Welche Subgenres gibt es? Fantasy im Wandel der Zeit 4. September 2025
"In a hole in the ground there lived a hobbit." Dieser Satz bildet den Anfang des weltweit berühmten Romanes „Der Hobbit“ von J. R. R. Tolkien. Erstmals auf eine freie Seite in seinem Studentenheft gekritzelt, gilt er heute als Grundpfeiler eines ganzen Fantasy-Epos, der die Leser:innen in eine eigene, magische Welt entführt. Mächtige Zauberringe, anmutige Elben und skrupellose Orks bevölkern seither nicht nur Mittelerde, sondern entwickelten sich in der Vorstellung der Fans zu ganz neuen Völkern. Tolkien hat mit seinem Roman „Der Hobbit“ und der Trilogie „Der Herr der Ringe“ die Fantasie – und somit auch die Fantasy – neu zum Leben erweckt.
Das Genre verändert sich
Seit Tolkien hat dieses zuvor eher unscheinbare Genre ganz verschiedene Gesichter bekommen. Elben haben sich weiterentwickelt zu Elfen, Alben, Feen; die bösen Orks werden gerne durch Werwölfe oder Vampire ersetzt. Dass sich magische Wesen in unsere reale Welt begeben, ist inzwischen ganz selbstverständlich. Verfluchte Hexenköniginnen oder tollpatschige Zauberer mit Sprachfehler begegnen einem auf offener Straße. Die Fantasy kennt inzwischen so viele Richtungen und Ausprägungen, dass sie sich gar nicht mehr in einem einzigen Genre beschreiben lässt. Daher wird sie auch in Subgenres aufgeteilt, welche alle durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet sind. Hier sind einige der wichtigsten und geläufigsten Subgenres, in die sich der Großteil der Fantasy-Romane einordnen lässt:
High Fantasy
Das klassische Beispiel für High Fantasy ist der Herr der Ringe von Tolkien. In diesem Subgenre betritt der:die Leser:in eine durchweg magische Welt, die meist von einem mittelalterlichen Flair angehaucht ist. Verschiedene Reiche ringen um die Vorherrschaft, meist herrschen ein einziger Kaiser oder eine Kaiserin über ihre Untertanen. In High Fantasy treten verschiedene Völker auf, meist sind unter ihnen auch Menschen mit magischen Fähigkeiten oder weise Zauberer. Geläufig in diesem Rahmen ist die sogenannte Heldenreise oder der Quest: Die Welt droht, durch böse Mächte oder den Krieg zwischen den Reichen unterzugehen. Der:die Held:in macht sich auf den Weg, um die eigenen, zuvor unbekannten (magischen) Kräfte zu schulen und durch ein Artefakt die Welt vor dem Bösen zu retten.
Low Fantasy / Heroic Fantasy
In diesem Subgenre steht nicht das Schicksal der ganzen Welt, sondern das der Hauptperson auf dem Spiel. Meist hat diese mit einem persönlichen Konflikt zu kämpfen und tritt alles andere als heldenhaft auf. Moralische Grauzonen zu überschreiten, gehört zum Tagesablauf, gerne dürfen auch mal Köpfe eingeschlagen werden. Der:die sogenannte Antiheld:in lebt dabei in einer eher realistisch gestalteten Welt, in der Magie nur eine geringe (low), manchmal auch geächtete Rolle spielt. Der Prototyp der Low Fantasy sind die Kurzgeschichten von Robert E. Howard, die später als Filmreihe Conan – der Barbar bekannt wurden.
Dark Fantasy
Dark Fantasy teilt viele Merkmale mit der Low Fantasy – nur eben alle in düster. Die zweifelhaften, ins Dunkle abgerutschte Antihelden:innen müssen sich in einer Welt durchschlagen, in der kein Gut und Böse mehr existiert, sondern nur Böse und Noch Böser. Der Ton in diesem Subgenre ist dunkel, trist und hoffnungslos; Konflikte werden mit blutigem Gemetzel gelöst, die ehrenhafte Rettung der Welt steht hier gar nicht auf dem Programm. Eine Abspaltung zur Dark Fantasy bildet das Subgenre Fantasy Horror. Dieses thematisiert den Schrecken und die Panik als zentrales Element, während in der Low Fantasy eher kämpferische Auseinandersetzungen mit bösen Machenschaften in den Vordergrund treten. George R. R. Martins Game of Thrones oder Stephen Kings Der dunkle Turm sind bekannte Beispiele für Dark Fantasy.
Portal Fantasy und Urban Fantasy
Es gab eine Zeit, da waren Portal- und Urban Fantasy besonders populär – nämlich als Joanne K. Rowling ihre weltberühmte Harry Potter-Reihe auf den Markt brachte. Neu war hier die Vermischung der magischen Welt mit der realen Welt. Während in vielen Portal Fantasy-Romanen Zauberer, Hexen, Gestaltenwandler usw. fernab und unerkannt von der menschlichen Zivilisation leben (wobei sie in durch ein magisches Portal in die andere Welt gelangen, z.B. die Wand zum Gleis 9 ¾), gibt es auch Romane, in denen Magie in unserer Zeit eine ganz alltägliche Rolle spielt. Meist spielen diese in Großstädten wie Paris, Rom oder London (daher auch urban). Ein Beispiel für Urban Fantasy ist die Vortex-Reihe von Anna Benning.
Romantasy
Fantastische Welten, verfeindete Völker, politische Intrigen – und mittendrin die Geschichte zweier Liebenden, die eigentlich nur in Ruhe zusammen sein wollen. Die Romantasy ist oftmals mit anderen Subgenres wie High Fantasy oder Urban Fantasy verknüpft und rückt die Liebesgeschichte der Hauptfiguren ins Scheinwerferlicht. Meist muss diese verdeckt gehalten werden oder schier unüberwindbare Kluften trennen die Liebenden voneinander, sei es durch politische Interessen oder unterschiedliche Ränge, denen ihre Familien angehören. Wer Liebe mag, die auch mal die Grenzen des Möglichen überschreitet, der ist bei diesem Subgenre bestens aufgehoben – so auch bei der Romantasy-Buchreihe Das Reich der Sieben Höfe von Sarah J. Maas.
Weitere Subgenres
Weniger vertraute Subgenres der Fantasy sind unter anderem die Animal-, humoristische- oder historische Fantasy. In Animal-Fantasy geht es – wie der Name schon sagt – um Tiere, die sprechen können oder magische Fähigkeiten besitzen. Die Serie Warrior Cats von Erin Hunter ist wohl das bekannteste Beispiel hierfür.
In der humoristischen Fantasy, auch Funtasy genannt, werden die fantastischen Elemente lustig und satirisch dargestellt, wie z.B. in den Scheibenwelt-Romanen von Terry Pratchett. Der König auf Camelot von Terence H. White, gestützt auf die Artus-Sage, vertritt die humoristische Fantasy. Hierbei werden (erfundene) historische Ereignisse mit etwas Fantasie/Fantasy aufgepeppt.
Gerade durch die unzähligen Subgenres hat sich die Fantasy zu einer facettenreichen, umfassenden Palette entwickelt, in der für jeden etwas dabei ist. Einen schüchternen Gargoyle auf seiner Reise durch die chaotische Menschenwelt begleiten? Oder doch lieber um zwei Vampire bangen, deren Liebe füreinander ganze Königreiche auf den Kopf stellen würde? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – und so wird sich auch die Fantasy weiterentwickeln und uns immer wieder in überraschende, magische Welten entführen.
Verfasst von Franziska Borst