. Aber ich muss auch sagen, dass ich Dramen, bzw. ernste Bücher toll finde. Sätze, die sofort Gefühle freisetzen oder im Subtext ihre Message mitteilen. Ich mag Bücher, die mich berühren. Das kann frei und locker, humvorvoll und skurril sein. Aber es darf mich auch zum Weinen bringen.


Gibt es einen bestimmten Roman, den du am liebsten einmal einsprechen würdest?

Wenn ich frei wählen dürfte, wäre das wahrscheinlich ein John Irving Roman, auch wenn es die Hörbücher schon gibt und ein männlicher Sprecher meist besser passt. Oder ein Buch von Vea Kaiser! Meine „neue John Irving“ in jung und weiblich!

Welches Buch liegt gerade auf deinem Nachttisch?

Ich lese gerade Eine Frau bei 1000° von Hallgrímur Helgason. Eine etwas schräges Resümee über das Leben der 80-jährigen Protagonistin. Typisch isländisch.